2.100 Euro Strafe fĂŒr Bedrohung des Erbacher BĂŒrgermeisters
MICHELSTADT / ERBACH / BROMBACHTAL. - 90 TagessĂ€tze Ă 30 Euro forderte der Staatsanwalt fĂŒr einen 61 Jahre alten Mann aus Brombachtal, der sich vor dem Amtsgericht Michelstadt verantworten musste.
Der frĂŒhere AfD-Kreispolitiker hatte wĂ€hrend der Corona-BeschrĂ€nkungen im November 2021 im Messengerdienst Telegram zu Straftaten gegen den Erbacher BĂŒrgermeister Dr. Peter Traub aufgerufen, nachdem sich der Rathauschef gegen einen in Erbach ansĂ€ssigen BĂ€cker positioniert hatte.
Diesem waren vom Gesundheitsamt des Odenwaldkreises zwei BĂ€ckereifilialen in Erbach wegen nicht eingehaltener Corona-Regeln geschlossen worden, was zu massiven Protesten und weit ĂŒber die Region hinaus beachteten Demonstrationen gefĂŒhrt hatte.
âDer darf keine ruhige Minute mehr habenâ
Der Angeklagte hatte daraufhin im Chat aufgefordert, den BĂŒrgermeister und seine Familie unter Druck zu setzen und zu bedrĂ€ngen. Er rief weiter dazu auf, Demonstrationen vor dem Wohnhaus des BĂŒrgermeisters abzuhalten âund das Haus tagtĂ€glich zu belagern, damit sich die Familie nicht mehr sicher fĂŒhlt. Der darf keine ruhige Minute mehr habenâ, hieĂ es im Wortlaut des Mannes damals.
Vor Gericht galt es nunmehr zu klĂ€ren, ob diese ĂuĂerungen noch dem Grundrecht auf freie MeinungsĂ€uĂerung entsprechen oder als Straftatbestand zu werten sind.
Juristische ScharmĂŒtzel zu Prozessbeginn
Doch zunĂ€chst kam es zu juristischen ScharmĂŒtzeln vor Einstieg in den eigentlichen Strafprozess. Der Anwalt des angeklagten 61-JĂ€hrigen stellte einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Helmut Schmied, weil dieser im Vorfeld Dr. Traub als NebenklĂ€ger zugelassen hatte.
Nach diversen Unterbrechungen und der Hinzuziehung eines weiteren Richters wies dieser nach PrĂŒfung der Rechtslage den Vorwurf zurĂŒck und der Strafprozess konnte beginnen.
Dabei rĂ€umte der Angeklagte den Tatbestand selbst vollumfĂ€nglich ein, verwies jedoch auf sein Recht der freien MeinungsĂ€uĂerung und unterstrich, er sei âkein Vertreter von Gewaltâ. Gleichwohl sei ihm sehr schnell klar geworden, dass seine ĂuĂerungen âblöd ausgelegt werden könntenâ.
âDie Bedrohung war sehr realâ
Peter Traub hingegen fĂŒhlte sich durch âdie gegen meine Familie gerichtete Aggressionâ bedroht und sagte: âsie hat mir Angst gemachtâ. Er halte den Angeklagten fĂŒr gefĂ€hrlich âund die Bedrohung war sehr realâ. Er habe sich trotz Polizeischutz ausgeliefert und ohnmĂ€chtig gefĂŒhlt.
Dubravko Mandic widersprach ârealisierten Handlungsaufforderungenâ, und auĂerdem seien die ChatverlĂ€ufe schon nach fĂŒnf Minuten aus der Gruppe gelöscht worden. Mandic rĂ€umte ein, die Aussagen des Angeklagten seien drastisch gewesen, aber immer noch als MeinungsĂ€uĂerung zu werten.
Mandic forderte Freispruch, Traub solle ânicht so rumheulenâ
Der 61-JĂ€hrige habe etwas ĂŒber die StrĂ€nge geschlagen, aber es mĂŒsse erlaubt sein, âeine Meinung bis zum Unwohlsein zu Ă€uĂern.â Peter Traub solle ânicht so rumheulenâ, sich vielmehr ein âdickeres Fellâ zulegen.
âIn Ihrer Position sind Sie der StĂ€rkereâ, sagte Mandic zu Traub, sein Mandant sei nur ein kleines Licht, er aber offenbare âWehleidigkeitâ. Eine Verurteilung diene niemandem, daher komme nur ein Freispruch in Frage.
âAnklage sehr wohl gerechtfertigtâ
Die Anklage sei sehr wohl gerechtfertigt, betonte der Staatsanwalt in seinem PlĂ€doyer. Das Urteil fiel dann doch milder aus als von der Anklagebehörde gefordert. âDer Aufruf zu einer Straftat ist gegebenâ, befand Richter Schmied, belieĂ es abschlieĂend jedoch bei 70 TagessĂ€tzen ĂĄ 30 Euro. ZusĂ€tzlich hat der Verurteilte die Kosten des Verfahrens zu tragen.
âIch finde es gut und wichtig, dass ein Urteil gesprochen wurde. Die Höhe des StrafmaĂes ist fĂŒr mich zunĂ€chst sekundĂ€râ, sagte Peter Traub in einer ersten Reaktion. âEs ist ein wichtiges Signal, dass wir in der politischen Auseinandersetzung, besonders bei emotional aufgeladenen Themen, immer inhaltlich argumentieren sollten, und nicht auf die persönliche Ebene gehen.
Sonst sehe ich unser demokratisches Miteinander, gerade auch auf kommunaler Ebene, in ernster Gefahr.â Das Urteil bekrĂ€ftige darĂŒber hinaus, dass persönliche Drohungen oder gar Angriffe gegen AmtstrĂ€ger und deren Familien in einem Rechtsstaat in keinem Fall geduldet werden könnten.