Erbach: Innenstadtentwicklung wird eingebunden in umfassendes Stadtentwicklungskonzept
„Es ist unser aller Stadt, wir sollten das gemeinsam machen“: Erbacher Stadtverordnete folgen den Vorstellungen des Bürgermeisters + + + Hessenkasse entlastet Stadtsäckel zunächst um 9,7 Millionen EuroERBACH. - Erbachs Bürgermeister Dr. Peter Traub hat das von ihm im Wahlkampf zu einem der zentralen Themen erhobenen umfassenden Stadtentwicklungskonzept weiter fest im Blick, wie er in der jüngsten Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, 27. September, noch einmal verdeutlichte.
In dieses Gesamtkonzept fließt auch der Teilbereich einer in einem gemeinschaftlichen ÜWG-SPD-Antrag unter dem Schwerpunkt „Innenstadtentwicklung“ geforderten Einschaltung eines Fachplaners zur Neuorganisation des stehenden und fließenden Verkehrs, einschließlich der Parksituation, der Beschilderung sowie der Fußgängerüberwege.
„Das müssen wir angehen, dieser Antrag unterstützt meine Überlegungen für ein umfassendes Stadtentwicklungskonzept“, sagte Traub, und warb dafür, diesen Teilbereich „jedoch nicht isoliert von der Stadtentwicklung zu betrachten, sondern ihn einzubinden in einen passenden Stadtentwicklungsprozess. Eine separate Beschlussfassung über diesen Antrag wäre herausgelöst aus dem Gesamtprozess und daher kontraproduktiv“.
Zunächst gemeinsame Vision zur Stadtentwicklung erarbeiten
Zunächst gelte es, wie angekündigt, eine gemeinsame Vision zu entwickeln, wohin Erbach sich entwickeln, wofür Erbach stehen wolle, sagte der Bürgermeister. „Danach strebe ich an, ein professionelles Planungsbüro zu beauftragen, das unter unserer gemeinsamen Vision, mit uns zusammen ein Stadtentwicklungskonzept erarbeitet.“
Diese Konzeption werde selbstverständlich – als einen von vielen Punkten – auch die im vorliegenden Antrag enthaltenen Punkte der Organisation des fließenden und ruhenden Verkehrs Innenstadt beinhalten. Darüber hinaus müsse auch die Anschlussfähigkeit mit der Nachbarstadt Michelstadt sichergestellt werden.
„Es ist unser aller Stadt, wir sollten das gemeinsam machen“
Nach den Vorstellungen des Rathauschefs soll der Visionsprozess im November beginnen, und dabei viele Bürger „mitgenommen“ werden, „denn es ist unser aller Stadt, wir sollten das gemeinsam machen“. Der kreative Planungsprozess soll dann im April kommenden Jahres starten.
Diesen Vorstellungen entsprachen die Stadtverordneten und verwiesen den vorliegenden Antrag zunächst in den Bauausschuss. Dort soll dieser Teilaspekt behandelt und „möglichst bis Ende März 2019“ ein Lösungsvorschlag erarbeitet werden, wie es SPD-Fraktionschef Gernot Schwinn formulierte.
Auch Bauausschussvorsitzender Michael Gänssle (ÜWG) konnte sich mit einem solchen Vorgehen anfreunden, da dieser Antrag „ein Schuh eines gemeinsamen Paares“ abbilde, und Karlheinz Bless für die FDP ohnedies signalisierte „wir brauchen noch Zeit, um uns vorzubereiten“.
Tagsüber zwölf, am Abend zwanzig Parkplätze auf dem Marktplatz
In diesen Gesamtkontext fiel ein weiterer Punkt, den Bürgermeister Dr. Traub so umschrieb: „Damit kann man keine Sympathiepunkte sammeln.“ Gemeint war die aktuelle Verkehrsregelung auf dem neu gestalteten Marktplatz.
Auch wenn dem Bürgermeister die ortspolizeiliche Entscheidungshoheit obliege und er die Verkehrs- und Parkregelung alleine nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden könne, habe er sich bewusst für einen Partizipationsprozess entschieden.
Nach umfangreichen Befragungen der Anlieger, weiterer Nutzer, wie z.B. der Feuerwehr, und der Stadtverordnetenfraktionen habe er einen Vorschlag erarbeitet und diesen im Magistrat zur Abstimmung gestellt. Sein Vorschlag solle „die seither chaotische Parksituation auf dem Marktplatz beenden“, und habe eine breite Mehrheit gefunden.
Demnach werden zur Mümlingseite hin zwölf Parkflächen im Abstand von 2,5 Metern zu den Ruhebänken ausgewiesen. Ab 18 Uhr kommen acht weitere Parkflächen zur Mitte des Marktplatzes hinzu, um den Interessen der umliegenden Gastronomen entgegen zu kommen.
Zwei zusätzliche Sonderparkplätze für Schwerst-Gebehinderte
Vor dem Schlossgarten sollen an beiden Seiten zusätzlich jeweils eine Parkfläche für Schwerst-Gebehinderte ausgewiesen werden, während die weitere Fläche in der Mitte vor dem Schloss dem ungehinderten Feuerwehrzugang in Notfällen vorbehalten bleibt.
Diese Notwendigkeit resultiere aus einem von der Freiwilligen Feuerwehr durchgeführten Test, der die Erreichbarkeit der einzelnen Stockwerke des Schlosses mit der Drehleiter auslotete. Auch der Denkmalschutz habe dieser Regelung zugestimmt.
Weitere Parkmöglichkeiten stehen nach der erfolgten Fertigstellung weiterer Flächen zwischen Rathaus und Parkdeck, nur wenige Fußminuten vom Marktplatz entfernt, zur Verfügung. Dort soll die erlaubte Parkzeit von einer auf zwei Stunden verdoppelt werden
Keine endgültige Lösung, lediglich optisch ansprechende Parkregelung
„Die beschlossene Regelung präjudiziert in keiner Weise die künftige Nutzung des Marktplatzes – und war zu keiner Zeit als >anteiliges Nutzungskomzept< gedacht. Es handelt sich keinesfalls um eine endgültige >Möbilierung< des Marktplatzes, sondern lediglich um eine auch optisch ansprechende Form der Parkregelung“, sagte Traub.
Die geplanten Maßnahmen sollen zeitnah umgesetzt und dann auch entsprechend überwacht werden. Nach Vorlage des späteren Nutzungskonzepts für den Marktplatz im Rahmen des erwähnten Stadtentwicklungskonzepts könne diese Regelung jederzeit wieder geändert werden.
„Haushaltsdisziplin statt Euphorie ist angesagt“
Im Magistratsbericht teilte der Bürgermeister mit, dass die WI-Bank inzwischen die im Rahmen der Hessenkasse bewilligten Mittel zu Deckung der Kassenkredite in Höhe von 9,7 Millionen (siehe FACT-Bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews) angewiesen habe.
Die damit nicht gedeckte Summe von 150.000 Euro seien aus dem Barvermögen der Stadt zur Tilgung aufgewendet worden. Wie berichtet, muss die Stadt die Hälfte der jetzt vom Land getilgten Summe in Höhe von 4,85 Millionen Euro ab 2019 in jährlichen Raten von 335.024 Euro dem Land Hessen zurückerstatten.
Auch wenn diese erfreuliche Situation die Zinslast der Stadt deutlich entspanne, sei weiterhin Haushaltsdisziplin statt Euphorie angesagt, mahnte Dr. Peter Traub.
Vorkaufsrecht für Orangeriegebäude wahrgenommen
Einstimmig votierte das Erbacher Stadtparlament für die Wahrnehmung des städtischen Vorkaufsrechts für eine Immobilie am Erbacher Lustgarten. Das Gebäude in der Orangerie war vom Eigentümer verkauft worden.
Nach § 24 Baugesetzbuch steht Gemeinden jedoch ein Vorkaufsrecht beim Kauf von Grundstücken unter den dort geregelten Bedingungen zu, und muss seit Kenntnis der Gemeinde vom Grundstücksverkauf innerhalb von zwei Monaten durch Verwaltungsakt ausgeübt werden.
Dieses Recht wird die Stadt Erbach im vorliegenden Fall angesichts der exponierten Lage im direkten Umfeld des Marktplatzes und einer noch zu bestimmenden Nutzung zum Kaufpreis von 233.500 Euro wahrnehmen, wie das Parlament einstimmig beschloss.
Einmütigkeit zum Fortbestand der Stadtbücherei
Fraktionsübergreifende Einmütigkeit bestand auch beim von der CDU-Fraktion vorliegenden Antrag zum Erhalt der Stadtbücherei, was auch die Zustimmung des Bürgermeisters fand. Dazu soll der Magistrat ein Konzept erarbeiten, in dem auch die Standortfrage geklärt werden soll.
Von zwei aktuell vakanten Stellen im Bereich Tourismus und Stadtmarketing sollte nach einer Magistratsvorlage eine halbe Stelle neu besetzt werden.
Diesem Ansinnen entgegnete jedoch schon der Haupt- und Finanzausschuss in seiner Beschluss-vorbereitenden Sitzung dergestalt, dass dem Parlament die Ausschreibung einer ganzen Stelle vorgeschlagen wurde, wie Ausschussvorsitzender Gernot Schwinn (SPD) berichtete.
Neue Vollzeitkraft für Tourismus und Stadtmarketing in der Verwaltung
Dem Vorstoß schlossen sich auch die Ausschüsse für Soziales, Familien und Sport und für Tourismus, Märkte und Kultur einstimmig an, wie Horst Pilger und Bernd Pfau (beide SPD) berichteten. Auch der Bürgermeister stand diesem veränderten Antrag positiv gegenüber, „weil dies zu effizienterer Arbeit führen würde. Wir sind die Kreisstadt, wir müssen bei Tourismus und Stadtmarketing vorangehen.“
Die Aufgaben für eine halbe Stelle könnten sich nur auf sachbearbeitende Tätigkeiten im Tagesgeschäft beziehen, während sich eine Vollzeitkraft auch strategischen Aufgaben sowohl im Tourismus als auch im Stadtmarketingbereich widmen könne.
Dem Einwand von Jürgen Müller (GRÜNE), zwei halbe Kräfte seien flexibler, z. B. bei urlaubs- oder krankheitsbedingter Abwesenheit, einsetzbar, entgegnete Traub, ein Marketingprofi würde sich wohl kaum auf eine halbe Stelle bewerben.
Auch Rudolf Burjanko sprach sich für die FDP zugunsten einer Ganztagsstelle aus, und das Parlament folgte dem geänderten Antrag bei Stimmenthaltung der drei GRÜNEN-Fraktionsmitglieder einstimmig.