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KOMMENTAR: Willfähriges Sprachrohr des Bürgermeisters

ERBACH. - In den vergangenen Wochen war bei Erbachs Bürgermeister Harald Buschmann in fast allen Statements und öffentlichen Verlautbarungen die Rede von fehlendem Respekt, verletzten Persönlichkeitsrechten und gar politischen Kampagnen gegen seine Person und seine Familie. Auch die „böse dubiose Presse“, die die Vorwürfe gegen ihn auch noch publizierte, bekam heftige Schelte.

Dabei gehört es zur ureigensten Aufgabe eines Journalisten, die in zwölf öffentlichen Sitzungen vor dem Michelstädter Amtsgericht aktenkundig gewordenen Zeugenaussagen in die Öffentlichkeit zu transportieren. Und dort wurden Fakten offenbart oder bestätigt, die neben dem angeklagten Ex-Landrat Dietrich Kübler auch Harald Buschmann belasten, wie auch der Vorsitzende Richter Helmut Schmied mehrfach konstatierte.

Paragraf 3 des Landespressegesetzes besagt: „Die Presse erfüllt eine öffentliche Aufgabe, wenn sie in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse Nachrichten beschafft und verbreitet, Stellung nimmt, Kritik übt oder auf andere Weise an der Meinungsbildung mitwirkt.“

Großes öffentliches Interesse am Strafprozess gegen Ex-Landrat

Das Interesse an dem höchst öffentlichkeitswirksamen Strafprozess gegen den Ex-Landrat Kübler war bei stets wohl gefüllten Zuhörerreihen im Gerichtssaal immens.

Alleine die ortsansässige Tageszeitung setzte da offensichtlich andere Prioritäten und entsandte nur jeweils zu Prozessbeginn und zur Urteilsverkündung am zwölften Sitzungstag einen eigenen Redakteur zur Berichterstattung, ließ sich an immerhin neun Prozesstagen von einem freien Mitarbeiter mehr oder weniger umfangreich und detailliert zur Berichterstattung unterrichten. Gelegentlich grenzte die Art Berichterstattung an Informationsverweigerung.

Kritik auch in der Zeitschrift des hessischen Journalistenverbandes

Übrigens: In Heft 2/2015 war in „Blickpunkt – Zeitschrift des hessischen Journalistenverbandes“ im Zusammenhang mit der Standortmarketing-Affäre zu lesen, die Redaktion der einzigen Tageszeitung im Kreis sei um die Jahreswende 2011/2012 von einem Wirtschaftsvertreter über die widerrechtlichen Aktionen des damaligen Odenwälder Landrats Kübler haarklein informiert worden.

Die Redaktion habe erwidert: „Wir sind das offizielle Mitteilungsblatt des Kreises und der Kreisstadt. Das trägt uns einen hohen Betrag im Jahr ein. Diese Einnahme gefährden wir uns nicht durch kritische Berichterstattung über den Kreis oder über Kreispolitiker.“

Erbachs Bürgermeister geht mit Unterstützung der Tageszeitung „auf Angriff“

Auf diese halbherzige und unkritische Berichterstattung sowie der damit einhergehenden „vornehmen Zurückhaltung“ der Tageszeitungsredaktion zu einem die Region bewegenden Thema ist es offenbar zurückzuführen, dass sich jetzt Harald Buschmann des betreffenden Redaktionsleiters bedient, um seine persönlichen Interessen in die Öffentlichkeit zu transportieren. Denn seine ureigenen Interessen gleichen offenbar denen des verurteilten Ex-Landrats.

Einem internen Schriftwechsel des Erbacher Bürgermeisters und CDU-Kreisvorsitzenden Harald Buschmann mit der amtierenden christdemokratischen Landtagsabgeordneten Judith Lannert ist zu entnehmen, dass er „zwischendrin“ mit dem Redaktionsleiter der Tageszeitung „sprechen, und auf Angriff gehen“ werde, und geißelte die Ermittlungen gegen ihn. Offenbar ist sich der Bürgermeister dessen Unterstützung sehr sicher.

Prompt folgte „sachliche Berichterstattung“ der Tageszeitung

„Das ist eine Schweinerei, gegen mich ein Ermittlungsverfahren aufzunehmen, das an die Presse weiterzugeben, ohne dass die Staatsanwaltschaft bis heute mir mitgeteilt hat, dass mir überhaupt etwas vorgeworfen wird“, schimpfte der Bürgermeister.

Und tatsächlich erschien prompt am Folgetag eine persilscheinähnliche Darstellung im willfährigen Sprachrohr des Erbacher Bürgermeisters, der Tageszeitung, die dieser dann in seinem Facebook-Account als „sachliche Berichterstattung“ über den grünen Klee durch seinen im nördlichen Teil des Odenwaldkreises beheimateten Ghostwriter loben ließ.

Unglaubhaft, weil weder dementiert noch ausgeräumt

Während Buschmann einerseits tadelt „man lässt sich politisch instrumentalisieren“ kommt ihm selbst genau das Mittel der Instrumentalisierung eines Presseorgans zupass, um seine stereotypen Aussagen „ich habe mir nichts zu schulden kommen lassen, bin mir keiner Schuld bewusst“ zu transportieren.

Diese Aussagen Buschmanns wirken jedoch allein schon deshalb unglaubhaft, weil er die jüngsten, deutlich weiterführenden Vorwürfe als von ihm ohnedies im Zusammenhang mit der Beauftragung seiner seit 18 Jahren für seine Wahlkämpfe und die Stadt Erbach fungierenden Haus- und Hofagentur Lebensform eingeräumt, bisher zwar nicht dementiert hat, aber auch nicht dazu beiträgt, diese auszuräumen.