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Erbach: Heftige Diskussionen um autofreien Marktplatz

Weil das Parkverbot vor dem Schloss noch immer regelmäßig missachtet wird, soll der Erbacher Marktplatz autofrei werden. Foto: ÜWG Erbach

Im Frühsommer dieses Jahres war die Parksituation auf dem Erbacher Marktplatz - nicht zuletzt auch ob unklarer Beschilderung - insbesondere an Wochenenden und in den Abendstunden noch deutlich dramatischer, wie hier deutlich zu sehen. Foto: mk-Presse

Von „totalem Irrsinn“ über „Tod des Marktplatzes“ bis zur Zustimmung gab es ein breites Meinungsspektrum im Bauausschuss der Stadtparlaments

ERBACH. - Der Vorstoß von Erbachs Bürgermeister Dr. Peter Traub, den Marktplatz vor dem historischen Schloss künftig autofrei zu halten, stößt innerhalb der städtischen Gremien nicht allenthalben auf Zustimmung.

Und dabei liegt die alleinige Entscheidungskompetenz der städtischen Verkehrsführung beim Chef der Ortspolizeibehörde, dem Bürgermeister, selbst.

Im Sinne seines Wahlversprechens, die Gremien in alle wichtigen Entscheidungen einzubinden, will der Bürgermeister aber auch in diesem Fall die Entscheidung von einer breiten Zustimmung getragen wissen, wie er im Gespräch mit der FACT-Redaktion betont.

Traub kündigte an, er werde, sollte das Stadtparlament seine Zustimmung verweigern, diese Maßnahme keinesfalls umsetzen.

Seinen Vorstellungen entsprechend, solle neben dem Parkverbot auch die seitherige Durchfahrt über den Marktplatz künftig nicht mehr erlaubt sein. Bei Großveranstaltungen im Schloss könne der Marktplatz selbstverständlich noch als Parkfläche dienen.

Pollerbegrenzungen sollen jeweils an Süd- und Nordseite des Marktplatzes angebracht werden, um einerseits die Durchfahrt vom Schlossgraben zur Bahnstraße, wie auch von der Hauptstraße zum Schlosshof zu gewährleisten. Die Zu- und Abfahrt aus dem Städtel soll nur noch Anwohnern gestattet werden.

Marktplatz durch Familien mit Kindern beleben

Der Bürgermeister möchte den Marktplatz künftig insbesondere Familien mit Kindern zur Verfügung stellen. Dazu könnten eventuell auch entsprechende mobile Spielgeräte zur Verfügung gestellt werden.

Belebt werden solle der Marktplatz auch durch diverse Festveranstaltungen und einen attraktiven Wochenmarkt, der zeitnah im kommenden Jahr wieder an seinen Ursprungsort zurückverlegt und ausgebaut werden soll.

Kontroverse Bewertung der ÃœWG

„Die ÜWG Erbach unterstützt das Anliegen und die gewählte Vorgehensweise von Bürgermeister Dr. Peter Traub, den Marktplatz von Erbach im Kern vom fließenden und parkenden Verkehr frei zu halten.

Damit einher gehen soll eine Belebung des zentralsten Orts der Odenwälder Kreisstadt, was auch zur Attraktivitätssteigerung des Barockschlosses, des historischen Marktplatzes und der mittelalterlichen Altstadt insgesamt beitragen wird“, verlautbart jetzt die Überparteiliche Wählergemeinschaft (ÜWG) Erbach in einer Pressemitteilung.

In der Sitzung des zwei Tage zuvor tagenden Bauausschusses der Stadtverordnetenversammlung hörte sich dies allerdings vom ÜWG-Ausschußmitglied Volker Scheuermann noch völlig anders an.

Als „totalen Irrsinn“, der den Tod des Marktplatzes zur Folge habe, hatte Scheuermann dort die Planungen des Bürgermeisters gegeißelt. Volkeswille sei es, den Marktplatz wie gewohnt zu nutzen und diesen Willen gelte es zu respektieren.

Ausschussvorsitzender Gänssle sieht vielversprechenden Kompromiss

Ausschussvorsitzender Michael Gänssle (ebenfalls ÜWG) hatte sich dazu differenzierter geäußert. Auch er vertrat die Meinung, dass ein autofreier Marktplatz unvorstellbar sei für jeden gestandenen Erbacher Bürger, räumte aber gleichwohl ein, der Marktplatz müsse keineswegs als Straße dienen.

Gänssle erklärte, dass mit einer Zufahrtsmöglichkeit an den Rändern von der Mümlingbrücke zum Innenhof des Schlosses und auf der anderen Seite, vom Schlossgraben in die Bahnstraße, ein vielversprechender Kompromiss gefunden worden sei.

„Gesetzeslosigkeit beenden und zugleich Verkehr nicht völlig abwürgen“

„Wir wollen, dass die Gesetzeslosigkeit von zu schnellem Fahren und unerlaubtem Abstellen von Fahrzeugen ein Ende nimmt und zugleich der Verkehr nicht völlig abgewürgt wird“, sagte er.

Wie bereits in der September-Sitzung des Bauausschusses, als die ÜWG sich für eine Verbesserung der Begehbarkeit des neu gepflasterten Marktplatzes eingesetzt hatte, habe die ÜWG das Recht von behinderten Menschen auf Teilhabe an allen Aktivitäten in der Gesellschaft wieder im Blick.

Sie werde sich dafür stark einsetzen, dass bei der neuen Verkehrsführung an beiden Enden des Marktplatzes jeweils zwei Behindertenparkplätze eingerichtet werden.

Zu berücksichtigen sei ebenso das Interesse der Gewerbetreibenden und auf einen gesicherten Lieferverkehr, der auch den Lustgartenbereich nicht aussparen dürfe.

Pflaster nachbessern für Menschen mit Handicaps

In das neue Gesamtnutzungskonzept sei ferner aufzunehmen, wo und wie das Pflaster nachgebessert werden könne, damit bewegungsbeeinträchtigte Menschen alle Anlaufstellen entlang des Marktplatzes besser erreichen können.

Die ÜWG unterstütze die Pläne des Bürgermeisters, die vom Verkehr entlasteten Freiflächen mit dauerhaften Angeboten wie Außenbestuhlungen der angrenzenden Gastronomie sowie durch eine Vielzahl an Veranstaltungen (Wochenmarkt, Frühlingsfest, Vereinsfeste etc.) zu beleben.

Transparenz und Mitsprache begrüßt

Die ÜWG begrüße den eingeschlagenen Weg, auf Transparenz und Mitsprache zu setzen, um bei den gewählten Volksvertretern und in der Bevölkerung die größtmögliche Unterstützung in der Umsetzung zu erzielen.

„Wir rechnen es Herrn Traub sehr hoch an, in dieser wichtigen Frage die Menschen mitzunehmen, obwohl nach dem Gesetz der Bürgermeister als Ordnungsbehörde nicht auf das Votum des Parlaments angewiesen ist“, so Michael Gänssle abschließend.

CDU signalisiert Zustimmung für befristete Lösung

Zustimmung seiner Fraktion zum Vorhaben des Rathauschefs signalisierte im Bauausschuss auch CDU-Sprecher Klaus-Peter Trumpfheller. Allerdings soll dieses Vorhaben nach den CDU-Vorstellungen zunächst auf ein Jahr befristet werden, um danach die entsprechenden Erfahrungen neu zu bewerten.

Eine völlig andere Meinung vertrat Ottmar Klinger für die SPD-Fraktion. Diese möchte die Entscheidungskompetenz des Bürgermeisters nicht beeinflussen und in dessen Kompetenz belassen. Klinger kündigte deshalb Enthaltung seiner Fraktion an.

GRÃœNE suchen Kompromiss

Für die Fraktion der GRÜNEN vertrat Christa Weyrauch im Bauausschuss die Meinung, die Verkehrsführung sei keineswegs alleine die Angelegenheit des Bürgermeisters. Einen Marktplatz ohne parkende Autos und auch die Verkehrsregelung im Städtel finden durchaus Zustimmung der Öko-Partei.

Allerdings würde die Verkehrsführung vom Schlossgraben durch die Bahnstraße insbesondere im Sommer durch gastronomisch genutzte Außenflächen einerseits, wie auch für betroffene Anlieger andererseits doch bisher unbeantwortete Fragen aufwerfen.

Die abschließende Abstimmung ergab eine positive Beschlussempfehlung des Bauausschusses für das Vorhaben des Bürgermeisters an das am kommenden Donnerstag, 14. November, tagende Stadtparlament. Vier Ausschussmitglieder votierten mit Ja, bei zwei Enthaltungen der SPD und einer Nein-Stimme aus den Reihen der ÜWG.