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„Der enge Kontakt zu BĂ€uerinnen und Bauern bleibt“

Im GesprĂ€ch: Landrat Frank Matiaske (Mitte) erlĂ€utert Landwirten die geplanten organisatorischen Änderungen in der Agrarverwaltung des Odenwaldkreises. Mit dabei ist auch Kreislandwirt Hans Trumpfheller (links neben Matiaske). Foto: Stefan Toepfer/Kreisverwaltung

Stiller Protest der OdenwĂ€lder Landwirte vor der Kreistagssitzung in Erbach zu organisatorischen Änderungen in der Agrarverwaltung: Landrat tritt Bedenken entgegen

ODENWALDKREIS / ERBACH. - „Mal wieder steht der Landwirt auf dem Abstellgleis“, skandierten rund ein Duzent OdenwĂ€lder Landwirte vor der Kreistagssitzung am gestrigen Montag, 4. November, in Erbach vor der Werner-Borchers-Halle. Sie kritisierten: „Der Landrat des Odenwaldkreises setzt am Landwirtschaftsamt den Rotstift an.“

„Das Landwirtschaftsamt wird aufgelöst und in andere Bereiche aufgeteilt“, heißt es in einer Mitteilung der OdenwĂ€lder Landwirte. „Der Landwirtschaft im Odenwaldkreis fehlt somit die zentrale Anlaufstelle. Die Landwirtschaft ist auch im Odenwaldkreis ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.

Wir sorgen fĂŒr die Pflege der Landschaft, erzeugen regionale Produkte und sind schlicht nicht wegzudenken, besonders in solch einer Landschaft wie dem Odenwaldkreis.

Nach der hoch angepriesenen Umstrukturierung durch Landrat Matiaske, steht nun Verwaltungspersonal ohne landwirtschaftliches Grundwissen vor landwirtschaftlichem Fachpersonal.

Die BĂŒrokratie in der Landwirtschaft hat in den letzten Jahren enorm zugenommen, somit ist es auch wichtig, ein starkes Team auf dem Landratsamt fĂŒr die Landwirtschaft zu haben. Dies war das Landwirtschaftsamt mit Sitz in Reichelsheim bisher immer!

Die SĂ€ule der Landwirtschaft kann nicht wegrationalisiert werden, das ist eine Diskriminierung der Landwirtschaft im Odenwaldkreis!

Wir wĂŒnschen uns, dass die in nĂ€herer Zukunft frei werdenden Stellen, durch Verrentungen also absehbar, direkt ersetzt werden, und auch fĂŒr den Mehraufwand in der BĂŒrokratie den bisherigen Mitarbeitern durch Neueinstellungen oder Stellenaufstockungen geholfen wird.

Land neu denken – Ideen fĂŒr eine erfolgreiche Provinz! Dies ist das Leitbild und Ziel unseres Landrates. Land geht nicht ohne Landwirtschaft! Erfolg geht nur miteinander und mit gegenseitigem Respekt.

Wir bedauern es zutiefst, dass solche Entscheidungen im Alleingang, ohne Anhörung durch Fachpersonal und RĂŒcksicht auf die Betroffenen vorgenommen wurden. Es ist nicht im Sinne der OdenwĂ€lder Landwirte, nur noch eine untergeordnete Rolle zu spielen“, heißt es abschließend in dem Statement.

Landrat Frank Matiaske trat diesen Bedenken entgegen. Im direkten GesprĂ€ch mit dem Kreischef war auch von einem „langfristigen Niedergang der Agrarverwaltung“ die Rede. 

Matiaske Ă€ußerte angesichts vieler Herausforderungen, vor denen Landwirte stĂŒnden, VerstĂ€ndnis fĂŒr deren Sorgen. „Aber die BefĂŒrchtung, der Odenwaldkreis sei kein kompetenter Ansprechpartner fĂŒr BĂ€uerinnen und Bauern mehr, hat keinen Grund. Die Verwaltung wird weiter einen engen Kontakt zu ihnen halten.“

In dem GesprĂ€ch vor der Werner-Borchers-Halle warb auch Kreislandwirt Hans Trumpfheller fĂŒr gegenseitiges VerstĂ€ndnis.

Geplant ist, die in Reichelsheim ansÀssigen LRVV-Abteilungen mit dem 1. Januar 2020 organisatorisch anderen Hauptabteilungen zuzuordnen.

So sollen die Abteilungen Landwirtschaft und Landwirtschaftliche Förderung sowie Landschaftspflege und Naturschutz in jene Hauptabteilung kommen, die auch fĂŒr Landesaufgaben zustĂ€ndig ist.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung Dorf- und Regionalentwicklung arbeiten kĂŒnftig in der Hauptabteilung Zentrale Verwaltungsaufgaben.

Schließlich bildet die Abteilung VeterinĂ€rwesen und Verbraucherschutz mit dem Gesundheitsamt eine eigene Hauptabteilung, an deren Spitze ein Verwaltungsjurist stehen soll.

„Das ist angesichts der vielen rechtlichen Bestimmungen in der Human- und Tiermedizin sowie im Verbraucherschutz die richtige Entscheidung“, sagte Matiaske in der Kreistagssitzung, in der die VerĂ€nderungen ebenfalls thematisiert wurden. Gerade der „Fall Wilke“ in Nordhessen zeige, wie sensibel dieser Bereich sei.

Die VerĂ€nderungen können relativ organisch umgesetzt werden, weil etliche Abteilungsleiter im LRVV in absehbarer Zeit in den Ruhestand gehen. Außerdem ist die Stelle der Leitung der Hauptabteilung wegen eines Konkurrentenstreitverfahrens seit gut eineinhalb Jahren vakant.

Die gewĂ€hlten Vertreter der Landwirte waren im Gebietsagrarausschuss ĂŒber die Neuorganisation informiert worden. Dabei Ă€ußerten sie den Wunsch, dass die fĂŒr Landwirtschaft zustĂ€ndige Abteilungsleiterin auch genĂŒgend Zeit hat, um die Kontakte ins hessische Landwirtschaftsministerium zu pflegen, wie Matiaske schilderte.

„Dem wollen wir entsprechen. Wir werden Wege finden, wie die Mitarbeiterin an anderer Stelle entlastet wird, um dieser Aufgabe nachzukommen.“

Der Standort in Reichelsheim werde in den nĂ€chsten Jahren bestehen bleiben, fĂŒgte er hinzu. Derzeit erarbeitet das Bau- und Immobilienmanagement Odenwaldkreis aber eine „Bauvision 2030“ fĂŒr die Kreisverwaltung, mit der sich der Kreistag im nĂ€chsten Jahr befassen soll.

Dabei wird auch zu diskutieren sein, wie mit den zahlreichen Außenstellen der Kreisverwaltung umgegangen wird, fĂŒr die zum Teil ein hoher Sanierungsbedarf besteht.