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Hessischer Denkmalschutzpreis für Verein Altbergbau Bergstraße-Odenwald

Preisträger: Auf der Treppe vor dem Biebricher Schloss, dem Sitz des Landesamts für Denkmalpflege in Wiesbaden, haben sich alle versammelt, die den Hessischen Denkmalschutzpreis bekommen haben. Darunter auch, ganz rechts, Mitglieder des Vereins Altbergbau Bergstraße-Odenwald.

Arbeitseinsatz: Jochen Babist und Jochen Rietdorf (vierter und fünfter von links) gemeinsam mit weiteren Mitgliedern des Vereins Altbergbau Bergstraße-Odenwald vor einer Grube in Reichelsheim-Rohrbach, die sie erforschen. Sie stammt aus dem 17. Jahrhundert, ist aber wohl schon im Hochmittalter genutzt worden. Fotos: Hessisches Landesamt für Denkmalpflege

Information: Eine Tafel des Geopark-Pfads bei Ober-Kainsbach, einem Ortsteil von Reichelsheim, gibt Auskunft über wichtige geologische Einheiten des Odenwalds. Mit dem Geo-Naturpark arbeitet der Verein Altbergbau Bergstraße-Odenwald eng zusammen. Foto: Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald

Anerkennung für ehrenamtliches Engagement – Auch Odenwaldkreis würdigt Einsatz

WIESBADEN / ODENWALDKREIS. - Wenn die rund 15 aktiven Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Altbergbau Odenwald ihrem Hobby nachgehen, müssen sie ziemlich vorsichtig sein. Und geduldig. Eine Erzgrube aus dem frühen 17. Jahrhundert, die womöglich noch viel älter ist, legt man nun einmal nicht in Windeseile frei.

Seit 22 Jahren widmet sich die ehrenamtliche Arbeitsgruppe, aus der im Jahr 2008 der in Reichelsheim gegründete Verein Altbergbau Bergstraße-Odenwald hervorging, der Montanarchäologie und Dokumentation von Bergbaurelikten im Odenwald.

Zum Beispiel eben jener Grube aus dem 17. Jahrhundert in Rohrbach, einem Ortsteil von Reichelsheim. Der Stolleneingang konnte unter der Verwendung von Originalstücken bereits rekonstruiert werden, er ist im Regionalmuseum Reichelsheim zu bestaunen.

Doch es soll weitergehen, denn noch ist der Bereich, in dem das Erz abgebaut wurde, nicht erreicht. „Uns fehlen noch zehn bis fünfzehn Meter“, sagt Jochen Babist, der Vorsitzende des Vereins.

Doch die Mühen des Vereins werden schon jetzt anerkannt: Er wurde heute (30. August) im Landesamt für Denkmalpflege in Wiesbaden mit einem der drei Ehrenamtspreise des Hessischen Denkmalschutzpreises geehrt.

Sie sind mit je 2.500 Euro dotiert. In der Begründung wird unter anderem hervorgehoben, dass der Verein entscheidende Erkenntnisse bei der Erforschung der Arbeitsmethoden und -abläufe im Bergbau und der Verhüttungstechnik leiste und eine „Netzwerkzentrale“ für verschiedene Projektgruppen in der ganzen Region sei.

Der insgesamt mit 27.500 Euro dotierte Denkmalschutzpreis wurde auch in diesem Jahr wieder in mehreren Kategorien verliehen.

Kunst- und Kulturminister Boris Rhein würdigte in der Feierstunde das „große Engagement der Bürgerinnen und Bürger“, ohne das Denkmalpflege nicht möglich sei. Den Ehrenamtspreis gibt es seit dem vergangenen Jahr.

„Diese Ehrung ist toll für unseren Verein“, freut sich Jochen Rietdorf. Er war lange Zeit Vorsitzender des Vereins und ist nun Mitglied des Fachbeirats. Hauptberuflich ist er bei der Gemeinde Reichelsheim für Kultur und Tourismus zuständig; Babist, ein Geologe, ist beim Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald beschäftigt.

Der Erforschung der regionalen Bergbautradition widmen die beiden einen großen Teil ihrer Freizeit. Überdies war Rietdorf mehrere Jahre im Denkmalbeirat des Odenwaldkreises tätig, Babist engagiert sich dort auch weiterhin.

Der Vorsitzende des Denkmalbeirats, der Kreisbeigeordnete Dr. Michael Reuter, hat für den Odenwaldkreis an der Preisverleihung in Wiesbaden teilgenommen.

Auch er erkennt die Leistungen des Vereins Altbergbau Bergstraße-Odenwald an: „Ihm ist es zu verdanken, dass wir viel über einen ganz besonderen Aspekt der Odenwälder Geschichte wissen und dass montanarchäologische Ergebnisse gesichert sowie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Der Kreis hat großen Respekt vor der ehrenamtlichen und zugleich hochprofessionellen Arbeit des Vereins.“

Der Verein betreut auch die Grube „Marie“, ein ehemaliges Silberbergwerk bei Weinheim, und vermittelt dort Besuchern die alte Bergbautechnik. Zum Programm gehören auch zahlreiche Exkursionen zu archäologischen Grabungen und der Austausch mit Kollegen im In- und Ausland.

Für die Fachabteilung Archäologie im Hessischen Landesamt für Denkmalpflege („HessenARCHÄOLOGIE“) sind der Verein und die Arbeitsgemeinschaft Altbergbau ein gefragter Ansprechpartner.

Beispielsweise fand im vergangenen Oktober in Reichelsheim eine gemeinsame Fachtagung zur Montanarchäologie statt. Überdies widmen sich Verein und Arbeitsgemeinschaft in zahlreichen Geländebegehungen auch mit der Entwicklung der regionalen Kulturlandschaft.

Die Grube in Rohrbach erforscht die Arbeitsgruppe im Auftrag der Gemeinde Reichelsheim und ihres Regionalmuseums. Es hat eine eigene, dem Bergbau gewidmete Abteilung.

„Mit dem Museum und dem Geo-Naturpark arbeiten wir seit langem eng zusammen, denn uns ist auch die Öffentlichkeitsarbeit wichtig“, so Rietdorf. Ein Ergebnis dieser Kooperation sind zwei Geopark-Pfade bei Ober-Kainsbach und zwischen der Vierstöck und Rohrbach, die über den bis 1924 betriebenen Manganerzbau informieren.

„Der Bergbau im Odenwald ist fast vergessen, und seine Relikte können nur dann geschützt werden, wenn in der Bevölkerung wieder ein Bewusstsein für die vergessene Tradition entsteht und die ehemaligen Betriebspunkte wieder lokalisierbar sind“, so Babist.

Die Geschichte des Bergbaus und der Verhüttung im Odenwald geht bis ins 8. Jahrhundert zurück. Besonders gefragt war das im Boden liegende Erz gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Dass es aber auch im frühen 17. Jahrhundert gewonnen wurde, zeigt die Grube in Rohrbach.

Diese genaue Datierung ist möglich, weil das Alter der gefundenen Holzbalken mit einer speziellen Untersuchung bestimmt werden konnte. „In der Nähe der Grube gab es außerdem Verhüttungsplätze, in denen das Erz direkt verarbeitet wurde“, schildert Rietdorf.

Er und Babist sind sich sicher, dass diese Grube schon im Hochmittelalter betrieben wurde. Doch dafür gibt es bisher keine Belege. „Noch nicht“, wie die beiden zuversichtlich sagen. „Wir setzen unsere Forschungsarbeit fort“, so Rietdorf, „und nähern uns mit Geduld, Vorsicht und intensiver Dokumentationsarbeit dem Mittelalter – Meter für Meter.“