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Glosse: Holzauge sei auch in „unteren Ebenen“ wachsam

ERBACH. - Noch immer warten die Erbacher Parlamentsfraktionen SPD und ÜWG auf die Beantwortung ihrer Fragen vom 8. Februar diesen Jahres durch den Bürgermeister. Sie stellen Nachfragen dar auf unbeantwortet gelassenen Punkte aus ihrem ersten Fragenkatalog vom 13. Dezember vergangenen Jahres. Es geht um die fragwürdige Beauftragung einer ortsansässigen Werbeagentur durch den inzwischen abgewählten Bürgermeister der Kreisstadt Erbach.

Der ist allerdings noch bis 21. Juli diesen Jahres im Amt und steht somit nach wie vor in der Pflicht die Fragen der Parlamentarier ordnungsgemäß zu beantworten. Sowohl Kommunalaufsicht als auch die Darmstädter Staatsanwaltschaft interessieren sich mittlerweile für die Vorgänge, die den Bürgermeister möglicherweise sein Amt gekostet haben.

Auch FACT hatte detaillierte Fragen gestellt, die bisher gleichfalls unbeantwortet geblieben sind. Der Bürgermeister hatte vor Monatsfrist geantwortet: „Es sind sehr detaillierte Fragen, die bis in die unteren Ebenen der Vorgangsbearbeitung reichen und eine aufwendige Recherche erfordern.

Wir werden die Fragen der Fraktionen prüfen, die notwendigen Unterlagen sichten und entsprechende Erläuterungen dazu vorbereiten. Dies gilt auch für Ihre ergänzenden Fragen, die im Zusammenhang mit den Fragen der Fraktionen stehen.“

Vielleicht wird gerade klandestin an den Antworten gearbeitet. Nicht jedoch, wie man denken sollte, im Rathaus der Kreisstadt. Weit gefehlt. Am Donnerstag vergangener Woche trafen sich nach Berichten aus gut unterrichteten Kreisen der Stadtbaumeister, die Leiterin des Fachbereichs Bürgerpraxis/Umweltamt und der Stabsstelle Stadtmarketing/Wirtschaftsförderung für einen gut zweistündigen Plausch im Büro der umstrittenen Werbeagentur.

Dass der gerade abgewählte Bürgermeister inzwischen Zeit findet, sich in die Niederungen der unteren Ebenen der Bearbeitung zu begeben, war so nicht zu erwarten. Allerdings nahm auch er an dieser „unten angesiedelten“ Besprechung im Agenturbüro teil.

Kam jedoch, wie üblich, etwas später, und bemühte dazu sogar für die nur rund 300-Meter-Strecke vom Rathaus bis zum Dienstsitz der Agentur sein Dienstfahrrad, um sich körperlich vor der anstrengenden Unterredung auf der unteren Vorgangsbearbeitung zu ertüchtigen.

Was es da wohl zu besprechen gab? Man darf sicher davon ausgehen, dass weder Mikado noch Turnierhalma gespielt wurden, sondern über die Fortführung von Erstellung fehlender Dokumente aus Aufträgen der vergangenen Jahre diskutiert wurde.

Zumindest liegt die Annahme nahe, denn bereits zu Beginn dieses Jahres musste der Bürgermeister der Kommunalaufsicht in einer Selbstanzeige gestehen, dass Vertragsdokumente für das Jahr 2017 nachgekupfert worden waren. Vielleicht mussten jedoch die Unterlagen jetzt auch im Agenturbüro „gesichtet“ werden, weil sie dort archiviert sind?

Eine große Anzahl von Dokumenten haben die zwei im Stadtparlament vertretene Parteien am 8. Februar dieses Jahres vom Bürgermeister nachgefordert. Diese betreffen die bereits abgeschlossenen Dienstleistungen, Angebote und Beauftragung vergangener Jahre.

Noch keine einzige Unterlage wurde nachgereicht. Ob da zwei Stunden harter Arbeit des städtischen Trios in Kooperation mit dem Agenturinhaber wohl genügen? In jedem Fall sollte das Holzauge auch in „unteren Ebenen“ wachsam sein.