âSeine Stimme ist ein Geschenkâ
Mark Adler war OpernsĂ€nger, jetzt wird er Pfarrer + + + Die erste Taufe in Corona-ZeitenZEILHARD. - Mark Adler war OpernsĂ€nger, jetzt wird er Pfarrer. Am 1. September 2019 hat der 52-JĂ€hrige sein Vikariat, also die praktische Ausbildung fĂŒr den Pfarrdienst in der Evangelischen Kirchengemeinde Georgenhausen-Zeilhard im Evangelischen Dekanat Vorderer Odenwald begonnen.
Wir begleiten ihn ĂŒber die Dauer seiner Ausbildung, die sich durch die Corona-Pandemie verĂ€ndert hat.
Teil 4: Die Taufe
DrauĂen vor der KirchentĂŒr wartet eine Ăberraschung auf die kleine Taufgesellschaft: Der Kinderchor der Kirchengemeinde Georgenhausen singt im Kirchgarten an diesem kĂŒhlen Sonntag Ende September fröhliche Lieder fĂŒr die kleine Elena und ihre Tauffamilie. Stellvertretend fĂŒr die Gemeinde.
âElena ist ein geliebtes Kind Gottesâ, hat Vikar Mark Adler zuvor im Taufgottesdienst in der Georgskirche gesagt. âSie ist von Gott wunderbar gemacht.â
Gesang geht direkt ins Herz
In der Taufe drĂŒckt sich die Dankbarkeit ĂŒber das Wunder des neuen Lebens aus. Durch die Taufe wird ein Kind in die christliche Gemeinschaft aufgenommen.
Mark Adler hĂ€lt eine sehr persönliche Ansprache, geht auf die Familie ein und sichert der kleinen Elena zu, dass Gott immer bei ihr ist und seine schĂŒtzende Hand ĂŒber sie hĂ€lt.
Als der angehende Pfarrer, der vor dem Theologiestudium OpernsĂ€nger war, mit seiner Tenorstimme zu singen beginnt, gehen Text und Musik direkt ins Herz. TaschentĂŒcher werden gereicht.
Alle Gedanken und SegenswĂŒnsche sind bei dem Kind. Die Musik von Organistin Hie Jeong Byun tut ihr ĂŒbriges.
Taufe wĂ€hrend der Corona-Pandemie. Der gemeinsame Gesang ist in der Kirche verboten. Die GottesdienstablĂ€ufe wurden verkĂŒrzt, die Anzahl der Besucherinnen und Besucher begrenzt. Getauft wird mit Maske und desinfizierten HĂ€nden.
Mark Adler nutzt seine Stimme und sein Können, um den Menschen trotz Corona emotionale Erlebnisse zu schenken. âIch möchte einfach, dass die Taufe in Erinnerung bleibtâ, sagt er.
âDie ĂbergĂ€nge sind bedeutende Elemente im Leben.â Bei der Beerdigung gehe es darum, Trost zu spenden, bei der Taufe werde der Weg fĂŒr das Kind bereitet. Die Lieder wĂ€hlt er so aus, dass sie fĂŒr ihn leicht zu singen sind, um nicht in einen Rollenkonflikt SĂ€nger/Pfarrer zu geraten.
Nach jedem Gottesdienst eine Auswertung
âDass Mark Adler diese Gabe hat, ist in dieser Zeit ein Geschenkâ, sagt Pfarrerin Claudia KĂŒhnle. Sie und ihr Mann Joachim KĂŒhnle betreuen Mark Adler in Georgenhausen wĂ€hrend seines Vikariats. An diesem Vormittag sind beide bei der Taufe dabei.
Im Anschluss geben sie RĂŒckmeldung â wie bei jedem Gottesdienst, den er hĂ€lt. Coronabedingt konnte der angehende Pfarrer mit Hochzeiten und Konfirmationen noch keine Erfahrungen sammeln. Vieles ist verschoben. Konfirmiert wird erst 2021.
Aufgewachsen in Berlin studierte Mark Adler nach dem Abitur Gesang und arbeitete jahrzehntelang als lyrischer Tenor an verschiedenen BĂŒhnen. Seit 2005 lebt die Familie in SĂŒdhessen, seit knapp sechs Jahren in Eberstadt.
Die Jungs sind inzwischen 21 und 19, die Tochter elf Jahre alt. Mit Ende 40 entschied sich Mark Adler, seinem Leben eine neue Wendung und mehr Sinn zu geben und studierte in Heidelberg berufsbegleitend Theologie.
Ende der praktischen Ausbildung rĂŒckt nĂ€her
âIch habe das GefĂŒhl, dass die Zeit rastâ, sagt Mark Adler. Seit mehr als einem Jahr ist er im Vikariat, von Monat zu Monat rĂŒckt das Ende der praktischen Ausbildung nĂ€her. Die Examensarbeiten fĂŒr Gottesdienst und ReligionspĂ€dagogik und die praktischen PrĂŒfungen stehen an.
Bis Ende Oktober muss er sich um die Ăbernahme in den Pfarrdienst auf Probe bewerben. Bei den Ă€lteren Vikarinnen und Vikaren, die ĂŒber einen berufsbegleitenden Masterstudiengang ins Vikariat aufgenommen wurden, besteht die Möglichkeit, sich von dem halbjĂ€hrigen Spezialvikariat, das vor dem Einstieg ins Pfarramt nochmal ein Hineinschnuppern in einen ganz anderen Bereich ermöglicht, befreit zu werden.
Mark Adler wird also voraussichtlich Mitte Juli kommenden Jahres direkt in den Probedienst einsteigen. Anfang des Jahres entscheidet eine Kommission, wohin er kommt.
âIn der Kirche fĂŒhle ich mich ziemlich sicherâ, sagt Mark Adler. Da kommt ihm sein vorheriges Berufsleben zugute. âIch bin halt ein BĂŒhnenmensch.â Trauer- oder TaufgesprĂ€che, eine neue Klasse in der Schule oder eine neue Konfirmandengruppe seien da unkalkulierbarer.
âMir fehlt die Routineâ, sagt der Vikar. Da zeige sich die NĂ€he zu den Menschen, die das Gemeindepfarramt mit sich bringt. Bisher habe er nach allen Beerdigungen, die er gehalten habe, RĂŒckmeldungen von den Trauerfamilien erhalten. âMan gibt Leuten etwas und es kommt etwas an â unmittelbar.â
HINTERGRUND:
Ein Quereinstieg in den Pfarrberuf ist auch per Fern- oder Teilzeitstudium möglich. Die Philipps-UniversitĂ€t Marburg war Vorreiterin in der Theologie-Ausbildung fĂŒr Quereinsteiger: Seit 2007 gibt es dort den dreijĂ€hrigen berufsbegleitenden Masterstudiengang Evangelische Theologie.
NÀchstmöglicher Einstieg ist im April 2022 (Bewerbungsschluss 31.10.2021). Die zweite Möglichkeit, an einer staatlichen Hochschule berufsbegleitend Theologie zu studieren, gibt es seit dem Wintersemester 2013/14 als PrÀsenzstudium an der UniversitÀt Heidelberg.
Genau wie in Marburg richtet sich der Studiengang an Menschen mit Berufserfahrung und abgeschlossenem Hochschulstudium. Anders als in Marburg können Quereinsteiger in Heidelberg zu jedem Semester beginnen und zwischen Teilzeit und Vollzeit wÀhlen.
Neuerdings gibt es auĂerdem einen Masterstudiengang Evangelische Theologie in Frankfurt. https://www.uni-frankfurt.de/78533540/Evangelisch_Theologische_Studien__Master.
In der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) sind mittlerweile 20 Absolventinnen und Absolventen des Masterstudiengangs in Vikariat oder im Pfarrdienst angekommen.
Weitere Informationen: Anja Schwier-Weinrich, Telefon 06151/405-336, E-Mail: Anja.Schwier-weinrich(at)ekhn.de, Internet: www.machdochwasduglaubst.de