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Helfende Hände als Stütze des Gemeinwesens

Auch die Kids des Bewegungskindergartens Brombachtal ließen es sich nicht nehmen, vielstimmig ihre Geburtstagsgrüße zu übermitteln.

Mehr als einhundert Gäste erwiesen beim 100. Geburtstag der Arbeiterwohlfahrt dem Sozialverband ihre Reverenz. Fotos: Ernst Schmerker

Im Odenwaldkreis sind die Einrichtungen der Arbeiterwohlfahrt nicht wegzudenken

MICHELSTADT. - Die Festveranstaltung „100 Jahre Arbeiterwohlfahrt“ am Freitag im Mehrgenerationenhaus zeigte an Wandtafeln und persönlichen Erinnerungen, wie sich diese Hilfsorganisation im Odenwaldkreis in den Wirren der Nachkriegszeit entwickelte.

Wendelin Brohm (Lauerbach), Heinrich Sattler und Gustav Neff (beide Michelstadt) hatten in Absprache schon Milchpulver, Care-Pakete, Kleidung und Holz an Bedürftige verteilt und Flüchtlingen auch bei der Wohnungssuche und bei Botengängen geholfen, als im September 1946 die Ortsvereine Erbach und Michelstadt gegründet wurden.

Einen Monat später waren dann Vertreter aus 56 Ortschaften des damaligen Landkreises Erbach im Gasthaus „Zu den drei Hasen“ in Michelstadt zusammengekommen, um mit Johann Geist an der Spitze den Kreisverband aus der Taufe zu heben.

Geist verwaltete den Zusammenschluss als Einmann-Unternehmen insgesamt 29 Jahre von seinem kleinen Wohnzimmer im Haus an der Michelstädter Waldstraße aus. Unter dem aktiven Vorsitzenden Heinrich Jäger fand der Ortsverein Michelstadt Resonanz in der Bevölkerung .

Man beteiligte sich an den jährlichen Sammelaktionen, bat um Geldspenden in Ladengeschäften und der Industrie, verteilte Weihnachtsgaben an Bedürftige und Alte.

Nur kurze Zeit nach Abschluss des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages fuhr eine Schülergruppe unter Leitung des damaligen Studenten und heute 80jährigen Werner König zum Jugendaustausch nach Südfrankreich.

Im Gasthaus „Altdeutscher Hof“ wurde der Altenklub gegründet, der nach einer Zwischenstation im Stadthaus heute in der mit AW0-Ortsvereinsmitteln hegerichteten Löwenhofreite seine wöchentlichen Zusammenkünfte abhält.

Eifrig schon hatten Anna Sattler, Else Harder und Katharina Giebenhain im AW0-Auftrag getragene Kleider gesammelt und an Bedürftige weiter gegeben, als 1975 als erste Einrichtung hessenweit eine Kleiderkammer in der Stockheimer Dorfschule ihre Pforten öffnete.

Doch nicht nur Kleider fanden neue Träger, auch Möbel und Gebrauchsgegenstände wurden von Lina Alten vermittelt, Hilfsgüterfahrten nach Litauen und Rumänien durchgeführt, Alten- und Mütterkuren auf den Weg gebracht.

Für den Verkauf von Wohlfahrtsbriefmarken wurden Monika Urhahn (Erbach) und Ursula Gedack (Michelstadt) als Bundesbeste mit einem Empfang beim Bundespräsidenten belohnt.

Valentin Schmidt, der „Mann mit der Zigarre“, löste 1975 Johann Geist als Kreisvorsitzender ab. Auf ihn folgten 1983 Adolf Egner und 1991 Dieter Nolte, in deren Amtszeit durch die Zuwanderung von Russlanddeutschen ein Wandel der Aufgaben von reiner Ehrenamtlichkeit zur Professionalität Platz griff.

In Vielbrunn, Etzen-Gesäß, Mossautal und Sensbachtal wurden Aussiedler untergebracht und betreut. In Erbach wurde im Haus Weidmann eine Begegnungsstätte eröffnet, in Brombachtal die Krabbelstube.

Die von Annemarie Friedrich gegründete Elternschule feierte ihr 20jähriges Bestehen, der Ortsverein Haingrund mit Hilde Seibert seinen 40. Geburtstag. In Hassenroth waren es Philipp Dörr und Tochter Ria Brand, die in einem zahlenmäßig großen Ortsverein auch ferne Urlaubsreisen anboten.

Edmund Hofmann-Protze, einer der engagiertesten Akteure seit frühen Jahren, wurde 1993 zum hauptamtlichen Geschäftsführer bestellt. In Höchst erfreuten sich nicht nur Seniorenzusammenkünfte eines regen Zuspruchs.

Auf die Gründung der SDO folgten der Aufbau des „Oberscholzenhofes“ in Brensbach und die Übernahme des Alten- und Pflegeheimes der Stadt Michelstadt. Der Kreisverband wurde Betreiber des Kindergartens in Brombachtal, stieg in die Kindertagespflege und in die Scheidungsberatung ein.

Der AWO-Ortsverein Michelstadt erwarb das städtische Haus Rathausgäßchen 7 als stationäre Kleiderkammer und benannte es nach dem langjährigen Vorsitzenden „Ernst-Schmerker-Haus“. Sein Nachfolger wurde Peter Hörr; seit 2016 ist Friedel Weber Vorsitzender.

Auf Initiative des damaligen Erbacher Ortsvereinsvorsitzenden Harald Heck erfolgte die Gründung der Erbach Michelstädter Tafel. 2009 wurde das Mehrgenerationenhaus in Michelstadt eröffnet, das heute die Familienbildungsstätte und das Familienzentrum beherbergt.

Besondere Jugendaktivitäten sind es noch immer, die den Bad Königer Ortsverein auszeichnen. Unter der Ägide des seit 2010 verantwortlichen Kreisvorsitzenden Dr. Michael Reuter befindet sich der Sozialverband mit seinen sieben Ortsvereinen und knapp 450 Mitgliedern, 83 Mitarbeitern und vielen Ehrenamtlichen heute bei über 20 sozialen Einrichtungen und Dienstleistungen auf einem guten Wege.

Das soll auch in Zukunft so bleiben, wie die Gruppe „Salto Vocale“ beim Kommers mit dem Song „don´t stop me now“ unüberhörbar postulierte.