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KOMMENTAR: Nur ein wertloser Schaufensterantrag?

Nein, nicht Morgens um sieben, Abends um sieben war die Erbacher Welt noch in Ordnung. Freilich nur bis dahin. Dann kam kurz vor der jüngsten Stadtverordnetenversammlung in der altehrwürdigen Werner-Borchers-Halle ein Änderungsantrag der SPD-Fraktion auf den Tisch, der chaotische Züge entwickelte.

Ganz überraschend kam das sicher nicht, denn die Genossen hatten zuvor mehrfach durchblicken lassen, die von Bürgermeister Dr. Peter Traub bei der Haushaltseinbringung vor Monatsfrist zur Haushaltssicherung und -Genehmigungsfähigkeit durch die Aufsichtsbehörden als alternativlos dargestellte Erhöhung der Grundsteuer A und B um jeweils 100 Punkte nicht mittragen zu wollen.

Es ist unstrittig das legitime Recht jeder Fraktion, Verwaltungsvorlagen auf den Prüfstand zu stellen und Änderungsvorschläge samt deren Lösung zu präsentieren.

Warum das im vorliegenden Fall nicht in den Ausschüssen thematisiert wurde, sondern zwar mit Schreiben vom 03. März, offiziell aber erst am 05. März wenige Minuten vor Beginn der Parlamentssitzung um 20 Uhr auf den Tisch kam, lässt die Seriosität des Begehrens bezweifeln.

Und auch die Alternativlosigkeit der Steuererhöhung wurde von den sozialdemokratischen Antragstellern offenbar nicht erkannt oder gar missachtet.

Das Regierungspräsidium (RP) hatte schon bei der Genehmigung des Vorjahresetats mindestens implizierend darauf hingewiesen, künftig seien Haushaltsgenehmigungen bei einer weiteren Verschlechterung des jeweiligen Erbacher Jahresetats ohne Steuererhöhungen nicht mehr zu erwarten.

Eine solche Verschlechterung manifestiert sich aktuell alleine schon durch erwartete Gewerbesteuer-Mindereinnahmen in Höhe von 1,2 Millionen Euro gegenüber 2019, die das Zahlenwerk ausweist.

Hinzu kommt der Konsolidierungspfad, der noch immer im Rahmen der inzwischen zwar beendeten Inanspruchnahme des Schutzschirmprogramms die gesetzliche Genehmigungsgrundlage darstellt.

Dieser Konsolidierungspfad macht im Erbacher Haushalt 2020 ein Plus von 833.600 Euro erforderlich. Tatsächlich stehen für diese Position jedoch nur Mittel von 351.000 Euro zur Verfügung.

Die dadurch entstehende Unterdeckung um knapp 483.000 Euro ist vorrangig durch Steuererhöhungen zu kompensieren, um die aufsichtsbehördliche Genehmigung des Zahlenwerks zu erlangen.

Bleibt die Frage, ob die sozialdemokratischen Antragsteller samt ihrer Unterstützer aus den Reihen der GRÜNEN und der FDP diese gesetzliche Grundlage etwa nicht kennen, oder schlimmer: sogar missachteten für einen wertlosen Schaufensterantrag?

Der Widerspruch des Bürgermeisters gegen den gefassten Mehrheitsbeschluss der Stadtverordneten ist die logische Folge dieser Inszenierung und lässt aktuell die zuvor heile Welt in der Erbacher Kommunalpolitik ins Wanken geraten. Verantwortungsvolle Entscheidungen haben zweifellos ein anderes Gesicht.