Mit Humor über Grenzen hinweg
Zollhäuschen und Fahnen schmücken Bachübergang zwischen Boxbrunn und WürzbergWÜRZBERG. - Da soll mal einer sagen, die Menschen seien sich in Coronazeiten über Grenzen hinweg nicht einig. Das Gegenteil ist der Fall, jedenfalls hier draußen im Wald, in dem die Grenzziehung nur auf dem Papier eine Rolle spielt.
Politik sollte von Beginn an keine Rolle spielen und vielleicht liegt es genau daran: Entlang der bayerisch-hessischen Grenze, die Boxbrunn (Stadt Amorbach) vom hessischen Würzberg (Stadt Michelstadt) voneinander trennt, ist etwas Verbindendes entstanden, was auf den ersten Blick wie das Gegenteil aussieht.
Dem Ideenreichtum, Humor und Eifer ist es zu verdanken, dass beiderseits der Grenze Zollhäuschen und anderen Grenzsymbole das idyllische Fleckchen zu einem Schmuckstück hat werden lassen.
Standortbestimmung: Die Outdoor-App Komoot spricht vom „Grenzposten Bayern/Hessen“; die Macher sprechen vom „Zollamt“, mit dem zunächst auf bayerischer Seite, selbstverständlich in den Nationalfarben blau-weiß, alles begonnen hat.
Dies war 2015, wie Ortssprecher Jürgen Eckert erzählt. Vor einem Jahr kam (in rot-weiß) auf der anderen Seite der Grenze ein hessisches Zollhäuschen hinzu. Dazwischen plätschert der Mangelsbach, sofern er überhaupt Wasser führt.
Vorgeschichte: Über das Bächlein führt ein Fuß- und Radweg, und weil im Herbst 2014 ein Radfahrer an dieser Stelle gestürzt war, rief dies die Dorfgemeinschaft von Boxbrunn auf den Plan, den Waldboden zu befestigen, ergänzt Martin Lindemans.
Jenseits der Grenze verfolgte der Kultur- und Heimatverein Würzberg das Treiben mit Wohlwollen und kam zu dem Entschluss, den Bachübergang durch eine kleine Holzbrücke mit Geländer abzusichern.
Auf Würzberger Seite staunte man nicht schlecht beim nächsten Grenzbesuch im Sommer 2015, verrät Edgar Bleifuß, einer der Vorsitzenden des Vereins, lachend, was sich auf Boxbrunner Seite inzwischen getan hatte.
Einzelheiten: Im strahlenden Blau-weiß präsentiert sich ein Zollhäuschen, das keine Zweifel daran lässt, wozu es aufgestellt wurde.
Ein amtlich wirkendes Aluminiumschild mit der Aufschrift „Zollstation Boxbrunn, Bayern – Hessen“ soll nicht nur Neugierige nach Innen locken, um einen Obolus in die Zollkasse zu entrichten, sondern sich auch im Zollbuch einzutragen.
„Auf drei volle Bücher mit lustigen Eintragungen und Zeichnungen haben wir es bereits gebracht“, gibt Martin Lindemans zu verstehen. Um Missverständnisse vorzubeugen, betont er, dass die Spendenbüchse regelmäßig geleert und das Gelände insgesamt in Ordnung gehalten wird.
Was wäre eine Grenze ohne Fahne, dachten sich die Boxbrunner, und sorgten für Abhilfe. Seitdem weht am blau-weißen Mast die dazugehörige Fahne, was auf hessischer Seite unweigerlich so nicht stehen bleiben konnte.
Zwar kann die Hessenfahne an Glanz mit den blau-weißen Rauten nicht mithalten, dafür aber das rot-weiß gestrichene Zollhäuschen, das in demselben Stil seit gut einem Jahr auf hessischem Grund für Gleichberechtigung sorgt.
Ans Werk gegangen ist Udo Sauer aus Erbach, der damit seinen Würzberger Freunden die Stange gehalten hat. An solch einer angebracht haben sie auch eine Fahne in den Farben von Michelstadt.
Wegführung: Die Grenzstation ist nur zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu erreichen. Und dies ist gut so, denn ein leicht anzusteuerndes touristisches Ziel soll die Grenzstation nämlich nicht sein.
Von Boxbrunn führt ein der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung vorbehaltener Weg auf der Höhe der Gaststätte „Bayerischer Hof“ (Markierung Bo V) in den Wald und nach etwa einem Kilometer geradeaus auf die Grenzstation.
Von hessischer Seite nähert man sich dieser am besten über den Rundwanderweg Wü 4, der an besagter Stelle mit dem Weg Bo V verbunden ist.
Nachtrag: Das ist längst nicht alles. Aber mehr soll an dieser Stelle nicht verraten werden: Auch im hessischen Zollhäuschen liegt ein Zollbuch aus und außerdem haben die Akteure an der Brücke weitere Hinweise angebracht, die neugierig machen sollen.
Nicht verraten wird, was es mit in blau-weiß lackierten Kugel auf sich hat, die auf hessischer Seite liegt und der Holznachbildung einer Kanone, die gegenüber auf einem Baumstumpf steht. Auch für Sitzgelegenheiten ist ausreichend gesorgt.