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„Der Odenwälder Chefkoch hat die Küche für immer verlassen“

Armin Treusch, der weit über den Odenwald hinaus bekannte Koch und Tourismusförderer, ist im Alter von 63 Jahren seiner schweren Krankheit erlegen. Foto: OTG

Der weit über die Grenzen seiner Heimatgemeinde Reichelsheim, den Odenwald und Hessen hinaus bekannte und beliebte Gastronom Armin Treusch, der sich auch als regionaler Tourismusförderer verstand, ist im Alter von 63 Jahren verstorben + + + Langjährige Weggefährten bezeichnen seinen Tod als „eine Zeitenwende“ in der Region

REICHELSHEIM. - „Der Odenwälder Chefkoch hat die Küche für immer verlassen“, sagt ein sichtlich bewegter Kollege zum Tod des Reichelsheimer Gastronomen Armin Treusch.

Allenthalben herrscht große Trauer um den Verlust „eines großen Odenwälders“, der stets für die Region ein guter Botschafter war, und auch weit darüber hinaus in ganz Hessen positive Akzente setzte.

„Sprang nicht auf laufendes Pferd auf, war immer vorne dabei, um das Pferd anzuschieben“

„Er sprang nicht auf ein laufendes Pferd auf, sondern war immer vorne dabei, um das Pferd mit anzuschieben“, skizziert Hartmut Reiße, Geschäftsführer des Hessischen Tourismusverbandes, das Wirken von Armin Treusch sowohl um die regionale Gastronomie, wie auch den gesamten hessischen Tourismus.

Dabei fällt es schwer, das umtriebige Wirken des Multifunktionärs im Einzelnen darzustellen. Es lässt sich längst nicht alleine an seinem Beruf Koch festzurren, auch wenn er hier zu den Spitzenkönnern zählte, wie er in seinen beiden Reichelsheimer Lokalen „Johanns-Stube“ und „Treusch’s Schwanen“ immer wieder unter Beweis stellte.

Und dabei ging es dem Gewinner des bekannten „Eisvogel-Pokals“ (Hessisches Wettkochen mit regionalen Produkten und fantasievollen Menüs) nahezu ausschließlich um regionale Produkte, mit denen er oft auch einfache Gerichte „aus Omas Zeiten“ in äußerst kreativen Varianten auf den Tisch zauberte.

Engagierter Mitstreiter bei Kartoffel- und Lammwochen

So fand der frühere Odenwälder Landrat Horst Schnur 1991 mit seiner Idee, Odenwälder Kartoffelwochen ins Leben zu rufen, bei Armin Treusch, damals noch Vorstandsmitglied in der regionalen Gliederung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA), nicht nur offene Ohren vor, sondern hatte sich gleich einen aktiven Unterstützer und Mitstreiter an die Seite geholt.

„Wenn Armin Treusch eine Chance sah, mit regionalen Produkten zu überzeugen, schwang er sich zum Vorkämpfer auf“, lobt Kollege Peter Merkel (Höchst-Annelsbach). Von dessen Vater Karl übernahm Armin Treusch 1995 den regionalen Vorsitz des DEHOGA und führte diesen über 27 Jahre bis zu seinem viel zu frühen Tod.

„Repräsentant und Botschafter auf der gastronomischen Visitenkarte“

Den mittlerweile schon erfolgreich im regionalen Jahreskalender verankerten Kartoffelwochen fügten Ideengeber Horst Schnur und sein kongenialer Partner auf Seiten der Odenwälder Gastronomie, Armin Treusch, dann noch die inzwischen ebenfalls längst etablierten, ebenfalls jährlich stattfindenden Odenwälder Lammwochen als kulinarisches Highlight hinzu.

„Armin Treusch war Repräsentant und Botschafter auf der gastronomischen Visitenkarte neben der leistungsfähigen Wirtschaft des Odenwaldes im Sinne von Hightech und Highsnack“, wie Schnur seinerzeit den Odenwald mit einem Lächeln bewarb.

„Seine Speisekarte war eine Lesestunde in einem informativen Bilderbuch und mehr als ein Angebotsverzeichnis der Speisen mit den Adressen seiner Lebensmittellieferanten. Sie war zugleich Beratung und Darstellung seiner regionalen Überzeugung in Wort und Bild“, beschreibt Horst Schnur das Wirken des Verstorbenen.

Im Hessischen Landtag und der Landesvertretung Köstliches aufgetischt

Der frühere Landrat erinnert sich: „Als der ehemalige Landtagspräsident Karl Starzacher (1991 bis 1995) auf die Regionalität der Lebensmittelverarbeitung aufmerksam wurde, lud er den Odenwald ein, den Parlamentarischen Abend im Hessischen Landtag mit seiner namhaften Gästeschar von weit her in repräsentativer Art für das Land Hessen zu verköstigen.

Diese Aufgabenstellung bewältigten eine große Anzahl von Köchen aus dem gesamten Odenwald mit Armin Treusch an der Spitze und erzielten höchste Anerkennung und Bewunderung.

Einige Jahre zuvor meisterte er gemeinsam mit dem späteren Weltmeister der Konditoren, Bernd Siefert (Michelstadt), und mehreren Vertretern der Odenwaldkultur die Aufgabe der Bewirtung durch den Odenwaldkreis in der Hessischen Landesvertretung in Bonn in einzigartiger und vorbildlicher Art und Weise.“

>Treusch’s Schwanen< und >Johanns-Stube< in Reichelsheim mehrfach ausgezeichnet

„Armin Treusch betrieb seit 1979 mit seiner Frau Elke und zuletzt auch mit seinem Sohn Thomas das mehrfach ausgezeichnete Restaurant >Treusch’s Schwanen< und die >Johanns-Stube< in Reichelsheim“ schreibt der DEHOGA.

Die >Johanns-Stube< wurde 2019 vom Hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier als eines der „Besten Dorfgasthäuser in Hessen“ ausgezeichnet.

Armin Treusch setzte sich überall für die regionale Küche und heimische Produkte ein

„Ob bei der Initiative der Odenwald-Gasthäuser, den Odenwälder Lammwochen, den Odenwälder-Kartoffelwochen, der Europäischen Union der Köche (Euro-Toques) oder der Restaurantkooperation >Hessen à la Carte< und vieles mehr, Armin Treusch setzte sich überall für die regionale Küche, heimische Produkte und echte Handwerkskunst in Küche und Keller ein.“

Selbst verschiedene Apfelweine herstellend, war Armin Treusch Mitglied der Hessischen Wirtshauskelterer und Gründungsvorsitzender des Vereins >Apfelwein- und Streuobstwiesenroute Odenwald< sowie als >Slow Food<-Mitglied Mitbegründer des >Conviviums Odenwald<. „Er war ein echter Botschafter seiner Odenwälder Heimat“, lobt der DEHOGA seinen verstorbenen Kollegen.

Seit 27 Jahren Vorsitzender des DEHOGA-Kreisverbandes

Armin Treusch trat vor 33 Jahren in den Verband ein und war seit 27 Jahren Vorsitzender des DEHOGA-Kreisverbandes Odenwaldkreis. Im Juni 2019 zeichnete ihn Präsident Gerald Kink mit der Goldenen Ehrennadel für besondere Verdienste, der höchsten Auszeichnung des DEHOGA Hessen für außergewöhnliches Engagement für die Belange des Gastgewerbes, aus.

„Der DEHOGA Hessen, unsere Gremien und alle hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter behalten ihn als engagierten und herzlichen Macher für das Gastgewerbe in ehrenvoller Erinnerung“, heißt es abschließend.

„Stets waren sein Rat, wie auch seine aktive Unterstützung gefragt“

Keineswegs ausschließlich war Armin Treusch in seiner Kernkompetenz, dem Gastronomiegewerbe, aktiv. Er war auch ein steter Unterstützer und Förderer des Tourismus in der Region Odenwald.

„Stets waren sein Rat, wie auch seine aktive Unterstützung gefragt“, sagt Kornelia Horn, Geschäftsführerin der Odenwald-Tourismus GmbH.

Kornelia Horn wie auch Treuschs langjähriger Weggefährte Horst Schnur sehen mit dem Tod von Armin Treusch „eine große Lücke“, die in der regionalen Gastronomie wie im Tourismusbereich nur gemeinschaftlich geschlossen werden könne.

Horst Schnur spricht gar von einer „Zeitenwende“ die jetzt eintreten werde, und bei der jeder Beteiligte seinen Beitrag leisten müsse, um das in den vergangenen Jahrzehnten erreichte Niveau in der lokalen Gastronomie wie im Tourismus insgesamt zu erhalten und weiter zu entwickeln.

Armin Treusch war auch aktiver Mitstreiter und vor allem „Macher“ in der IGO

Armin Treusch war auch aktiver Mitstreiter und vor allem „Macher“ in der Interessengemeinschaft Odenwald (IGO). Er war Mitte der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts Gründungsmitglied des Förderausschusses und bis zu seinem Tod Vertreter der regionalen Gastronomie in diesem Gremium.

„In dieser Zeit fanden überschlägig mehr als 150 Sitzungen und über 25 Mitgliederversammlungen statt, in der Regel mindestens zweistündig, an denen er meistens auch tatsächlich teilnahm“, erinnert sich Thomas Disser, früherer Geschäftsführer der IGO.

Langjähriger Vorsitzender der „Apfelwein- und Obstwiesenroute Odenwald e. V.“

Armin Treusch war 1996 Gründungsmitglied und langjähriger Vorsitzender der „Apfelwein- und Obstwiesenroute Odenwald e. V.“ - einem Projekt der IGO auf der Grundlage einer Initiative der Marketinggesellschaft „Gutes aus Hessen“ und des hessischen Landwirtschaftsministeriums.

Dieser im Odenwald sehr lebendige Verein wurde nach Differenzen mit der Marketinggesellschaft in den Verein „Odenwälder Apfel e. V.“ umgewandelt.

Er war Gesellschafter der „Odenwaldladen GmbH“, die 1997/1998 einen Marktstand mit Odenwälder Produkten im Carée in Darmstadt betrieb, ebenfalls einem Projekt der IGO.

Die Gesellschaft stellte für alle durch sie vertriebene Produkte strenge Vorgaben zur Regionalität und Qualität auf, konnte schließlich aber aus wirtschaftlichen Gründen nicht aufrecht erhalten werden.

„Immer wieder Initiator, Mitmacher und zur Übernahme von Verantwortung bereit“

Gemeinsam mit Willy Schmidt, Schmucker-Brauerei und Thomas Disser, IGO, war Armin Treusch Gründungsmitglied und Vorsitzender des „Odenwald-Gasthaus e. V.“, einem weiteren Projekt der IGO. Auch hier gibt es strenge Vorgaben, insbesondere was die regionale Herkunft der verwendeten Produkte betrifft.

„Armin Treusch war nicht nur immer wieder Initiator und Mitmacher und zur Übernahme von Verantwortung bereit, er war darüber hinaus oft genug „Ermöglicher“ - wie übrigens Willy Schmidt auch - und nicht weniger oft Moderator.

Und das immer still und zurückhaltend, unaufdringlich und unaufgeregt“, blickt Thomas Disser auf die angenehme Zeit der Zusammenarbeit mit dem Verstorbenen zurück.

Die inhaltliche Klammer seines Engagements bei der IGO und darüber hinaus war Armin Treuschs Überzeugung, dass sich der Odenwald und die Odenwälder Produkte regelmäßig unter Wert verkauften.

„Das wollte er ändern, indem er ein größeres Selbstbewusstsein der regionalen Produzenten und der diese Produkte verarbeitenden regionalen Köche forderte.

Er hatte die feste Überzeugung, dass >Qualität< nicht in erster Linie eine Marketing-Frage sei, sondern es einerseits auf die Wahrhaftigkeit ankomme (also prüfbare Qualitätsaussagen) und andererseits auf das Selbstbewusstsein der Produzenten“, schildert Disser Armin Treuschs stetes Anliegen.

„Armin Treusch wusste, worauf es ankommt“

Dieses wiederum hänge wesentlich von deren regionalem „Verwurzeltsein“ sowie davon ab, inwieweit man überhaupt Kenntnis von der Qualität anderswo habe.

„Und dafür muss man eben auch raus aus seiner >Blase< und aus seiner eigenen Region. Armin Treusch war >draußen<, und er wusste mehr als die meisten seiner KollegInnen, auf was es ankommt.

Vieles von diesem Wissen zum Nutzen vieler KollegInnenen auch Privatpersonen gab er in Wort und Schrift preis, wie beispielsweise seit 1993 in Koch-Seminaren in seiner Restaurantküche oder mit seinen besten Rezepten, die er in zahlreichen Büchern und Schriften veröffentlichte: zum Nutzen seiner Gäste, KursteilnehmerInnen und LeserInnen“, ruft Thomas Disser in Erinnerung.

>Gut, Sauber, Fair< war Armin Treuschs Credo

„Nicht nur Slow Food, sondern der Odenwald und die ganze Region verlieren einen großen Koch und einen Motor der Gastronomie in unserem Gebiet. Sein Credo war stets >Gut, Sauber, Fair< gegenüber seinen Mitarbeitern, Freunden, Bekannten und seinen Lieferanten.

Armin wird überall einen großen Fußabdruck hinterlassen in den nur schwerlich andere hineinpassen“, befinden Ferdinand Böhm und Melanie Bostel vom Slow Food Convivium Odenwald, dessen Mitglied Armin Treusch ebenfalls war.

Trauerfeier am Montag, 09. Januar, 14 Uhr, in Reichelsheim

Der Odenwald, wie die gesamte südhessische Region, trauert mit Armin Treuschs Familie, seiner Frau Elke und den Familien seiner drei Kinder, um „einen großen Odenwälder“, der in guter Erinnerung bleiben wird.

Die Trauerfeier für Armin Treusch findet statt am Montag, 09. Januar, 14 Uhr, in der evangelischen Michaelskirche, Rathausplatz 6, in Reichelsheim. Im Anschluss findet im benachbarten „Treuschs Schwanen“, dem Betrieb der Familie Treusch, der Flannerts (Trauerschmaus) statt.