Odenwaldkreis sensibilisiert für biologische Vielfalt
Ausstellung über Auerochsen und neu gezüchtete Nachfahren + + + Projekt in SüdhessenODENWALDKREIS / ERBACH. - Jeder weiß: Die Artenvielfalt ist bedroht. Wenige wissen: In Südhessen wird in einem ganz besonderen Projekt etwas dagegen getan.
Das zeigt die neue Ausstellung im Landratsamt, die bis zum 5. März zu sehen ist. Sie informiert darüber, dass nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen Rinder gezüchtet werden, die dem vor gut 400 Jahren ausgestorbenen Auerochsen genetisch und vom Aussehen her sehr nahekommen.
Angesiedelt ist dieses Auerrindprojekt beim Freilichtlabor Lauresham des UNESCO-Welterbes Kloster Lorsch. Claus Kropp, der das Freilichtlabor und das Projekt leitet, gab bei der Vernissage am Mittwochabend (29.1.) einen interessanten Einblick in seine Arbeit.
Das Projekt kann bereits Erfolge vorweisen. Zum Beispiel leben auf einer Fläche bei Lorsch solche neu gezüchteten Rinder. Nicht nur sie selbst stehen für mehr Artenvielfalt, sie sorgen auch indirekt dafür.
Dadurch nämlich, dass sie durch ihr Fressverhalten halboffene Landschaften schaffen, die Raum für viele Tierarten bieten, und weil in ihrem Kot viele verschiedene Käfer leben, die wiederum Nahrungsgrundlage für selten gewordene Vögel sind.
„Die Artenvielfalt explodiert geradezu“, berichtet Kropp. „Wir haben mit Hilfe der Rinder große Chancen, sie auch an anderen Orten zurückzubringen.“
Die Ausstellung ist ein Gemeinschaftswerk der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen, zu dem das Freilichtlabor Lauresham gehört, und des Geo-Naturparks Bergstraße-Odenwald (UNESCO Global Geopark).
Landrat Frank Matiaske sagte bei der Eröffnung, der Auerochse sei geradezu zu einem Symbol für den Verlust von Artenvielfalt geworden. Umso wichtiger sei das Auerrindprojekt, das wieder zu mehr Biodiversität beitrage.
Dr. Jutta Weber, Geschäftsführerin des Geo-Naturparks Bergstraße-Odenwald, hob hervor, es sei eine Aufgabe des Geo-Naturparks, „aus der Erdgeschichte für die Zukunft zu lernen, für biologische Vielfalt einzutreten und Lebensräume zu bewahren“.
Die Ausstellung informiert nicht nur über das Auerrindprojekt, sondern auch über die Jahrtausende währende gemeinsame Geschichte von Mensch und Auerochse, dem Vorfahren der Hausrinder.
Wie Kropp schilderte, sind die ältesten bekannten Funde des Auerochsen 300.000 Jahre alt, Anfang des 17. Jahrhunderts starb das Tier aus. Ein Grund dafür war, dass sein imposantes Gehörn eine beliebte Jagdtrophäe gewesen war.
Als die Menschen im 6. Jahrtausend vor Christus sesshaft wurden, zähmten sie den Auerochsen. Im Laufe der Zeit aber wurde er von den Hausrindern verdrängt und als Nutztier überflüssig.
Musikalisch begleitet wurde die Vernissage von den bereits mehrfach ausgezeichneten Schülerinnen Silia und Irene Demmel sowie ihrer Mutter Sibel Demmel.
Die Ausstellung, die auch für Schulklassen und Naturschutzverbände interessant ist, ist während der Öffnungszeiten des Landratsamtes (montags, dienstags, donnerstags und freitags von 8 bis 12 Uhr sowie donnerstags von 14 bis 17.30 Uhr) zu sehen.
Termine darüber hinaus können mit Ute Naas vom Kulturmanagement des Odenwaldkreises telefonisch (06062 70-217) oder per E-Mail (u.naas(at)odenwaldkreis.de) vereinbart werden.
Matiaske verwies auf das abwechslungsreiche Ausstellungsprogramm des Landratsamts in diesem Jahr und dankte Naas für ihre Arbeit in der Vorbereitung und Durchführung der Ausstellungen.
Unter anderem gibt es eine Schau zum Gedenken an den verstorbenen Künstler Mathias Seibert aus Breuberg, der seine Homosexualität zum Thema seiner Bilder gemacht hat, und zum Jahresende eine Gemeinschaftsausstellung mit dem Titel „Alles inklusive – Diversity & Art“.
Auch diese Ausstellungen gehören zu einer Serie von Veranstaltungen im Kreis, die sich in diesem Jahr dem Thema „Vielfalt“ widmet.