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IHK und Industrievereinigung Odenwald mit Politikern einig: Land muss handeln!

Unterzeichnung des Positionspapiers Odenwald in der IHK Darmstadt. Foto: Jens Steingässer / IHK Darmstadt

Wirtschaftsstandort Odenwald: Fehlende Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur gefährden die Wettbewerbsfähigkeit

DARMSTADT / ODENWALD. - Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Darmstadt Rhein Main Neckar, die Industrievereinigung Odenwald sowie mehrere Bürgermeister, Bundes- und Landtagsabgeordnete und Landräte haben ein parteiübergreifendes Positionspapier unterzeichnet.

In diesem wird deutlich, dass der Odenwald trotz seiner Bedeutung als Wirtschafts- und Industriestandort bei Investitionen in Infrastrukturprojekte zu kurz kommt.

Die Beteiligten sehen die Wettbewerbsfähigkeit des Odenwalds in Gefahr und fordern das Land Hessen auf, zu handeln.

Der Odenwald ist kein ländlicher Raum im klassischen Sinne. Er beherbergt zahlreiche Industrieunternehmen, die teils internationale Strahlkraft besitzen.

Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten entwickelt sich besser als im hessischen Landesdurchschnitt. Im Gegensatz dazu belegen Michelstadt und Erbach im Mittelzentrenranking der Industrie- und Handelskammer (IHK) Darmstadt Rhein Main Neckar im Punkt „Erreichbarkeit“ mit großem Abstand die beiden letzten Plätze.

Die Verkehrsnetze sind überlastet – eine gefährliche Entwicklung für den Wirtschaftsstandort und die Region. Dabei stellt der Bundesverkehrswegeplan bis 2030 eigentlich ausreichend Mittel für Infrastrukturprojekte im Odenwald bereit, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken.

Von den hier genannten Vorhaben profitieren neben dem Odenwaldkreis auch unmittelbar die Landkreise Darmstadt-Dieburg und Bergstraße. Das Land Hessen erstellt eine Prioritätenliste, die sich auf Investitionen in Brücken und Autobahnen konzentriert.

Aufgrund des erheblichen Nachholbedarfs sicher wichtig, doch für den Odenwald, den einzigen Landkreis in Hessen ohne Autobahn, ist das ein großes Problem.

Auf Initiative der IHK Darmstadt haben sich die Industrievereinigung Odenwald sowie mehrere Bürgermeister, Bundes- und Landtagsabgeordnete und Landräte gemeinsam an einem Runden Tisch zusammengefunden und ein parteiübergreifendes Positionspapier verabschiedet.

Darin machen sie konkrete Vorschläge, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes als wichtigen Teil von Frankfurt-Rhein-Main auch in Zukunft zu sichern.

Die Probleme sind bekannt und das Geld ist da, um sie anzugehen

Die Beteiligten denken dabei keineswegs nur an den Odenwald: Eine Entzerrung der hochverdichteten Ballungskerne in einer stark wachsenden Region wird nur gelingen, wenn die regionale Verflechtung zunimmt.

Der Schlüssel dazu sind massive Verbesserungen der Mobilität. Um die Herausforderungen anzugehen, hat der Odenwald selbst bereits innovative Ideen auf den Weg gebracht. Hierzu zählen beispielsweise das Pilotprojekt „garantiert mobil“, eine intelligente Erweiterung des öffentlichen Nahverkehrs, sowie der Ausbau der Odenwaldbahn.

Doch innovative Mobilitätskonzepte und attraktive Bahnverbindungen allein können die Verkehrsprobleme im Odenwald nicht lösen.

Konkret fordert das Positionspapier daher neben einer weiteren Kapazitätserhöhung der Odenwaldbahn den punktuellen Ausbau der als „Odenwaldautobahnen“ bekannten Bundesstraßen 38 und 45.

Auf der B 45 muss der Abschnitt zwischen Dieburg und Groß-Umstadt sowie das Semder Kreuz aus- und umgebaut werden. Auf der B 38 braucht es zur Entlastung der Menschen und Verkehrswege Ortsumgehungen für Groß-Bieberau, Mörlenbach, Rimbach/Lörzenbauch und Fürth.

Mit dem Positionspapier werden die Beteiligten nun den konstruktiven Dialog in Wiesbaden bei der Landespolitik suchen: Alle genannten Infrastrukturprojekte sind bereits im Bundesverkehrswegeplan beschrieben.

Soll der Odenwald als lebenswerte Region und attraktiver Wirtschaftsraum Schritt halten, müssen diese vom Land Hessen in die Priorisierungsliste aufgenommen werden. Andernfalls, da sind sich die Partner einig, wird die wirtschaftliche Entwicklung der Region um Jahrzehnte zurückgeworfen.

Das vollständige Positionspapier „Infrastrukturausbau für den Odenwald“ steht auf der IHK-Website zum Download bereit: www.darmstadt.ihk.de (Nr. 4159962 ins Suchfeld eingeben)

Zukunftsfähige Mobilitäts- und Verkehrsinfrastruktur für den Odenwald – Das Positionspapier

Der Odenwaldkreis ist kein klassischer „ländlicher Raum“, sondern beherbergt zahlreiche Industrieunternehmen mit teils internationaler Strahlkraft.

So hat sich die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den letzten zehn Jahren im Vergleich zu Hessen um drei und im Vergleich zu Südhessen um zwei Prozentpunkte besser entwickelt.

Im Gegensatz dazu belegen Michelstadt und Erbach im Mittelzentrenranking der IHK Darmstadt von 2015 bei der „Erreichbarkeit“ mit großem Abstand die letzten beiden Plätze.

Auch die von uns beauftragte Verflechtungsstudie von 2012 belegt die mangelhafte Einbindung in die Rhein-Main-Neckarregion. Allein schon der genannte Industriebesatz erfordert und rechtfertigt eine bessere Anbindung an überregionale Verkehrsachsen; insbesondere Bundesautobahnen, den schienengebundenen Fernverkehr sowie regionale Mobilitätsangebote.

Es geht aber um mehr: Eine Entzerrung der hochverdichteten Ballungskerne in unserer stark wachsenden Region wird nur gelingen, wenn die regionale Verflechtung zunimmt. Der Schlüssel dazu ist eine massive Verbesserung der Mobilität.

Der Odenwald geht diese Herausforderung bereits mit innovativen Ideen an. Mit dem Pilotprojekt „garantiert mobil“ und der damit verknüpften Mobilitätsgarantie ist die Region beispielgebend, um den Ansprüchen einer immer mobiler werdenden Gesellschaft – auch außerhalb von Oberzentren – gerecht zu werden.

Auch der Ausbau der Odenwaldbahn ist eine Erfolgsgeschichte mit Vorzeigecharakter. Im Dezember 2005 startete die „neue“ Odenwaldbahn. Bis heute werden laut DADINA 40 Prozent mehr Fahrgäste bewegt, also mehr als 13.000 Menschen täglich.

Doch innovative Mobilitätskonzepte und attraktive Bahnverbindungen allein können die Verkehrsprobleme im Odenwald nicht lösen.

Nur die bessere Einbindung in das gesamte Mobilitäts- und Verkehrsinfrastrukturnetz der Metropolregion kann zu einer Entlastung der Ballungszentren führenund so die Stärken des Umlandes für die Region nutzbar machen.

Nicht nur für Neubürger, sondern auch für die vielen Fachkräfte und Familien, die sich innerhalb der Region neu orientieren möchten. Nach erster fachlicher Bewertung und intensiver Beratung schlägt die Region parteiübergreifend folgende Maßnahmen vor:

1. Kapazität der Odenwaldbahn erhöhen

Das Angebot der „neuen“ Odenwaldbahn wurde vom ersten Tag an sehr gut angenommen. So gut, dass mittlerweile von einer Überlastung gesprochen werden kann, welche mit den zusätzlichen Fahrtangeboten nach dem Fahrplanwechsel 2017/2018 fortbestehen.

Insbesondere vor dem Hintergrund der Emissionsbelastungen und der Infrastrukturengpässe in den Zentren des Verflechtungsraums Rhein Main Neckar und weiterem Fahrgastzulauf ist zu prüfen, mit welchen Maßnahmen die Kapazität wesentlich erhöht und der Takt wesentlich verdichtet werden kann.

Im Einzelnen sind folgende Szenarien bei der Überprüfung zu berücksichtigen: Einsatz von Doppelstockwagen, eine Elektrifizierung der Strecke, zweigleisiger Ausbau (oder alternativ weitere „Ausweichstellen“).

Mit einem Angebot, das der Qualität eines Metropolraums entspricht, kann der Odenwald seine zentrenentlastende Rolle ausbauen und Rhein Main Neckar insgesamt stärken.

2. Ost-West Verbindung stärken – Ausbau B 45

a. Der Abschnitt zwischen Dieburg und Groß-Umstadt ist zu Stoßzeiten regelmäßig überlastet. Der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) prognostiziert einen Anstieg der täglichen Kfz von 21.100 (2010) auf 37.000 (2025). Antwort des Bundesverkehrswegeplans ist ein vierstreifiger Ausbau. Damit können die täglichen Staus in Zukunft ausgeschlossen, die Schadstoffbelastungen gesenkt und die Verkehrssicherheit erhöht werden. Da Hessen Mobil bereits erste Betrachtungen zur Optimierung der Verkehrssituation auf der B45 durchgeführt hat, soll auf deren Grundlage die Realisierung von Zwischenlösungen diskutiert werden, beispielsweise der Schrittweise Ausbau auf vorerst 2+1 Fahrspuren mit stoßzeitbedingter Richtungsfreigabe. Um das Verfahren zu beschleunigen könnte sich die Region vorstellen, bei der Planung in Vorleistung zu treten.

b. Das Semder Kreuz ist ein Stau- und Unfallschwerpunkt. Um die Situation für täglich zehntausende Berufspendler zu entschärfen, ist es in einem ersten Schritterforderlich, bereits diskutierte, planungsrechtlich einfach zu realisierende Zwischenlösungen (beispielsweise eine modifizierte Ampelschaltung) schnellstmöglich umzusetzen.

3. Nord-Süd Verbindung stärken – Ausbau B 38

Die B 38 hat als Nord-Süd-Achse eine wichtige Verbindungs- und Netzfunktion über den Odenwald hinaus. Für sie wird im BVWP ein deutlicher Anstieg der Verkehrsbelastung im Jahr 2025 prognostiziert.

Die entsprechenden Werte für die B38 sind wie folgt:

a. In Groß-Bieberau von heute 12.100 auf bis zu 20.000 Kfz täglich,

b. für die Ortsumfahrung Mörlenbach als planfestgesteltes Teilprojekt 1 von heute 18.400 auf 26.000 Kfz,

c. für die Ortsumfahrung Rimbach/Lörzenbach als Teilprojekt 2 von heute 17.400 auf 25.000 Kfz

d. für die Ortsumfahrung Fürth als Teilprojekt 3 von heute 16.100 auf 26.000 Kfz.

Diese Mehrbelastung geht nicht nur auf Kosten der Anwohner in den historisch gewachsenen, engen Ortslagen entlang der Strecke. Auch die täglichen Pendler müssen sich mehr noch auf Verkehrsbehinderungen einstellen.

Die im BVWP vorgesehenen Ausbaumaßnahmen sind in Zusammenhang zu sehen und entfalten nur in Gänze einen großen Nutzen für die Region. Im Einzelnen gilt es, mit dem Bau der Ortsumfahrung (OU) Mörlenbach zügig zu starten, die OU Groß-Bieberau und Rimbach/Lörzenbach zeitnah zur Planreife zu bringen, sowie die OU Fürth baldmöglichst in den Vordringlichen Bedarf des BVWP aufzunehmen.

Dieses Positionspapier haben unterschrieben:

Thorsten Muntermann, Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer Darmstadt;

Patricia Lips, Dr. Jens Zimmermann, Mitglieder des Deutschen Bundestages;

Karin Hartmann, Birgit Heitland, Rüdiger Holschuh, Judith Lannert, Manfred Pentz, Mitglieder des Hessischen Landtags;

Christian Engelhardt, Landrat des Landkreises Bergstraße;

Klaus Peter Schellhaas, Landrat des Landkreises Darmstadt-Dieburg;

Frank Matiaske, Landrat des Odenwaldkreises;

Edgar Buchwald, Bürgermeister Stadt Groß-Bieberau;

Holger Schmitt, Bürgermeister Gemeinde Rimbach;

Volker Oehlenschläger, Bürgermeister Gemeinde Fürth;

Jens Helmstädter, Bürgermeister Gemeinde Mörlenbach;

Joachim Ruppert, Bürgermeister Groß-Umstadt;

Jürgen Walther und Christian Mühlhäuser, Industrievereinigung Odenwaldkreis e.V.;

Tino Klinger, Wirtschaftsrat Deutschland, Sektion Odenwald.

Stimmen zum Positionspapier „Infrastrukturausbau für den Odenwald“

Stephan Koziol, Geschäftsführung, koziol »ideas for friends GmbH:

„Eine Investition in die Mobilität ist eine Investition in eine lebenswerte Zukunft! Nicht zuletzt die Rhein-Main-Region profitiert von einer prosperierenden Industrie im Odenwald. Dafür ist jedoch der Ausbau der Hauptverkehrsadern unabdingbar, denn die Mobilität ist für uns ein essentielles Stück der Zukunftssicherung.“

Lothar Knopf, Bürgerinitiative pro B 38 a:

„Straßenverbindung sind für dünner besiedelte Gebiete wie den Odenwald unabdingbare Lebensadern für Gewerbe und Bürger. Sonst erfolgt weitere Abwanderung von Arbeitsplätzen und Familien in die wirtschaftlichen Zentren.

Dass mit dem Bau der B38a auch 4,5 Jahre nach dem Planfeststellungsbeschluss mit Sofortvollzug noch nicht begonnen wurde, ist nicht hinnehmbar. Der Hessische Verkehrsminister muss dem Straßenneubau und Straßenausbau die gleiche Priorität einräumen wie dem ÖPNV und den Fahrradwegen.“

Michael Wendt, Vorsitzender der Geschäftsführung, Pirelli Deutschland GmbH:

„Die Pirelli Deutschland GmbH unterstützt als größter Arbeitgeber des Odenwaldkreises die Inhalte des parteiübergreifenden Positionspapiers vollumfänglich.

Denn das enorm hohe Verkehrsaufkommen in einigen Abschnitten der Bundesstraßen B45 und B38 verursacht erhebliche Nachteile: Die Verkehrssicherheit ist an neuralgischen Punkten stark beeinträchtigt. Die staubedingte Stop-and-Go-Fahrweise der Kfz stellt eine Belastung für Anwohner, Fahrer und Umwelt dar.

Arbeitnehmer und ihre Unternehmen verlieren durch Staus viele Arbeitsstunden, Pendler büßen etliche Stunden ihrer Freizeit ein. Für ein international agierendes Unternehmen wie die Pirelli Deutschland GmbH zudem gravierend: Die Logistik-Infrastruktur, bei der Pünktlichkeit eine immer entscheidendere Rolle spielt, wird zusätzlich erschwert.

Pirelli investiert seit vielen Jahren kontinuierlich hohe Summen in sein Werk in Breuberg sowie in regionale Einrichtungen wie das 2014 eröffnete Logistik-Zentrum in Dieburg. Dadurch soll der Standort im Odenwaldkreis zukunftsfähig und für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter langfristig gesichert bleiben.

Doch um als Arbeitgeber attraktiv und im Wettbewerb erfolgreich zu sein, bedarf es mehr denn je einer modernen Infrastruktur. Die zeitnahe Realisierung der Bauarbeiten an der B45 und B38 ist daher dringend erforderlich.“

Weitere Unterstützer:

Gewerbevereinigung Mörlenbach e.V., Rolf Schwarztrauber, Vorstand

Mitteldeutsche Hartstein-Industrie (MHI) AG, Dr.-Ing. Jürgen Aretz, Vorstandsmitglied