Artenvielfalt im Odenwald rückläufig
ODENWALDKREIS / REICHELSHEIM. - Der Landrat des Odenwaldkreises hatte – 3 Jahre nachdem die hessische Landesregierung eine Biodiversitätsstrategie beschlossen hat – für vergangenen Donnerstag, 16. Februar, nach Reichelsheim zu einer Kreiskonferenz eingeladen.
Etwa dreißig Vertreterinnen von Behörden, die sich beruflich des Themas annehmen müssen und Angehörige von Umweltverbänden, hatten sich versammelt. Das hessische Umweltministerium hatte Detlef Szymanski entsandt, um für das Projekt der Landesregierung zu werben.
Derzeit stelle der Odenwaldkreis auf der Projektkarte des Ministeriums eine weiße Fläche dar – was Rückschlüsse auf den Stellenwert des Themas bei hiesigen Politikern zulasse. So war Landrat Frank Matiaske ebenso an der Konferenzteilnahme verhindert wie 13 der 15 Bürgermeister der Kreisgemeinden.
Die Fakten seien bekannt alarmierend: Seit 1995 habe sich die Artenvielfalt in Hessen insgesamt um 30% verringert, auf Ackerflächen habe sie sich sogar halbiert. Die Landesregierung hat 150 Tierarten und 110 Pflanzenarten ausgemacht, für die sie Schutzprojekte mit bis zu 500 Euro fördern will.
Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) sieht im festzustellenden Artenrückgang auch die Folgen der intensivierten Landwirtschaft. Neben den Giftstoffen, die aus den 5 Millionen hessischen Autos täglich in die Luft abgelassen würden, seien es die Verwendung von Pflanzen- und Tiergiften in der Landwirtschaft, die es den Arten immer schwerer machten, zu überleben.
Wo früher die Landwirte einmal pro Jahr Heu gemacht und danach noch einmal Tiere zum Weidegang zugelassen haben, komme heute bis zu vier mal pro Sommerhalbjahr der Kreiselmäher und ernte vorwiegend Grünsilage.
Blühende Wiesen und artenreiches Ackerland liessen sich jedoch mit den bisherigen Methoden der Landwirtschaft nicht wiederherstellen – ist der BUND überzeugt. Erst wenn Verbraucherinnen bereit seien, die naturschonende Praxis von Landwirten an der Ladenkasse auch zu honorieren, werde sich hier fundamentale Abhilfe schaffen lassen.
BUND-Sprecher Harald Hoppe wies auf der Konferenz auf die im Odenwaldkreis völlig fehlende Bereitschaft der Kommunen hin, für die Artenvielfalt Flächen bereitzustellen. Die in einigen Fachgesetzen vorhandenen Möglichkeiten, Flächen für die Natur zu reservieren, würden nur ausnahmsweise und mit größter Zurückhaltung angewandt.
Gemeindliche freiwillige Leistungen für die Artenvielfalt suche man im Kreis mit der Lupe. Zudem werde das Instrument der Flächennutzungsplanung der Gemeinden ausschließlich zur Bereitstellung von Flächen für neue Bauvorhaben benutzt.
Die im selben Gesetz benannte Verpflichtung, Natur und Umwelt mit Entwicklungsmöglichkeiten zu versehen, werde im Odenwaldkreis seit Jahrzehnten ignoriert. Noch nicht einmal die Hälfte aller Kreisgemeinden habe ihre Landschaftsplanung auf einem den gesetzlichen Anforderungen gerechten Stand gebracht.
Der BUND vermisste auf der Veranstaltung Vertreterinnen der diversen neuen Naturschutzinitiativen, die in der Öffentlichkeit als 'wahre' Sachwalter der Odenwälder Natur auftreten würden. Das Thema Windkraft und Artenschutz jedenfalls sei in Reichelsheim von der Kreisvorsitzenden des Nabu Martina Limprecht angesprochen worden.