NEWS

Ein Gesicht der Kirche seit 50 Jahren

Die musikalische Gestaltung hatten die Michelstädter Kantorin Beate Ihrig (Orgel, Flügel, Gesang), Reinhold Hoffmann (Querflöte, Bass, Gesang) und Rahel Kämmerer (Cajon, Gesang) übernommen. Foto: Bernhard Bergmann

MICHELSTADT. - „So viele Geburtstagsgäste, das ist wunderbar“, befand Bärbel Simon, die Leiterin des Diakonischen Werks Odenwald (DWO), angesichts der vollbesetzten evangelischen Stadtkirche in Michelstadt.

„Kirche und Diakonie gehören zusammen, und deswegen feiern wir gemeinsam", ergänzte Sandra Schultheis, die Präses des Evangelischen Dekanats Odenwald. Was es zu feiern gab? Das fünfzigjährige Bestehen des DWO, dessen konkrete Arbeit für Menschen seitdem der Kirche ein ganz eigenes Gesicht gibt.

Und diese Feier fand statt im würdigen und würdigenden Rahmen eines Diakoniegottesdienstes und des anschließenden gemeinsamen Jahresempfangs von DWO und Dekanat, der nun coronabedingt zwei Jahre in Folge hatte ausfallen müssen.

Wie es bei runden Geburtstagen üblich ist, gab es eine Rückschau: Bärbel Simon und Dekan Carsten Stein erinnerten an das Geschaffene, Gewachsene und Gewordene und nannten einige markante Stationen der diakonischen Arbeit im Odenwald aus den vergangenen fünf Jahrzehnten.

Dieter Nolte (1941 bis 2010), den Simon als „jungen, engagierten Christen" beschrieb, gründete das DWO im Jahr 1973 zusammen mit einem Zivildienstleistenden und einer Verwaltungsfachkraft - Lilo Krieger, die nun auch bei der Feier zu Gast war.

Rasch weitete sich das Arbeitsfeld aus von Allgemeiner Lebensberatung über die damalige 'Griechenberatung', aus der mittlerweile die Migrationsberatung geworden ist, bis hin zur Beratung für Menschen mit Behinderungen. All diese Arbeitsfelder existieren noch heute als wichtige Zweige der diakonischen Arbeit in der Region.

Später kamen beispielsweise die Versorgung von Psychiatriepatienten, Betreutes Wohnen, ein Integrationsfachdienst und die Schwangerenberatung hinzu.

Ebenfalls zu nennen sind die Demenzbetreuungsgruppen, die Mitorganisation der alljährlichen Interkulturellen Woche im Herbst und die koordinierende Arbeit im Rat der Religionen im Odenwald.

Und damit sind bei weitem noch nicht alle Tätigkeitsbereiche des DWO genannt. Wichtig ist auch die Kooperation mit anderen Einrichtungen wie etwa der Caritas oder dem DRK - zum Wohl der Menschen, die Rat und Hilfe suchen.

„Kirche wirkt über Diakonie in die Gesellschaft hinein", verdeutlichte Dekan Stein. Sichtbar, wahrnehmbar im Dienst am Nächsten, ganz im Sinne Jesu Christi, der seinen Zuhörern den Barmherzigen Samariter als vorbildlich handelnden (Mit)Menschen vor Augen geführt hatte.

„Es braucht eine starke Gemeinschaft, und genau das bildet sich heute hier ab", sagte DWO-Leiterin Simon und bezog dabei explizit Politik, Kommunen oder das Land Hessen mit ein. Nur gemeinsam könne man für die Menschen das beste bewirken.

Für einen wichtigen Partner, nämlich den Odenwaldkreis, war dessen Landrat Frank Matiaske als Gast gekommen. Das DWO setze sich mit seiner Arbeit gleichermaßen für einzelne wie für die Gemeinschaft im Odenwald ein, sagte Matiaske in seinem Grußwort.

Die nunmehr 50 Jahre alte Institution sei „in ganz hohem Maß angesehen in der Region". Ausdrücklich wünschte der Landrat, das DWO möge auch weiterhin eine „unbequeme Stimme" sein, die den Blick auch dorthin lenkt, wo er oftmals vorbeistreift.

Im Gottesdienst zum Thema „angesehen“ hatten Diakoniepfarrer Reinhold Hoffmann (Rothenberg) und Mitglieder des Dekanatsdiakonieausschusses (Foto) in schlaglichtartigen Berichten mehrerer Menschen verdeutlicht, wie unterschiedlich schwierige Lebenssituationen, akute Not und Hilfsbedürftigkeit aussehen, wie Menschen sinnbildlich „aus dem Rahmen gefallen“ sein können.

Eine Stimme bekam dabei etwa eine Pflegekraft, die durch Corona ans Ende ihrer Kräfte kam, ein einsamer Witwer, der in einer viel zu groß gewordenen Wohnung unter gefühlt endlosen Nächten leidet, oder eine junge Familie, der die hohen Energie- und Lebensmittelpreise zusetzen.