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„Der liebe Gott hat viel Humor“

Pfarrer Friedmann Reeh wird im Gottesdienst am Sonntag, 22. Januar, in den Ruhestand verabschiedet. Foto: Silke Rummel

Friedmann Reeh war 31 Jahre lang Pfarrer in Beerfurth: Ende Januar geht er in den Ruhestand

BEERFURTH. - „In diesem Jahr ist alles das letzte Mal“, sagt Friedmann Reeh kurz vor dem Jahreswechsel, und es schwingt eine leise Melancholie mit.

Der letzte Konfirmandenjahrgang, die letzten Weihnachtsgottesdienste, das letzte Adventsessen mit den Mitarbeitenden. „Ich habe es alles sehr gerne gemacht“, sagt der Pfarrer, „die Leute sind auch traurig.“

Wenn der dienstälteste Gemeindepfarrer im Evangelischen Dekanat Vorderer Odenwald am 31. Januar 2023 in den Ruhestand geht, war er genau 31 Jahre und einen Monat in der Johannesgemeinde in Beerfurth. Sie ist eine der jungen Gemeinden im Dekanat, 1962 gegründet.

„Die Gemeinde ist 60 Jahre alt und hat erst zwei Pfarrer gehabt“, sagt Friedmann Reeh. Er selbst ist in seiner Familie Pfarrer in dritter Generation. Der Großvater mütterlicherseits war 50 Jahre lang Bischof der Moravian Church, den Herrnhutern in Südafrika/Kapstadt, der Vater für die Rheinische Mission 21 Jahre lang in Namibia.

Friedmann Reeh ist in Namibia geboren und lebte bis zu seinem 16. Lebensjahr dort. Seine Mutter ist deutschstämmige Südafrikanerin, seine zweite Muttersprache Afrikaans.

Von den Herrnhutern beeindruckt

Zurück in Deutschland, von Windhoek nach Wuppertal, studierte er nach Mittlerer Reife und Fachabitur Theologie in Hermannsburg. Er wurde in Beilstein ordiniert – als Pfarrer der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) und als Pfarrer der Herrnhuter.

Eine Seltenheit. Friedmann Reeh ging dann fĂĽr sechs Jahre nach SĂĽdafrika, war Pfarrer in Kapstadt und in Genadendal, der ersten Missionsstation im sĂĽdlichen Afrika, gegrĂĽndet von der Herrnhuter BrĂĽdergemeine.

Die entstand 1722 in der Oberlausitz, als Graf Nikolaus Ludwig von Zinzendorf Glaubensflüchtlingen aus Böhmen und Mähren Asyl gewährte. Die theologischen Grundlagen der neuen Gemeinschaft waren für ihre Zeit revolutionär und modern.

Zinzendorf habe Menschen, Männer wie Frauen, aktiv in die Gemeinde integrieren wollen und habe schon früh Wert auf Kindergärten und die Erziehung gelegt, sagt Friedmann Reeh. Selbst Goethe sei dorthin gereist. „Ich schwärme sehr für die Herrnhuter.“

In Beerfurth beheimatet

Der Wechsel zwischen den Welten, die vielen Umzüge – als Friedmann Reeh am 1. Januar 1992 als Pfarrer in Beerfurth anfing, war dies für ihn auch ein Ankommen, eine Art Beheimatung. Er sei sehr gut aufgenommen worden, und er sei sehr gerne hier, sagt er.

Mit den Menschen leben, mit den Vereinen und Chören, die gewachsenen Beziehungen, das hat ihm immer gefallen. Irgendwann später wurde er sogar mal gefragt, ob er nicht als Bürgermeister kandidieren wolle. Er lehnte ab. „Die Gemeindearbeit, die Menschen hier – das war mir immer das Wichtigste.“

Dazu hat er in der End- und Nach-Apartheidsphase die Partnerschaftsarbeit im Dekanat mit der Moravian Church in SĂĽdafrika mit aufgebaut, hat zig Delegationsreisen organisiert. Bis zuletzt engagierte er sich im Partnerschaftsausschuss des Dekanats.

Er habe nie autoritär, sondern immer teamorientiert gearbeitet. Jeder bekomme – ganz nach Herrnhuter Vorbild – seine Aufgabe und setze diese eigenverantwortlich um. „Die Menschen entwickeln Verantwortungsgefühl und Kreativität, das funktioniert super“, sagt Friedmann Reeh.

Dazu kommt: Es müsse auch Spaß machen. Diese Leichtigkeit habe wohl auch mit seiner südafrikanischen Mentalität zu tun, heißt es in einer Mitteilung des Evangelischen Dekanats Vorderer Odenwald.

Pfarrstelle wird aufgeteilt

Vom Esszimmertisch im Pfarrhaus hat er den Kirchturm der Johannesgemeinde stets im Blick. Er schaut auf die Hügel des Odenwalds, auf das Reichenberger Schloss, die Neunkirchner Höhe. Eine Vakanz wird es nach seiner Ruhestandsversetzung nicht geben.

Die Pfarrstelle wird ab 2023 auf eine halbe gekĂĽrzt. Pfarrerin Dr. Miriam von Nordheim-Diehl (Wersau) und Pfarrer Sebastian Hesselmann (Winterkasten) werden sich die Arbeit aufteilen.

Friedmann Reeh und seine Frau Bärbel mieten das Pfarrhaus erstmal weiter. Nach seiner Ruhestandsversetzung hat der 65-Jährige dann mehr Zeit, sich seinen Hobbys zu widmen: Er malt und schreibt gerne und hat mehrere Romanfragmente in der Schublade, die er dann überarbeiten will.

Was bedeutet ihm der Glaube? „Eine gute Frage“, sagt er und überlegt. Dann fängt es an zu sprudeln: „Glaube hat viel mit Vertrauen zu tun – in das Leben, dass man getragen ist, dass es nach schwierigen Phasen aufwärts geht, dass Gott es gut mit uns meint.

Glaube hat für mich viel mit positiv in die Welt hineinblicken zu tun und macht das Leben eminent leichter. Glaube ist für mich mehr eine Lebenskunst und befähigt mich, meine Wege zu gehen.

Glaube hat für mich auch viel mit Spaß und Freude und Fröhlichkeit zu tun.“ Denn: „Ich denke, der liebe Gott hat viel Humor – das vergessen wir oft.“

Pfarrer Friedmann Reeh wird im Gottesdienst am Sonntag, 22. Januar, 14 Uhr, in der evangelischen Johannesgemeinde Beerfurth von Dekan Joachim Meyer und Propst Stephan Arras in den Ruhestand verabschiedet.