9. Große Strafkammer des Landgerichts verwirft Harald Buschmanns Beschwerde
Anwalt des noch amtierenden Erbacher Bürgermeisters versucht dennoch seinen Mandanten von allen Vorwürfen reinzuwaschenERBACH / DARMSTADT. - Mit Beschluss vom Freitag, 15. Juni, hat die 9. Große Strafkammer des Landgerichts Darmstadt die Beschwerde gegen die Durchsuchung der Erbacher Stadtverwaltung durch Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei am 30. Mai diesen Jahres im Zusammenhang mit dem Untreueverdacht gegen Bürgermeister Harald Buschmann (siehe Fact-Bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews) als unzulässig verworfen.
Das teilte der Pressesprecher des Landgerichts Darmstadt, Richter Dr. Jan Helmrich, auf FACT-Anfrage heute mit. Beschwert hatte sich der Darmstädter Rechtsanwalt lngo Endrick Lankau, der den beschuldigten, derzeit noch amtierenden, Erbacher Rathauschef Harald Buschmann vertritt.
Mit Schreiben vom 03. Juni hatte der Anwalt sowohl gegen die entsprechende Anordnung des Amtsgerichts Darmstadt als auch bei der ermittelnden Staatsanwaltschaft, wegen angeblicher Rechtswidrigkeit der Durchsuchung opponiert (siehe FACT-Bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews).
Ergänzende Schreiben ohne Wirkung
Noch am Wochenende hatte Buschmanns Anwalt nachgelegt und wollte seine Beschwerde mit weiteren Vorträgen zementieren. So überreichte er per 16. Juni dem Amtsgericht Darmstadt sein „Schreiben an die Kommunalaufsichtsbehörde des Odenwaldkreises als Ergänzung der Begründung unserer sofortigen Beschwerde mit Schriftsatz vom 03.06.2018“.
An die Staatsanwaltschaft Darmstadt richtete er das gleiche Schreiben, das er an die Kommunalaufsichtsbehörde des Odenwaldkreises gerichtet hatte, „zu den Akten, mit der Bitte um Berücksichtigung im Verfahren“.
In besagtem Schreiben an den Landrat des Odenwaldkreises nimmt Lankau „im Zusammenhang mit dem gegen Herrn Bürgermeister Buschmann von der Staatsanwaltschaft Darmstadt geführten Ermittlungsverfahren Bezug auf Ihre Kommunalaufsichtsrechtliche Verfügung“.
Vorstoss des Anwalts auch beim Odenwälder Landrat als Dienstaufsicht
Soweit der Landrat in seiner Verfügung vom 09. April diesen Jahres zu dem Ergebnis komme, „dass Zweifel an der Rechtmäßigkeit der freihändigen Vergabe bestehen, stehen wir auf dem Standpunkt, dass im vorliegenden Fall die freihändige Auftragsvergabe rechtlich unbedenklich war.
In Ihrer Verfügung vom 09.04.2018 sind Sie hierauf nicht in dem erforderlichen Umfang eingegangen, der gerade wegen der öffentlichen Auswirkungen der hierzu geführten Diskussion dringend erforderlich war.“
Buschmann habe in seiner >Selbstanzeige< vom 11.01.2018 die Einzelheiten des Vergaberechts ausführlich dargestellt und deutlich gemacht, dass im vorliegenden Fall die Beauftragung der Agentur unproblematisch gewesen sei.
„Das hätte zwingend erforderlich gemacht, dass Sie bei Ihrer aufsichtsrechtlichen Prüfung diesen Hinweisen nachgegangen wären, insbesondere auch im Hinblick auf die Vorschriften des Hessischen Vergabe- und Tariftreuegesetzes und den in Ergänzung hierzu bestehenden Vergabeerlass vom 21.12.2015.
„Mit unrichtigen Voraussetzungen das Ermittlungsverfahren weitergeführt“
Bei einer dem entsprechenden sorgfältigen Prüfung hätten Sie folgerichtig zu dem Ergebnis kommen müssen, dass im vorliegenden Fall sowohl die freihändige Vergabe als auch die von Ihnen monierte >Stückelung< der Aufträge rechtlich unbedenklich waren.
Statt auf die von Bürgermeister Buschmann in seiner Selbstanzeige erteilten rechtlichen Hinweise einzugehen, erstaune es, dass „Sie in Ihrer Verfügung Verfehlungen attestiert haben, die nicht vorliegen, und dadurch der Staatsanwaltschaft Darmstadt Veranlassung gegeben, aufgrund dieser unrichtigen Voraussetzungen das Ermittlungsverfahren weiterzuführen.“
Die Staatsanwaltschaft Darmstadt habe nämlich „Ihre Wertung bedauerlicherweise ohne eigene verwaltungsrechtliche Prüfung übernommen und dem Antrag auf Erlass des Durchsuchungsbeschlusses beim Amtsgericht Darmstadt zugrunde gelegt, das seinerseits den Beschluss erließ, ohne eigene Prüfung durchzuführen“.
Vom Landrat vorgenommene Beanstandung vom RP gestützt
Zusammenfassend lasse sich feststellen, dass die Art der Vergabe und auch die ,,Stückelung“ ohne rechtliche Bedenken im konkreten Fall zulässig waren, so dass die vom Landrat vorgenommene und von der oberen Kommunalaufsicht (Anm. d. Redaktion: Regierungspräsidium - RP) gestützte Beanstandung unbegründet sei.
„Soweit Sie in Ihrer Verfügung feststellen, Magistrat und Stadtverordnetenversammlung hätten die >vorwiegende Nichtbeteiligung in dieser Angelegenheit über einen längeren Zeitraum mehr oder minder hingenommen<, ist diese ohnehin wenig konkrete Formulierung deshalb unrichtig, weil Bürgermeister Buschmann in seiner umfangreichen Stellungnahme gegenüber der ÜWG-Fraktion und der SPD-Fraktion der Stadtverordnetenversammlung in seinem Schreiben vom 21. 12.2017..... sehr ausführlich alle Informationen benannt hat, die Magistrat und Stadtverordnetenversammlung erhalten haben, so dass die Behauptung nicht haltbar ist, die kommunalen Körperschaftsorgane der Stadt Erbach seien über die Vorgehensweise nicht informiert gewesen.“
Bitte um Überprüfung „Ihrer Haltung“
Vor diesem Hintergrund bittet Buschmanns Rechtsanwalt den Landrat „Ihre Haltung noch einmal zu überprüfen und Ihre kommunalaufsichtsrechtliche Verfügung dahin zu korrigieren, dass selbstverständlich die von Herrn Buschmann und der Stadtverwaltung gewählte Vergabe rechtsfehlerfrei erfolgte“.
Für ungerechtfertigt halte er deshalb „Ihr zusammenfassendes Ergebnis, dass ,>die Verletzung der Grundsätze ordnungsgemäßen Verwaltungshandelns und damit Dienstverpflichtungen< vorliegen. Wir halten Ihre kommunalaufsichtsrechtliche Verfügung daher für rechtswidrig und korrekturbedürftig.“
Ergänzend zu diesen Schreiben übersandte Rechtsanwalt Lankau noch eine rechtliche Ausarbeitung des Erbacher Stadtbaumeisters Martin La Meir, in der dieser sowohl zu EU-Vergaberecht, Nationalem- und Hessischem Vergaberecht Stellung bezog.
Buschmanns und LaMeirs „Beratung“ erwiesen sich als nicht rechtskonform
Mit den gleichen Vergabe-Thesen waren sowohl er als auch Bürgermeister Harald Buschmann in der Standortmarketing-Affäre dem früheren Odenwälder Landrat Dietrich Kübler „beratend“ zur Seite gesprungen.
Diese „Rechtsauffassung“ Buschmanns und La Meirs hatten damals allerdings bekanntermaßen weder die Hessische Wirtschafts- und Infrastruktur (WI-) Bank als federführende Fördermittelbank noch das Amtsgericht Michelstadt geteilt.
Die WI-Bank hatte dem Odenwaldkreis knapp 100.000 Euro an zuvor gewährten Fördermitteln versagt, und das Amtsgericht Kübler in dessen Strafprozess zu einer (noch nicht rechtskräftigen) siebenmonatigen Bewährungs- samt 25.000 Euro Geldstrafe verurteilt.
9. Große Strafkammer kommt zu anderer Rechtsauffassung
Und auch die 9. Große Strafkammer beim Landgericht Darmstadt vertritt mit der Verwerfung der sofortigen Beschwerde Lankaus gegen die Durchsuchung des Erbacher Rathauses zur Sicherung weiterer Beweise im vermuteten Untreueverfahren gegen Harald Buschmann offensichtlich eine andere Rechtsauffassung.
Auch der Behauptung des Darmstädter Rechtsanwalts, „die kommunalen Körperschaftsorgane der Stadt Erbach seien über die Vorgehensweise informiert gewesen“ steht jedoch die noch immer nicht erfolgte korrekte Beantwortung der umfangreichen Nachfragen der beiden Fraktionen durch Bürgermeister Buschmann entgegen.
Derweil vernehmen Kripobeamte derzeit Zeugen
Aus diesem Grund haben SPD und ÜWG im Erbacher Stadtparlament inzwischen ebenfalls die Dienstaufsicht eingeschaltet, und wollen sich im Bedarfsfalle gegebenenfalls auch an die Staatsanwaltschaft wenden, um nach nunmehr mehr als einem halben Jahr endlich erschöpfende Antworten auf ihre konkreten Fragen zu erlangen, die ihnen von Buschmann bislang versagt bleiben.
Unterdessen gibt sich die Staatsanwaltschaft von den Störfeuern der beauftragten Anwaltskanzlei unbeeindruckt. In ihrem Auftrag vernehmen derzeit Beamte der Darmstädter Kriminalpolizei Bedienstete des Erbacher Rathauses sowie frühere Geschäftspartner des in Kürze abtretenden Bürgermeisters und weitere Zeugen.