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Wer hat’s erfunden? - Entstehung des Lärmfeuers bleibt ein Rätsel

Im historischen Rathaussaal erklärt Geografin Silke Hable was es mit den Lärmfeuern in Odenwald auf sich hat. Foto: Kulturamt Michelstadt

MICHELSTADT. - Das Glockenspiel der Stadtkirche verstummte als Dr. Ilona Agoston, Leiterin der Volkshochschule Odenwald, die Zuhörer des Vortrags „Lärmfeuer im Odenwald“ am Freitagabend im historischen Rathaus begrüßte.

Die Referentin Silke Hable sei keine Unbekannte bei der Vortragsreihe „Unser Odenwald“, die 2012 von Kulturamtsleiter Heinz Seitz ins Leben gerufen worden sei.

Die Geologin kenne sich nicht nur bestens mit der heimischen Flora und Fauna aus sondern wisse auch über die Odenwälder Bräuche und Brauchtümer Bescheid, so Dr. Agoston. So solle es auch an diesem Abend um eine Tradition gehen, deren Bedeutung nur wenigen bekannt sei.

Silke Hable dozierte zunächst über die Bedeutung des Feuers an sich. Der Begriff „Lärmfeuer“ leitet sich nicht, wie häufig vermutet von „Lärmen“ ab, sonders kommt aus dem Französischen „à l’arme“, was so viel wie „an die Waffen“ bedeutet. Das Entzünden des Feuers war demnach eine Methode zur Mobilmachung der Soldaten. Es kann nachweislich belegt werden, dass es in nahezu allen Odenwälder Städten und Ortschaften eine Feuerstelle an der höchsten Erhebung gegeben hat.

Es bleibt also die Frage: Wer hat’s erfunden? Silke Hable nahm ihr Publikum mit auf Spurensuche. Fakt ist, dass die Römer, die einst im Odenwald lebten, eine Kette von Lichtsignalen zur Kommunikation über weite Strecken nutzten. Entlang des Odenwaldlimes waren Wachtürme im durchschnittlichen Abstand von 700 Metern aufgebaut.

Mithilfe von Feuer- und Hornsignalen konnten Botschaften von Obernburg bis nach Mainz transportiert werden. Welches Verschlüsselungssystem die Römer nutzten, kann heute nicht mehr nachvollzogen werden. Da bekanntlich jeder Code geknackt werden kann, nutzten die Römer für wichtige geheime Nachrichten Boten zur Übermittlung.

Auch die Griechen nutzen die Feuer um Mitteilungen, wie zum Beispiel den Sieg über Troja zu verbreiten. Auf anderen Kontinenten waren ähnliche Mittel zur Kommunikation bekannt. In Amerika und Australien sendeten die Indianer Feuer- und Rauchzeichen, um über lange Strecken Nachrichten zu verbreiten. Im dichten Dschungel Afrikas war diese Art der Vermittlung nicht möglich.

Die Stämme nutzten das akustische Signal der Trommeln. Solche akustische Nachrichten verwenden bis heute noch die Jäger, wenn sie in ihr Jagdhorn blasen. Silke Hable stellte fest, dass die Lärmfeuer an mehreren Stellen auf der Welt gleichzeitig genutzt wurden. Deren Entstehungen waren zum Teil unabhängig von einander, zum Teil wurden sie durch Verbreitung weitergegeben.

Unter Historikern wird dieses Thema kontrovers diskutiert, obgleich es nur noch sehr wenige Quellen dazu gibt. „Wer Lokalhistoriker ist, sollte sich zum Forschen ein anderes Thema aussuchen“, beschließt Silke Hable ihren Vortrag mit einem Schmunzeln „in vielen Archiven liegen keine Quellen mehr vor.“

Heutzutage gibt es die Tradition der Feuer unter anderem auch wieder in Österreich und der Schweiz, wenn auch in anderer Form als im Odenwald. Auch in der Luft- und Schifffahrt sind Leuchtsignale immer noch gängige Methoden. Und was wäre eine Papstwahl ohne weißen Rauch? – Stichwort: Habemus papam.

Gemäß einem Forschungsprojekt von Experimental-Archäologen wäre es mit heutigen Mitteln möglich, eine Verbindung von Leuchtsignalen über die Strecke von Cuxhaven bis an die Zugspitze mit gerade mal 15 Stationen zu überwinden.

Silke Hable lädt nach ihrem Vortrag die Gäste zu einem der rund 20 Lärmfeuer Veranstaltungen im Odenwald ein. Sie betont, dass es in der heutigen Zeit der schnellen und oftmals überflüssigen Kommunikation nicht schadet, sich an die Römer zu erinnern, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten über weite Strecken nur wichtige Dinge kommunizierten. Vor allem für Jugendliche sollte dies ein Denkanstoß sein.

Kommende Vorträge „Unser Odenwald“:

27. April um 19.30 Uhr „Ludwig Bogen“

8. Juni um 19.30 Uhr „Wildes Kraut im Odenwald“

24. August um 19.30 Uhr „Das Schicksal des Bauern List“

Anmeldung:

Kulturamt Michelstadt
Telefon: 06061-74-620
E-Mail: anmeldung(at)michelstadt.de