KOMMENTAR: Wahlkampf-Jeremiaden verfehlen die Fakten
ERBACH. - In Wahlkampfzeiten liegen die Nerven der Kandidaten bisweilen schon mal blank. Das ist absolut verständlich. Schließlich ist jeder Bewerber darauf bedacht, im öffentlichen Ansehen Punkte zu sammeln. Dass man dabei allerdings zu verbalen Rundumschlägen ausholt, ist aktuell nur Buschmann-spezifisch.
Was sich der amtierende Kreisstadtbürgermeister seit Jahresbeginn an Verdächtigungen und Unterstellungen insbesondere gegen Mitglieder des von ihm geführten Magistrats, seiner Verwaltung, der völlig souveränen Stadtverordnetenversammlung und auch gegen seine Mitbewerber im Wahlkampf leistete, ist des Guten schon jetzt deutlich zu viel.
Mit „Vertrauensbruch bezüglich des Magistrats“ Ziel weit verfehlt
Den Gipfel seiner bisherigen Fehlleistungen in diesem Bereich leistete sich Harald Buschmann am Wochenende mit der Beantwortung einer Presseanfrage zu einem Unterschlagungsfall im Erbacher Rathaus (siehe dazu Bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews).
Wenn der amtierende Bürgermeister schreibt „Die nächste Wahlkampfwelle rollt. Normalerweise würde ich Sie damit auch gar nicht behelligen, jedoch ist leider die nächste Indiskretion und damit ein Vertrauensbruch bezüglich des Magistrats verbunden“, schießt er damit weit über das Ziel hinaus.
Dies umso mehr, als er in seinem Rundschreiben selbst erklärt, es seien Fraktionsvorsitzende, Stadtverordnetenvorsteher und mehrere Verwaltungsmitarbeiter im Rathaus und auch der Odenwälder Kreisverwaltung in den Vorfall involviert gewesen.
Daraus dann ein Gremium heraus zu deuten und einen „Vertrauensbruch bezüglich des Magistrats“ zu konstruieren, ist mehr als impertinent. Loyalität, das sollte ein Bürgermeister nach fast 18-jähriger Amtszeit wissen, ist niemals eine Einbahnstraße, und kann nur von beiden Seiten gleichermaßen gepflegt werden.
Eigene „Fürsorgepflicht“ konterkariert
Und wenn in diesem Zusammenhang etwas konterkariert worden sein sollte, dann zweifellos vom Kreisstadtbürgermeister selbst: Während er bekundet „es war mir von Anfang an wichtig, im Sinne der Fürsorgepflicht für alle Mitarbeiter, sachlich, fair und vertraulich vorzugehen“, dann stellt sich die unweigerliche Frage, weshalb er jetzt alle Details zu diesem Vorgang offenlegt, obwohl er von Seiten des fragenden Journalisten das Angebot zur Rücksichtnahme erhalten hatte.
Noch kurioser ist der von ihm in Zusammenhang gestellte „bemerkenswerte gleiche Zeitkorridor der Anfrage“ zu einer „Wahlkampfsprechstunde einer meiner Gegenkandidaten“.
Was glaubt Herr Buschmann wohl, hat eine Journalistenanfrage aus Reichelsheim zu einem Unterschlagungsfall in der von ihm geführten Stadtverwaltung mit einer zeitgleich stattfindenden Sprechstunde eines seiner Mitbewerber zur Bürgermeisterwahl in Erbach gemein? Ein seltsames Konstrukt aus der Buschmann'schen Ideenschmiede!
Inkompetenz des Verwaltungschefs?
Dass ein Unterschlagungsfall im öffentlichen Dienst weder die Kolleginnen und Kollegen des unlauteren Mitarbeiters noch den Verwaltungschef amused ist völlig unbestritten und kann dahingestellt bleiben.
Wenn sich ein solcher Fall allerdings jahrelang quasi als schleichender Prozess im Rathaus zu einer gewaltigen Summe im sechsstelligen Bereich aufbaut, dann stellt das die Kompetenz eines Verwaltungschefs sehr wohl in Frage.
Insbesondere dann, wenn er in seiner aktuellen Presseerklärung festhält „Die Gremien ….. insgesamt sind und waren zu jeder Zeit informiert“ und sich in seinem mitgelieferten Protokoll selbst ad absurdum führt.
Dort führt er aus: „25.10.2017 Herr Leisentritt, Revisionsamt des Odenwaldkreises, wurde über den aktuellen Sachstand (Anmerkung: Schadenssumme 111.775 Euro) informiert“. Der Magistrat als Entscheidungsgremium wurde erst um eine Woche zeitversetzt am 1.11.2017 „per email über die erfolgte Prüfung mit Schadensausweitung auf 111.775,03 Euro sowie über die geplanten nächsten Schritte“ in Kenntnis gesetzt“. Ist das etwa nach Buschmann-Lesart „zu jeder Zeit informiert“?
Eigene Vernebelungstaktik ursächlich für zeitlichen Zusammenhang
Die aktuell erneut an Harald Buschmann aufkommende Kritik sowohl der jahrelangen wettbewerbsfreien Auftragsvergabe an seinen Wahlkampfmanager Johannes Kessel als auch des aktuellen Unterschlagungsfalles hat ausschließlich er zu verantworten.
Seine Jeremiaden bezüglich des zeitlichen Zusammenhangs mit der bevorstehenden Bürgermeisterwahl am 4. März diesen Jahres basieren schlichtweg nur auf seiner seither praktizierten Vernebelungstaktik.
So stellte er explizit seine Antwort auf eine Anfrage der Fraktion der Bündnis-GRÜNEN im Erbacher Stadtparlament vom 14. November 2013, und damit noch weit entfernt vom Wahltermin 4. März 2018, entgegen jeder kommunalrechtlichen Basis unter „Datenschutz“ und „ausdrückliche Verschwiegenheitspflicht“ und verhinderte damit die gebotene Transparenz der mit Haushaltsmitteln finanzierten Aufträge an seine Wahlkampfagentur.
Aufträge an „seine Exklusivagentur“ nahmen zwielichtige Fahrt auf
Dass Harald Buschmann seine damaligen Kritiker damit ruhig stellen konnte, mag seinem rhetorischen Geschick und seiner theologischen Ausbildung geschuldet sein. Es ändert jedoch nichts an seinem zweifelhaften Umgang mit Recht und Gesetz bei diesen „freihändigen“ und gestückelten Auftragsvergaben in horrender Höhe ohne Gegenangebote.
Zumal die an „seine Exklusivagentur“ vergebenen Aufträge gerade im vergangenen Jahr (und somit ein Jahr vor dem nächsten bevorstehenden Wahlkampf) erneut zwielichtige Fahrt aufgenommen haben.
„Wer zur Täuschung eine unechte Urkunde herstellt, verletzt die Sicherheit und Prüfbarkeit des Rechtsverkehrs“, heißt es dazu im Gesetz. Ob Harald Buschmann mit der Rückdatierung der Auftragsscheine an seine Wahlkampfagentur eine solche Täuschung begangen hat, bedarf noch der juristischen Aufklärung.
Zwielichtige Rolle in Standortmarketing-Affäre bereits aufgeklärt
Bereits aufgeklärt ist seine zwielichtige Rolle in der Odenwälder Standortmarketing-Affäre. Dort hat Harald Buschmann gemeinsam mit dem früheren Landrat Dietrich Kübler und seinem Reichelsheimer Bürgermeisterkollegen Stefan Lopinsky aktive Akquise für Johannes Kessel, den Inhaber der für alle drei Wahlbeamten tätigen Wahlkampfagentur Lebensform betrieben.
Die „Kessel-Connection“ wollte damals auch in einer „Geheimsitzung“ im Büro der Agentur eine Lebensform-kritische Geschäftsführerin einer Kreistochter durch einen Lebensform-affinen Verwaltungsmitarbeiter aus Reichelsheim ersetzen.
Auch aktuell sollen diese Akquiseversuche im kommunalpolitischen Bereich wieder fröhliche Urständ erfahren durch die „Kessel-Connection“ mit Harald Buschmann und seinen weiteren Lebensform-Kunden aus dem Kollegenkreis, auch wenn jetzt vielleicht etwas geschickter und nicht mehr ganz so plump wie zu Ex-Landrat Küblers Zeiten.
Geldverschwendung ist sehr wohl ein Wahlkampfthema
Die gemeinsame Akquise Küblers, Buschmanns und dem Lebensform-Inhaber wurde zuletzt vor wenigen Wochen im Dezember von Michelstadts Bürgermeister Stephan Kelbert im Zeugenstand des Kübler-Prozesses vor dem Amtsgericht Michelstadt bestätigt. Da stellte selbst der Vorsitzende Richter erstaunt die Frage: „Ist es die Aufgabe eines Landrats und eines Bürgermeisters, auf Akquisetour für eine Werbeagentur zu ziehen?“
Die aus diesen damit einmal mehr öffentlich gewordenen Vorgängen resultierende erneute Anfrage zweier im Erbacher Stadtparlament vertretener Fraktionen zur Geschäftsbeziehung der Stadtverwaltung mit besagter Werbeagentur sind mithin keineswegs willkürlich oder politisch motiviert, sondern nichts als der ureigenen Pflicht der Stadtverordneten zur Überwachung der Verwaltung geschuldet.
So steht der zeitliche Zusammenhang zur bevorstehenden Bürgermeister-Direktwahl in Erbach uneingeschränkt in Buschmanns Eigenverantwortung. Und Aufklärung über Geldverschwendung aus einem kommunalen Haushalt ist sehr wohl auch ein Thema im Bürgermeister-Wahlkampf. Da hilft auch keine noch so beeindruckend vorgetragene Jeremiade des Amtsinhabers Harald Buschmann.