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„Intelligenz des Sehens“ und „Abwesenheit von Farbe“

Die Galeristin Veronica Kautsch zwischen Schwarz und Weiß der beiden ...

... Kunstschaffenden Matthias Lutzeyer und Norvin Leineweber. Fotos: Ernst Schmerker

Norvin Leineweber und Matthias Lutzeyer stellen in der Galerie Kautsch in Michelstadt aus

MICHELSTADT. - Welcher Stellenwert Kunst auch in coronabedingten Zeiten einnimmt, wird in der Galerie Kautsch an der Mauerstraße 11 deutlich, wo die gegenwärtige Ausstellung mit Objekten von Norvin Leineweber und unter den Titel „Die Abwesenheit von Farbe“ Malerei von Matthias Lutzeyer bis 16. Mai verlängert wird.

Der 1966 in Rees geborene Leineweber hat von 1976 bis zum Abitur 1985 das Collegium Augusti-nianum Gaesdonck besucht.

Von 1987 bis 1994 studierte er an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf, zuletzt als Meisterschüler von Günther Ückers.

Nach einem Studienjahr bei Stanislav Kolibal an der Kunstakademie Prag war er ab 1995 Stipendiat im Atelierhaus Bonn.

Von 2002 bis 2008 unterrichtete Leineweber am Lehrstuhl für Plastik an der RWTH Aachen. Seit 1995 hat er seine Arbeiten in zahlreichen Ausstellungen präsentiert.

Beim Kunst-am-Bau-Wettbewerb für den Deutschen Bundestag wurde ihm der erste Preis zuerkannt.

Weißes Papier, mehr braucht Norvin Leineweber eigentlich nicht, um ein schlüssiges künstlerisches Konzept vor Augen zu führen. Es geht ihm um das Wahrnehmungsbild, die „Intelligenz des Sehens“.

Dickes Papier beispielsweise wird lediglich leicht geknickt und beschnitten. Je nach Blickwinkel ergeben sich unterschiedliche Schattenwürfe und Aufsichten auf die monochrome Oberfläche.

Eben weil die Bewegung des Betrachters eine Rolle spielt, versteht sich Leineweber als Bildhauer. Mit seinen Bildern thematisiert Leineweber die Beschaffenheit des Raumes.

„Es gibt keine absolute Wahrnehmung“, ist der Künstler überzeugt. Seine Praktiken beruhen auf der Askese. Die Serie entwickelt das Spiel von Wiederholungen und Variationen durch die Differenz: ein Knick, eine Linie, eine Wölbung, eine Krümmung, die sich in die Fläche einzeichnen und sich im Übergang zur nächsten Figur nur unmerklich verändern, sodass man immer wieder zurückkehren, den Blick wenden, Vergleiche ziehen und das Auge neu justieren muss.

Es sind nicht einfach die Leere oder die bloße Materialität der Farbe, das Nichts und der Überschuss, die Leineweber faszinieren, sondern die Gesten einer minimalen Differenzsetzung, die in der Fläche den Eindruck von Räumlichem und im Räumlichen die Wirkung einer Instabilität hervortreten lassen.

Matthias Lutzeyer, 1959 in Stuttgart geboren, studierte an der Freien Kunstschule Stuttgart (1980) und an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart (1981-1988).

Seit 2004 Mitglied im Deutschen Künstlerbund und seit 2018 im Künsterbund Baden-Württemberg. Er lebt und arbeitet er in Stuttgart.

Er war 1986 Preisträger beim Wettbewerb der Kunststudenten in Alpirsbach, Stipendiat des Deutsch-Französischen Jugendwerkes an der Ecole Nationale Superieure des Beaux Arts in Paris (1988 bis 1989) und Gewinner des Ideenwettbewerbes für eine Freiplastik bei den Universitätssport-anlagen in Stuttgart (1990).

Die Arbeiten von Matthias Lutzeyer sind schwarz. Eine Farbe, ein Zustand. Aber dieser Zustand ist durchwühlt von Bewegung, immer zwischen gerichtet und ungerichtet.

Vor allem gibt es einen Übergang zwischen Objekt und Bild. Letztlich werden diese schlackeartigen, klumpenartigen Objekte doch zu Bildern, zu Malerei, weil sie ihre Greifbarkeit und Plastizität verlieren.

Die lichtschluckende „Farbe“ Schwarz verbindet sich mit der durchfurchten, schlammartigen Tiefe des Objekts, Schwarz als Schatten und Schwarz als Farbe.

Die Bilder von Lutzeyer haben etwas Offenes und Dynamisches und zugleich etwas Kompaktes und Zuständliches. Die Qualität dieser Arbeiten liegt eben darin, dass sie Übergänge verkörpern und damit auf sinnliche Weise unsere Kategorien auflösen.

Im individuellen Gestaltungsprozess lotet Lutzeyer jedoch in vielfältigster Weise die Grenzen und Übergänge zwischen materialeigenen Formtendenzen und gestalterischen Eingriffen aus.

Das Ergebnis sind Werke, die sich in geheimnisvoller Weise in einer Zone zwischen Natur und Kunstprodukt bewegen, zwischen halbwillkürlich entstandenem Industrierückstand und bewusst präsentiertem Ausdrucksträger.

Geöffnet ist die Galerie mittwochs bis freitags von 15 bis 18 Uhr, samstags von 12 bis 16 Uhr und nach telefonischer Vereinbarung unter 06061-12361.