Windpark Greiner Eck: Zwei Ölunfälle mit Baufahrzeugen im Natur- und Wasserschutzgebiet
Aktuelle Vorfälle an der Baustelle des Windparks >Greiner Eck< werden unterschiedlich dargestellt und teilweise auch verschwiegen: Strafanzeige wegen Umweltvergehen erstattetNECKARSTEINACH / HIRSCHHORN. - Der gerade entstehende umstrittene Windpark >Greiner Eck< sorgt weiter für Furore: Zu Wochenbeginn gab es dort am Montag, 20. Februar, und Dienstag, 21. Februar, zwei Ölunfälle, wobei am Dienstag „4.000 bis 5.000 Liter eines Öl-Wassergemischs im Erdreich versickerten“, wie ein Augenzeuge berichtet.
„In dem sensiblen Natur- und Wasserschutzgebiet kommt dies einer Umweltkatastrophe gleich“, sagt Peter Geisinger, Vorsitzender von >Vernunftkraft Odenwald e.V.<, der gemeinsam mit mehreren Mitstreitern jetzt hauptsächlich die nicht wahrgenommene Informationspflicht der Behörden anprangert.
Feuerwehr deicht Ă–l-Wassergemisch ein
In der Tat gab es zum zweiten, am Dienstag erfolgten, nicht unerheblichen „Betriebsunfall“ in diesem Schutzgebiet zunächst keinerlei offizielle Informationen. FACT-Recherchen zufolge habe am Dienstag gemäß Augenzeugenbericht an einem der vor Ort eingesetzten Fahrzeuge ein geplatzter Hydraulikschlauch „einige Liter Öl freigesetzt, das mit reichlich Regenwasser vermischt, talwärts strömte“.
Die alarmierten Freiwilligen Feuerwehren der beiden Neckarsteinacher Stadtteile Grein und Darsberg hätten versucht, die Trinkwasser gefährdenden Ströme einzudeichen, „ohne allerdings verhindern zu können, dass die für die Trinkwasserversorgung von immerhin fünf umliegenden Städten und Gemeinden gefährliche Flüssigkeit das Erdreich durchdrängte“.
Auch hinzugezogene Spezialisten der Heddesheimer Firma Biotec-Umweltservice GmbH hätten „zunächst keinen Rat gewusst, wie das Eindringen des Öl-Wassergemischs in das Erdreich verhindert werden könnte“, berichtet der Augenzeuge.
BĂĽrgermeister Herold Pfeifer relativiert
Deutlich anders dagegen die Darstellung des Neckarsteinacher Bürgermeisters Herold Pfeifer, der auf FACT-Nachfrage berichtet, es sei bereits am Montag zu einem Ölunfall „auf dem befestigten Weg zum Windpark“ gekommen. Da sei der Fahrer eines Baustellenfahrzeugs mit seinem LKW etwas vom Weg abgekommen, wobei die Ölwanne des Wagens aufgerissen wurde. Austretendes Öl habe sich auf dem weiteren Fahrweg bis zum Ziel am Windpark in geringer Menge verteilt.
Diese Verunreinigung habe der Vorarbeiter des Bautrupps mittels eines Baggers abtragen und aufnehmen sowie in einem Container deponieren lassen. Der Container selbst sei auf befestigtem Grund abgestellt, der mittels einer Spezialfolie gegen Verunreinigung des Erdreichs gesichert sei.
Bereits einen Tag später, am Dienstag, sei aus einem geplatzten Hydraulikschlauch eines Muldenkippers, der den Container abholen wollte, „ebenfalls auf befestigtem Grund etwa ein halber Liter Öl aus dem defekten Schlauch ausgetreten“. Auch hier habe der Vorarbeiter „umsichtig reagiert“ und die Feuerwehren aus Grein und Darsberg alarmiert. Diese hätten „einen Ministausee mittels Lehm gebaut, um das mit Regenwasser vermischte Öl einzudeichen“.
„Die Fachfirma hat noch am späteren Dienstagabend den dünnen Ölfilm auf dem Wasser des von der Feuerwehr angelegten Ministausees abgesaugt und entsorgt“, wie Herold Pfeifer berichtet. Das eingedeichte Wasser selbst sei einen Tag später, am Mittwoch, abgepumpt und entsorgt worden.
Untere Wasserschutzbehörde blockt Informationen
Nachfragen der FACT-Redaktion bei der Unteren Wasserbehörde beim Landratsamt des Kreises Bergstraße in Heppenheim zu diesen Ereignissen wurden zunächst geblockt. Die Pressestelle beim Landratsamt bestätigte schließlich am heutigen Nachmittag die Vorfälle ohne nähere Einzelheiten zum Ereignis vom Dienstag bekannt zu geben.
Pressesprecherin Christin Asel teilte nach Rücksprache mit Landrat Christian Engelhardt mit: „Auf einer Zufahrtsstrecke zum Windpark Greiner Eck ist es zu einer Beschädigung eines Kurierfahrzeuges gekommen, in Folge derer Motoröl ausgetreten ist.
Unter Zuhilfenahme eines vor Ort befindlichen Baggers konnte verunreinigtes Schottermaterial direkt aufgenommen werden und in einem Container zur Entsorgung bereitgestellt werden. Das Gesundheitsamt und die Untere Wasserbehörde wurden über den Vorfall informiert.
Da der Ölaustritt auf einer verdichteten Fahrbahndecke erfolgte und das kontaminierte Material unmittelbar aufgenommen werden konnte, ist nicht von einer nachhaltigen Schädigung des Bodens bzw. des Grundwassers auszugehen.“ Das Unternehmen sei verpflichtet die Behörden über die ordnungsgemäße Entsorgung in Kenntnis zu setzen.
„Der Unteren Wasserbehörde wurde zwischenzeitlich ein weiterer Vorfall von ausgetretenem Öl am Greiner Eck gemeldet. Zum aktuellen Zeitpunkt können dazu noch keine Informationen herausgegeben werden“, heißt es jedoch zum Ölunfall vom vergangenen Dienstag.
Polizeisprecherin: „Fachkommissariat prüft die Strafbarkeit des Vorfalls“
Auskunftsfreudiger zeigte sich hingegen dazu die Pressesprecherin der Polizeidirektion Südhessen in Darmstadt, Christiane Kobus. Sie berichtete von „ausgelaufenem Öl, das aufgefangen wurde, aber wohl auch das Erdreich kontaminiert“ habe.
Es werde derzeit geprüft, „wieviel Erdreich abgetragen werden muss“. Die Untere Wasserbehörde beim Landratsamt des Kreises Bergstrasse in Heppenheim sei mit der Klärung vor Ort beauftragt. „Unser Fachkommissariat prüft derzeit die Strafbarkeit des Vorfalls“, sagte die Pressesprecherin.
Anwalt der BĂĽrgerinitiative erstattet Strafanzeige
Zwischenzeitlich hat der Anwalt der Bürgerinitiative Greiner Eck e.V., Dr. Stefan Glatzl (Bensheim), Strafanzeige bei Polizei und Staatsanwaltschaft Darmstadt gestellt wegen einer Straftat nach § 324a (*) Strafgesetzbuch und die Vorfälle auch beim Regierungspräsidium Darmstadt als der zuständigen bauüberwachenden Behörde beim Windpark Greiner Eck angezeigt.
* INFO zu § 324a Strafgesetzbuch (StGB):
Bodenverunreinigung
(1) Wer unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten Stoffe in den Boden einbringt, eindringen läßt oder freisetzt und diesen dadurch
- 1. in einer Weise, die geeignet ist, die Gesundheit eines anderen, Tiere, Pflanzen oder andere Sachen von bedeutendem Wert oder ein Gewässer zu schädigen, oder
- 2. in bedeutendem Umfang
verunreinigt oder sonst nachteilig verändert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.