BUND: „Schwere Versäumnisse in Lützelbach aufgedeckt“
LÜTZELBACH. - „Die Gemeindevertretung von Lützelbach hat im November 2001 den Bebauungsplan 'Hochstraße - Spessartstraße' beschlossen, seit dem 27.09.2002 - also seit 15 Jahren - ist der Plan rechtskräftig. Er regelt die Bebauung des Ortsrandes an der Eisenbacher- und dem Ende der Spessartstraße, die inzwischen bis auf drei Gebäude realisiert ist“, berichtet der BUND Odenwaldkreis.
„Da die Bebauung dieser Fläche mit erheblichen negativen Auswirkungen für Natur und Umwelt verknüpft war, wurden im Plan Maßnahmen zur Minderung der Umweltschäden festgesetzt. Die Aufsicht und Kontrolle dieser naturschutzfachlichen Festsetzungen liegt bei der Gemeindeverwaltung Lützelbach.“
14 Jahre nach Inkrafttreten des Planes stellt der BUND Odenwald fest, dass die Bebauung zu 70% erfolgt ist, dass aber die Gemeinde die Maßnahmen zur Entwicklung von Natur und Umwelt nicht umgesetzt habe.
„Diese haben als Ortsrecht dieselbe Geltung wie die Vorschriften zur Bebauung der Grundstücke. Wichtig ist zudem, dass die Erschließung eines Neubaugebietes zu 75% an der gesamten Naturzerstörung beteiligt ist, die einzelnen Gebäude tragen nur zu etwa einem Viertel zu der negativen Bilanz bei.“
Im Einzelnen sei ein Heckenzug von 2 bis 3 m Breite am Ortsrand nicht gepflanzt worden, stattdessen die Flächen auf den Privatgrundstücken überwiegend mit Nebenanlagen wie Carports oder Gartenschuppen bebaut.
„Die Gestaltung des Straßenraumes durch hochstämmige Laubbäume und die Gartengestaltung durch große Obstbäume sind nicht realisiert worden. Am gravierendsten ist die auf einem 1.190 qm großen Grundstück im Plan festgesetzte Erhaltung und der Ausbau einer Streuobstwiese.
Insgesamt etwa 1.900 qm Fläche im Baugebiet 44 hochstämmige Bäume wurden seinerzeit für den Umweltschutz zur Verfügung gestellt – aber offenbar nur auf dem Papier.“
BUND-Sprecher Harald Hoppe: „Die Gemeinde hat im Planungsprozess selbst eine enorme Beeinträchtigung der Umwelt durch ihre Planung festgestellt. Durch die getroffenen Festsetzungen wurde der Plan erst in Einklang mit den Vorgaben des Baugesetzbuches gebracht.
Die Gemeindevertretung hat beim Satzungsbeschluss die Bedenken der Naturschutzverbände, hier handele es sich um eine reine Alibiplanung, zurückgewiesen. Es wurde betont, die Beschlüsse würden auf jeden Fall bald umgesetzt und damit der Naturschaden minimiert.“
Der Umweltverband beziffert den durch die Nichtrealisierung der Umweltauflagen entstandenen Schaden auf 110.000 Euro. Hoppe: „Soviel waren bei der Planaufstellung die Verbesserungen für die Umwelt wert.“ Allein die geplante Erhaltung der Streuobstwiese am Ortsrand habe sich als Flop erwiesen. „Ein einziger Baum wurde nachgepflanzt, ansonsten passierte dort – nichts.“
Das Lützelbacher Verhalten sei im Odenwaldkreis gängige Praxis. Durch Duldung oder Förderung durch die Landräte der letzten 20 Jahre seien die Kommunen in der Haltung bestärkt worden, dass Umweltgesetze wegen der fehlenden Sanktionsmöglichkeiten zum Ignorieren gemacht seien.
„Ein Ingenieurbüro aus Groß-Zimmern ist in fast allen Kreiskommunen tätig und verwendet standardisierte Festsetzungen in allen Bebauungsplänen zum Naturschutz, die dann folgenlos von fast allen Verwaltungen ignoriert werden können.“
Die Untere Naturschutzbehörde habe dies im Januar diesen Jahres öffentlich bestätigt. 90% aller derartigen Festsetzungen im Kreis würden ignoriert. Im vorliegenden Fall komme die offenbare 'Amtshilfe' des Kreisbauamtes beim Konterkarieren des Umweltschutzes hinzu.
Hoppe: „Wenn in so gut wie keinem Fall die Pflanzbindungen auf privaten Baugrundstücken verwirklicht wurden, dann kann das nur heißen, dass bei der Baugenehmigung diese Festsetzungen durch Ausnahme oder Befreiung flächendeckend außer Kraft gesetzt wurden. Damit haben Kreisbauamt und kommunales Bauamt entweder nur versagt oder aktiv die Umweltauflagen ausgehebelt.“
Der BUND habe die Gemeinde aufgefordert, endlich den Festsetzungen zum Umweltschutz in dem Bebauungsplan Geltung zu verschaffen.