NEWS

Grenzen Àndern sich, Gemeinde bleibt

Gemeinsame Feier zum 130-jÀhrigen Bestehen - ohne Abgesang, ohne vorgezogenen Abschied zur Grenzanpassung. Foto: Bernhard Bergmann

BULLAU. - Die Bullauer Kinder zeigten ganz deutlich, was das heißt: dass die Ernte eingefahren wird. Mit einem großen, voll und bunt beladenen Handwagen – darauf ein KĂŒrbis, Äpfel, Zucchini, Zwiebeln, Kastanien, KrĂ€uter und anderes mehr – zogen sie in die evangelische Kirche des Erbacher Höhenstadtteils ein, wo nicht nur Erntedankgottesdienst gefeiert wurde, sondern zugleich das Fest 130 Jahre Evangelische Kirchengemeinde Schöllenbach-Bullau.

Nun sind 130 Jahre nicht gerade eine klassische JubilÀumszahl, aber sie zu feiern gab es dennoch einen besonderen Grund, wie Kirchenvorstandsvorsitzender Thomas Ihrig den GÀsten in dem vollbesetzten Gotteshaus erklÀrte: Zum Jahresende wird sich die Kirchengemeinde auflösen, weil Schöllenbach dann kirchlich zu Beerfelden (und damit wie auch kommunal zu Oberzent), Bullau hingegen zur Erbacher Kirchengemeinde gehören wird.

Darum war auch die Erbacher Kirchenvorstandsvorsitzende Regina Stellwag zu dem Festgottesdienst gekommen, den sie zusammen mit ihrem Amtskollegen Thomas Ihrig, Pfarrer Roland Bahre, Vikarin Lara SchĂŒtz (beide Beerfelden) und der ehemaligen, jetzt im Ruhestand befindlichen Schöllenbach-Bullauer Pfarrerin Claudia Borck feierte.

Diese gemeinsame Feier sollte sehr bewusst kein Abgesang, kein vorgezogener Abschied werden. Zwar, so zeigte Ihrig auf, liege natĂŒrlich ein wenig Wehmut ĂŒber diesem Tag, „aber wir wissen: Grenzen Ă€ndern sich, die christliche Gemeinde bleibt“ – weit ĂŒber die Zuordnung zu konkreten Orten hinaus. „Gott bleibt das Zentrum unserer Gemeinschaft“, so Ihrig weiter.

Und mit Bezug auf das Bibelzitat, welches an der Sonnenuhr auf der sĂŒdlichen Außenwand der Bullauer Kirche zu lesen ist, fĂŒgte er an: „‚Meine Zeit steht in Deinen HĂ€nden‘, das gilt fĂŒr uns als Kirchengemeinde, darauf verlassen wir uns, darauf vertrauen wir.“

GegrĂŒndet worden war die Gemeinde am 1. April 1893. Damals befanden sich die isoliert und weitab gelegenen Orte Schöllenbach und Bullau in relativer NĂ€he zueinander, und so lag es auch nahe, sie kirchlich zusammenzuschließen – altehrwĂŒrdige KirchengebĂ€ude gab es in beiden Orten.

Die etwa neun Kilometer lange Verbindung durch den Wald war in jener Zeit, in der man an Straßen heutiger QualitĂ€t noch nicht einmal dachte, auch nicht schlechter als andere.

Das hat sich mittlerweile geĂ€ndert. FĂ€hrt man heute auf guten Straßen von Schöllenbach ĂŒber den KrĂ€hberg, Hetzbach und Erbach nach Bullau oder umgekehrt, sind das allerdings 28 Kilometer.

Einblick in die 13 Jahrzehnte Geschichte der Kirchengemeinde gibt die 40-seitige, reich bebilderte Festschrift, die Ruhestandspfarrer Dieter Borck erstellt hat. Sie wurde bei dem an den Gottesdienst anschließenden Gemeindefest im benachbarten Dorfgemeinschaftshaus prĂ€sentiert.

Kirchenvorstandsvorsitzender Thomas Ihrig dankte Dieter Borck, der wie schon öfter bei solchen Gelegenheiten viel MĂŒhe in die Recherche und Zusammenstellung investiert hat.

Musikalisch gestalteten den Gottesdienst ein kleiner Kinderchor, den Kirchvorsteherin Doris MĂŒller auf der Gitarre begleitete, sowie Gundula Martz an der Orgel.