Heftiger Widerstand gegen Straßenausbaubeiträge
Starke Bürgerinitiative bringt Reichelsheimer Gemeindeparlament samt Bürgermeister Lopinsky zum NachdenkenREICHELSHEIM / ODENWALDKREIS. - Im November des vergangenen Jahres klang Bürgermeister Stefan Lopinsky (RWG) noch etwas anders, als er im Rahmen einer Bürgerversammlung ausgeführt hatte, an einer massiven Beteiligung der Reichelsheimer Bürger an Straßenbaukosten führe kein Weg vorbei.
Als erste Baumaßnahme war der Eberbacher Weg auserkoren worden. Nach den sehr kurzfristigen und noch ungenauen Informationen aus dem Rathaus errechneten sich die zunächst betroffenen 30 Anwohner je nach Grundstücks- und Häusergröße Eigenanteile bis zu 40.000 Euro und protestieren spontan.
Vor allem richtete sich ihr Groll dagegen, dass sie nach eigenen Angaben erst gut zwei Wochen vor geplantem Baubeginn informiert worden waren.
Bürgermeister Lopinsky versuchte die Gemüter mit dem Hinweis zu beruhigen, dass die Kosten wahrscheinlich niedriger ausfallen würden und die Anwohner bis zur Endabrechnung zwei Jahre Zeit zum Sparen hätten. Was nicht zur Beruhigung der Betroffenen geführt hatte.
Mittlerweile haben sich die Wogen ein wenig geglättet, und aus der Gruppe der Protestierenden entwickelte sich die Bürgerinitiative „Gemeinsam gegen Straßenbeiträge". Aus der Konfrontation wurde eine geregelte Gesprächsrunde zwischen Gemeinde und Betroffenen, die am gestrigen Donnerstag, 17. Januar, ein drittes und öffentliches Treffen organisierte, an dem auch Bürgermeister Lopinsky teilnahm.
Aus Konfrontation wurde ein Gesprächskreis
Das Bürgerinteresse übertraf sämtliche Erwartungen der Protagonisten. Im Schwanensaal in Reichelsheim drängten sich über 120 Bürger, Kreis- und Gemeindepolitiker. Als Gast referiert Andreas Schneider aus Linden bei Gießen, der 60 Bürgerinitiativen in ganz Hessen koordiniert und berät.
In angenehm sachlicher Atmosphäre berichtet er von anderen ähnlich gelagerten Initiativen, ihren Möglichkeiten und Erfolgen. Aber auch von Extremfällen, in denen Anwohner von ihren Kommunen zu Beitragszahlungen bis zu 60.000 und 88.000 Euro herangezogen worden waren.
Lopinsky erklärte, dass er die Sorgen der jetzt und auch später betroffenen Anwohner, es stehen noch mehr Straße zur Sanierung an, sehr gut nachvollziehen könne. Und er hoffe, dass er den Reichelsheimer Bürgern bald positive Nachrichten zukommen lassen könne.
Die Gemeinde hat sich inzwischen an die zuständigen Stellen der Landesregierung und an die politischen Parteien im hessischen Landtag gewandt mit der Bitte, die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen zu unterstützen.
Lopinsky sieht sich selbstkritisch im Besitz des „Schwarzen Peters“ in Sachen Straßenbeiträge und widersprach den Feststellungen nicht, dass die Landesregierung die Städte im Regen stehen lasse.
Der Kreistagsvorsitzende Rüdiger Holschuh (SPD) unterstützte die Position der betroffenen Bürger mit der Feststellung, dass gerade die Straßenausbaubeiträge äußerst ungerecht und unsozial seien.
Die Gemeinde sieht sich den Argumenten der Bürgerinitiative gegenüber, die auf eine Reihe hessischer Städte verweisen kann, in denen die Straßenausbaubeiträge völlig abgeschafft wurden. Nachdem die Landesregierung den Kommunen freigestellt hatte, die Beiträge abzuschaffen, verzichteten unter anderem Hanau, Bad Vilbel, Mörfelden-Walldorf, Bad Nauheim, Karben, Bebra, Gießen, Wetzlar und Hainburg darauf.
Unterdessen bleibt die BI „Gemeinsam gegen Straßenbeiträge" weiter aktiv. In Reichelsheimer Geschäften liegen bis zum 30. Juni Unterschriftenlisten aus und die Aktiven hoffen auf reichlich Unterstützung. Am 15. Februar findet das nächste Treffen der Bürgerinitiative statt und am 26. Februar eine öffentliche Gemeinderatssitzung.