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Landrat sieht Gefahr für politische Kultur

Frank Matiaske: Schwächung ländlicher Regionen stärkt Rechtspopulismus

ODENWALDKREIS. - Der Odenwälder Landrat Frank Matiaske sieht in der Vernachlässigung ländlicher Regionen eine massive Gefahr für das gesellschaftliche Zusammenleben und die politische Kultur in Deutschland. „Wer will, dass der Rechtspopulismus geschwächt wird, muss den ländlichen Raum stärken“, forderte er am Dienstagabend in einer Diskussion im Kloster Höchst.

Matiaske verwies zum Beispiel auf wirtschaftlich schwache Regionen Ostdeutschlands, in denen die AfD stark sei. „Ländlich geprägte Gebiete fühlen sich zunehmend abgehängt, auch in Westdeutschland“, mahnte der Landrat.

Ähnliches gelte für jene Regionen in Frankreich, aus denen der rechtspopulistische Front National seinen Stimmenzuwachs hole. Auch die populistisch geführte Brexit-Kampange in Großbritannien habe vor allem auf dem Land Früchte getragen, genauso wie es zuerst die ländliche Bevölkerung gewesen sei, die dem türkischen und dem amerikanischen Präsidenten zum Erfolg verholfen habe, sagte Matiaske in dem Gespräch über Werte, die Europa tragen. Dazu hatte die evangelische Kirche eingeladen.

Matiaske forderte die führenden Politiker im Bund und in den Ländern dazu auf, für gleiche Lebensbedingungen in Ballungsräumen und ihnen gegenüber benachteiligten Regionen zu sorgen. „Sonst werden populistische Kräfte an Einfluss gewinnen“, warnte er.

Vor allem müsse es in ländlichen Gebieten genug Arbeitsplätze geben. Nur so könne in Gegenden wie dem Odenwald, der Wetterau oder dem Vogelsberg dem demographischen Wandel wirksam entgegengetreten werden. Matiaske schlug vor, Bundes- oder Landesbehörden sowie Bundeswehrstandorte statt in Ballungszentren in ländlichen Regionen unterzubringen und nannte das Vorgehen der bayerischen Regierung als Vorbild.

Dort gibt es einen Masterplan für den ländlichen Bereich, der konsequent umgesetzt wird und mit Minister Söder unmittelbar bei der Spitze der Landesregierung angesiedelt ist. Matiaske führte ein weiteres Beispiel aus der direkten Nachbarschaft des Odenwaldkreises an: die Duale Hochschule Baden-Württemberg in Mosbach, der Kreisstadt des Neckar-Odenwald-Kreises mit rund 3.600 Studenten. „Das stärkt den ländlichen Raum enorm, und Studierende finden bezahlbaren Wohnraum.“

In Hessen werde demgegenüber aber „vor allem überlegt, wie man den schwierigen Verhältnissen in den Ballungszentren begegnen kann“, kritisierte Matiaske. Die Potentiale des ländlichen Raums würden viel zu wenig berücksichtigt, zum Beispiel beim Thema Wohnen.

„Es gibt genug Wohnraum, nur setzen wir mit der immer weiter voranschreitenden Stärkung von Ballungszentren an der völlig falschen Stelle an“, monierte Matiaske. Es müsse mehr für die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland getan werden, von der das Grundgesetz spreche. „Das ist eine Frage der Gerechtigkeit.“