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Erinnerungen passen nicht in Kisten

Sabine Jackwert geht und verlässt den Odenwald. In Michelstadt hatte die Dekanatsjugendreferentin über zwei Jahrzehnte lang ihren Dienstsitz. Foto: Bernhard Bergmann

Dekanatsjugendreferentin Sabine Jackwert geht in den Ruhestand

MICHELSTADT. - Sabine Jackwert hat in diesen Tagen ihre Umzugskisten gepackt. Denn sie zieht nun 400 Kilometer nach Norden ins Stift Fischbeck unweit von Hameln, wo sie Anfang Juni als Kapitularin offiziell in die dortige Gemeinschaft aufgenommen wird.

Nach mehr als 36 Jahren Dienst als Dekanatsjugendreferentin im Evangelischen Dekanat Odenwald (bis 2007 Dekanat Erbach) geht die 61-Jährige Ende Juni in den Ruhestand.

Was sie nicht in Kisten packen kann, sondern ohnehin stets bei sich trägt, sind Erinnerungen an mehr als dreieinhalb Jahrzehnte engagierter Arbeit: junge Menschen für den christlichen Glauben begeistern, gemeinsam entdecken, was durchs Leben trägt; Wege weisen und bereiten, Menschen ein Stück Wegs begleiten.

Als leidenschaftliche Netzwerkerin setzte sie sich auch darüber hinaus ein für die Belange von Kindern und Jugendlichen, etwa im Kreisjugendring, im Jugendhilfe-Ausschuss oder der Kinder- und Jugendförderung.

Und stets gehörte für sie zu ihrem Tätigkeitsfeld auch die Arbeit mit Erwachsenen: mit haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden „und natürlich mit den Eltern“, erzählt sie.

Als sie im Januar 1984 ihre Tätigkeit begann „haben sich Jugendliche noch mit einem Telefon mit Schnur dran verabredet. Es war ja auch ein anderes Jahrhundert“, sagt sie schmunzelnd.

In jenen Tagen waren die Kinder- und Jugendgruppen noch sehr gut besucht, auch die jährlichen Freizeit-Fahrten erfreuten sich großer Beliebtheit.

Das ist in den vergangenen Jahren deutlich weniger geworden, zuletzt kamen nicht mal mehr Freizeiten zustande.

„Junge Menschen haben heute volles Programm“, weiß sie; ein Großteil des Lebens spielt sich zudem auf kleinen Bildschirmen ab, aus den wirklichen Räumen sind – schon lange vor Corona – virtuelle geworden.

Gerne blickt sie auch auf groĂźe Veranstaltungen und Projekte zurĂĽck: 2012 fand in Michelstadt der Jugendkirchentag der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau statt, das Dekanat war Gastgeber, rund 4000 Jugendliche kamen, Sabine Jackwert mittendrin.

17 Jahre lang begleitete sie, sozusagen als Intendantin, „Radio B46“, das Projektradio der evangelischen Dekanatsjugend zum Michelstädter Bienenmarkt, jeweils zehn Tage lang.

„Ich habe über Jahre hinweg Leute gehabt, die verlässlich dabei waren“, sagt sie dankbar. Anders wäre es auch nicht gegangen.

Ideen spinnen, kreativ sein, auch als Erwachsener noch kindlich sein können, so begriff sie ihre Arbeit; „das Kind in einem Menschen ist ja noch da“, ist sie überzeugt.

Passend dazu hatte sie vor einigen Jahren die Idee, heute Erwachsene zu fragen, welche Erfahrungen aus der evangelischen Kinder- und Jugendarbeit ihnen fürs Leben wichtig geworden sind: unter dem Titel „aus evangelischen Wurzeln erwachsen“ kam da eine schöne Ernte zusammen.

Eine Krebserkrankung warf vor dreieinhalb Jahren einen Schatten auf Sabine Jackwerts Leben. Sie fehlte lange Zeit im Dekanat und berichtete eindrücklich von ihren Erfahrungen: wie das ist, wenn mit einer Diagnose von einem Augenblick zum nächsten alles anders wird.

Eine ihrer Antworten ist gewiss auch, dass sie etwas früher aufhört und einen ganz neuen Lebensabschnitt beginnt. Erlebnisse und Erinnerungen hat sie genügend beisammen, die, müsste man sie in Kisten packen, alleine einen Transporter füllen würden.