Wie Künstler Europa sehen
Neue Ausstellung im Odenwälder Landratsamt – Landrat Frank Matiaske: Wir dürfen die EU nicht kleinredenODENWALDKREIS / ERBACH. - Fest entschlossen wirkt der Stier in seinem Drang nach vorne. Zahllose Augenpaare schauen auf ihn, ein aus der griechischen Mythologie stammendes Symbol Europas. Welchen Weg wird der Kontinent gehen? Großformatig setzt Rubi de Lorenzi-Zeppenfeld das Geschehen ins Bild und verbindet es mit einer klaren Botschaft, denn der Titel des Gemäldes lautet „Europa ist der Wille, zusammen zu leben“.
Seit gestern hängt das Bild zusammen mit Werken von neun anderen Künstlern im Landratsamt. Die Schau unter der Überschrift „Europa zu Gast im Odenwald“ ist bis zum 9. Februar zu den üblichen Öffnungszeiten der Behörde zu sehen.
Außer de Lorenzi-Zeppenfeld haben sich Maria Eigl, Margarete Gerbig, Sigrid Gärtner, Wolfgang Häder, Corinna Panayi-Konrad, Kerstin Kumpf, Heide Schmidt-Zitzmann, Andreas Schmitt und Dorothee Schnarr Gedanken über Europa gemacht (siehe unten).
„Ich finde es faszinierend, wie die Kunstschaffenden ein Thema aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten und in Szene setzen“, sagte Ute Naas vom Kulturmanagement des Odenwaldkreises in der Vernissage, die von dem 13 Jahre alten Lovis Weller musikalisch begleitet wurde.
Anlass dafür, Europa ins Zentrum der Ausstellung zu rücken, ist die Unterzeichnung der Maastricht-Verträge vor 25 Jahren. Mit dem Vertragswerk wurde die EU begründet.
Landrat Frank Matiaske hob die Bedeutung einer starken EU für ein gedeihliches Zusammenleben der Völker hervor. „Viele Herausforderungen, etwa der Klimaschutz, lassen sich nicht national, sondern nur gemeinsam lösen. Wir dürfen die Europäische Union nicht kleinreden.“
Wie wichtig das Engagement für Europa dem Odenwaldkreis ist, zeigen auch die Partnerschaft des Kreises mit Falkirk, einer Region im Zentrum Schottlands, und das im Landratsamt angesiedelte Europe-Direct-Informationszentrum.
Dieses informiert Bürgerinnen und Bürger über aktuelle Themen der EU und organisiert Veranstaltungen. Es ist Teil eines europaweiten Informationsnetzwerks der Europäischen Kommission. Die Partnerschaft mit Falkirk besteht seit 1969 und wird von zwei Vereinen gestaltet: der Odenwald-Association auf der schottischen und der Schottland-Vereinigung auf der deutschen Seite.
Landrat Matiaske sagte, die Partnerschaft sei zu wichtig, als dass sie unter dem Ausstieg Großbritanniens aus der EU leiden dürfe. „Gerade angesichts des ,Brexits‘ werden wir noch enger zusammenrücken.“
Wie Naas ankündigte, wird die Gemeinschaftsausstellung 2018 kein internationales Thema haben, sondern sich mit Burgen und Schlössern im Odenwald befassen. Außerdem wird es im nächsten Jahr zwei Wander- und zwei Gedenkausstellungen geben.
Die ausstellenden Künstler:
Rubi de Lorenzi-Zeppenfeld aus Mossautal war bereits im April 2016 mit einer Ausstellung im Landratsamt zu Gast und zeigt in ihren Interpretationen zum Thema Europa einen neuen Stil. Eines ihrer Werke heißt „Europa ist der Wille, zusammen zu leben“ und zeigt in der Mitte einen Stier, dem aus der griechischen Mythologie stammenden Symbol Europas.
Auch Werke von Maria Eigl aus Michelstadt/Steinbuch waren schon im Landratsamt zu sehen. Hat sie vor zwei Jahren überwiegend gegenständlich nach Manier der alten Meister gemalt, haben ihre Bilder mittlerweile eine Leichtigkeit und sogar eine fantasievolle Note. Für diese Ausstellung hat sie eine „Bild-im-Bild“-Technik verwendet und das Flair von Venedig in Acryl festgehalten.
Sigrid Gärtner aus Erbach ist ebenfalls keine Unbekannte im Landratsamt. Sie war als Kursleiterin auch schon im europäischen Ausland und hat für die Ausstellung als Motiv den Zauber der europäischen Mittelmeerländer gewählt.
Margarete Gerbig aus Bad König beteiligte sich in diesem Jahr zum ersten Mal an den Tagen des Offenen Ateliers im Kultursommer Südhessen. Sie ist vertreten mit einer Collage in Acryl, die die Finanzkrise in Griechenland zum Inhalt hat.
Wolfgang Häder aus Breuberg/Neustadt ist vielen als Mitglied der Kunststation Breuberg bekannt. Er war lange Zeit Fachlehrer an den Beruflichen Schulen für Holz- und Elfenbein, widmet sich außer Holzskulpturen auch der Fotografie und verarbeitet Fotos zu Collagen – auch für diese Ausstellung.
Dem Betrachter der Werke von Kerstin Kumpf aus Lützelbach/Breitenbrunn fällt
ein ausgeprägtes Licht- und Schattenspiel auf. Ihre Landschaftsbilder mit Szenen aus Italien oder Österreich sind von einer Klarheit, die zum Verweilen einlädt.
Die Malerin und Grafikerin Corinna Panayi-Konrad aus Michelstadt/Weiten-Gesäß ist für ihre Farbexplosionen bekannt. Für die Ausstellung hat sie ihre Eindrücke aus der Toskana mitgebracht, wie gewohnt in kräftigen Acryl-Farben.
Heide Schmidt-Zitzmann aus Michelstadt stellt erstmals im Landratsamt aus. Sie wuchs im Erzgebirge auf und war von 1975 bis 1989 Lehrerin für Kunsterziehung und Deutsch im Kreis Oranienburg. 1989 floh sie mit ihrem Mann über Ungarn und kam in den Odenwald nach Michelstadt.
Bis 2015 war sie unter anderem Kunstlehrerin und richtete sich im Ruhestand ein eigenes Atelier ein. Sie stellt in einem ihrer Werke die Sage der Europa dar, wobei die Künstlerin eine bereits erstellte Collage mit vielen historischen Bauten Europas übermalt hat.
Andreas Schmitt aus Reichelsheim/Gumpen ist ebenfalls zum ersten Mal dabei. Er schildert in zehn Bildern die Geschichte eines Osteuropäers: des Wolfes. Er ist nun auch im Odenwald angekommen. Für das Ende seiner Bildergeschichte gibt es zwei Varianten: die Ausrottung des Wolfs oder – was Schmitt lieber wäre – die Möglichkeit einer Koexistenz.
Dorothee Schnarr aus Lützelbach war mehrfach in Europa unterwegs, etwa zu Studienaufenthalten in der Toskana und Südfrankreich oder zu Workshops in Polen. Sie präsentiert mehrere Interpretationen des Themas, etwa die europäische Vereinigung auf sportlicher Ebene, den letzten Zipfel der EU vor Afrika und ihre Sichtweise auf den Wandel, in dem sich Europa befindet.