„Was in Erbach passiert ist, hat kein gutes Licht auf den Kreis geworfen“
Erbacher Fahrrad-Posse auch Diskussionsthema im Odenwälder Kreistag: CDU-Kreisvorsitzender lobt Kompromissvorschlag, der in Erbach keine Mehrheit fand + + + Christdemokratische Antrag zur Beauftragung eines Rechtsgutachtens abgelehntODENWALDKREIS / ERBACH. - Die Fahrrad-Posse und die daraus resultierende Abkehr der Stadt Erbach von der ideellen Partnerschaft des Bündnisses >Odenwald gegen rechts< beschäftigte jetzt auch den Odenwälder Kreistag (siehe FACT-Bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews).
Bezug nahm die CDU-Kreistagsfraktion dabei auf „die öffentlich geäußerten Bedenken des Abgeordneten Gänssle“ in seiner Doppelfunktion im Erbacher- wie im Kreisparlament und wollte angesichts des noch immer existenten Schlagabtauschs zwischen den Beteiligten „die offenen Fragen zu den etwaigen juristischen Problemen einer Partnerschaft des Kreises und seiner Kommunen mit dem Bündnis >Odenwald gegen Rechts< im Wege eines Rechtsgutachtens von Fachanwälten für Verwaltungsrecht klären lassen“.
Die CDU-Fraktion verfolge damit zwei Anliegen, begründete Kevin Schmauß den entsprechenden Antrag der Christdemokraten. „Wir wollen erstens die anhaltende und für den Kreis und seine Kommunen schädliche Debatte schnellstmöglich beenden, indem wir durch das juristische Gutachten endlich eine von objektiven Experten erstellte Entscheidungsgrundlage schaffen.“
Zweitens wolle man „unsere demokratische Verantwortung ernst nehmen und den gebotenen Respekt vor unserem Grundgesetz zeigen“. Damit debattiere man im Grunde keine politische Frage, „sondern eine verfassungsrechtliche“. Wer die Politik über die Verfassung stelle, „der macht es genau falsch herum“, sagte Schmauß.
Was für die Kreisstadt Erbach als staatsrechtliche Körperschaft des öffentlichen Rechts gelte, müsse denklogisch auch für den Odenwaldkreis und seine restlichen Kommunen, die Partner des Bündnisses sind, gelten.
Es sei mithin für den Landkreis aufgrund der öffentlichen Äußerungen seines Repräsentanten und Haupt-und Finanzausschussvorsitzenden, Michael Gänssle, geboten zu klären, ob die in Erbach angenommene Verletzung des verfassungsrechtlich verankerten Rechts auf Chancengleichheit der Parteien tatsächlich vorliege und mithin allgemeiner Handlungsbedarf bestehe.
„Weiterhin haben die letzten Wochen gezeigt, dass der politische Streit das Potential birgt, dem Landkreis und seinen Kommunen zu schaden und sein öffentliches Ansehen bleibend zu schädigen.“
Ausdrücklich lobte der CDU-Sprecher und christdemokratische Kreisvorsitzende den im Erbacher Stadtparlament von der GRÜNEN-Fraktionschefin Christa Weyrauch eingebrachten Kompromissvorschlag das „Bündnis punktuell nur dort zu unterstützen wo das Neutralitätsgebot gewahrt bleibt“. Dieser Vorschlag war jedoch im Erbacher Parlament auch mit den CDU-Stimmen abgelehnt worden.
„Was in Erbach passiert ist, hat kein gutes Licht auf Erbach und den Kreis geworfen“, sagte auch SPD-Fraktionschef Raoul Giebenhain.
„Wir halten die Erbacher Entscheidung für eine Fehlentscheidung, denn das Bündnis >Odenwald gegen rechts< leiste „vorbildliche Arbeit“, für die es mehrfach, dabei auch vom Land Hessen, ausgezeichnet wurde. „Die Demokratie braucht eine breite Brandmauer gegen Extremisten“, betonte Giebenhain.
Diese Meinung stützte auch Frank Diefenbach (GRÜNE), der für seine Fraktion „eine Gleichstellung von Rechts- und Linksextremismus“ aufgrund jüngster Gewalttaten und Morde durch Rechtsextremisten ablehnte.
„Keine Indizien dafür, dass im Kreis die Neutralitätspflicht von einer Kommune oder dem Kreis verletzt wurde“, sah Landrat Frank Matiaske und ergänzte, die Dienstaufsicht müsse „nicht eingreifen, wenn es keinen Anlass gibt“.
ÜWG-Fraktionschef Georg Raab sah „keinen weiteren Handlungsbedarf“. Insbesondere gebe es keine Veranlassung für ein Rechtsgutachten. Gleichwohl sei Extremismus zu bekämpfen, denn „jede Straftat ist eine zuviel“.
Marlene Wenzl (Die LINKE) sah >Odenwald gegen Rechts< als eine „für unseren Kreis sehr wichtige bürgerliche Initiative“. Es sei „gemeinsame geschichtliche Verantwortung, dass Auschwitz nie wieder sei. Dazu trägt die Initiative hier im Kreis bei.“
Sie sehe nicht, warum der Kreis riesige Summen für ein juristisches Gutachten ausgeben solle, das die Stadt Erbach betreffe. „Bei diesem Antrag bleibt ein Geschmäckle, die Legitimation der Unterstützung dieses Bündnisses schmälern zu wollen“, sagte Wenzl.
Für die AfD erklärte Karl-Ludwig Kuhnstein „Rechtsextremismus ist unserer Fraktion ebenso zuwider wie jede andere Form des Extremismus“.
„Wir stehen für eine pluralistische, freie demokratische Entscheidung in einem Rechtsstaat“, verdeutlichte FDP-Fraktionschef Moritz Promny die Haltung der Liberalen im Kreistag und knüpfte an die Äußerung von Georg Raab („Jede Straftat ist eine zu viel“) an. „Die Verfassung wahren, ist eine politische Diskussion, die nicht leicht zu entpolitisieren ist“, sagte Promny.
„Ich möchte keine der Aktionen des Bündnisses missen, aber bei >Stop AfD< wie auf dem Fahrrad zu lesen, können wir nicht mitmachen“, erklärte Michael Gänssle für die FWG-Fraktion. Er wolle in Erbach die Mediation abwarten, „und dort mit dem Bündnis zusammenarbeiten, wo wir das können, aber nicht mehr pauschal dabei sein, sondern dort, wo es geht“.
Er fühle sich rechtssicher und habe keine offenen Fragen, sagte Gänssle und ergänzte: „Lasst uns das Geld ausgeben, wenn es etwas zu klären gibt.“
Der Antrag der Christdemokraten fand nur in der eigenen Fraktion Zustimmung bei Enthaltung der AfD-Vertreter. SPD, ĂśWG, FDP, GRĂśNE und Die LINKE lehnten den CDU-Antrag geschlossen ab.