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Harald Buschmanns Anwalt legt Beschwerde ein gegen Durchsuchungsbeschluss

Der Erbacher Bürgermeister Harald Buschmann, nach seiner Abwahl am 4. März diesen Jahres noch bis Mitte Juli im Amt, will die Einstellung der gegen ihn laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen „noch vor Ablauf seiner Amtszeit“ erwirken und erachtet die Durchsuchung des Rathauses als rechtswidrig. Foto: mk-Presse

Staatsanwaltschaft hatte die Durchsuchung des Erbacher Rathauses trotz eines zuvor von Buschmanns Anwalt gestellten Antrags auf Einstellung des Verfahrens erwirkt + + + Parlamentarier von SPD und ÜWG fühlen sich bis dato keineswegs ordnungsgemäß informiert

ERBACH. - Am Mittwoch, 30. Mai, waren Staatsanwaltschaft Darmstadt und Kriminalpolizei mit einem Dutzend Beamten mit einem Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Darmstadt ins Erbacher Rathaus gekommen, um weitere Beweise in der Affäre um den Erbacher Bürgermeister Harald Buschmann und dessen dubiose Auftragsvergabe an die Erbacher Werbeagentur Lebensform GmbH zu sichern (siehe FACT-Bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/details/?tx_ttnews).

Mit Schreiben vom Sonntag, 03. Juni, hat der Anwalt des der Untreue beschuldigten derzeit noch amtierenden Erbacher Rathauschefs, der Darmstädter Rechtsanwalt lngo Endrick Lankau, sowohl bei der Staatsanwaltschaft Darmstadt als auch bei dem erkennenden Amtsgericht Darmstadt Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss eingelegt.

Zuvor bereits am 15. Mai Verfahrenseinstellung beantragt

Das teilte der Darmstädter Jurist in Diensten Buschmanns unaufgefordert einem größeren Kreis von Pressevertretern mit. Verschwiegen hat der Rechtsanwalt dabei allerdings die Tatsache, dass der Durchsuchungsbeschluss von der Staatsanwaltschaft trotz eines gut zwei Wochen zuvor von ihm gestellten Antrags auf Einstellung des Verfahrens erwirkt wurde.

So hat Rechtsanwalt Ingo Lankau per 15. Mai 2018 „nach Einsichtnahme in die Verfahrensakte 700 Js 2534/18“ bei der Darmstädter Staatsanwaltschaft beantragt, das Verfahren einzustellen.

Begründet hat der Jurist diesen Antrag u.a. im Wesentlichen mit dem Vortrag, „der Vorwurf nachträglicher Erstellung von Aufträgen ist ebenfalls unzutreffend, weil lediglich die Datierung des schriftlichen Auftrags auf den Zeitpunkt der mündlichen Auftragsvergabe erfolgte“. Das sei inzwischen bekannt, klargestellt, und stelle keine strafbare Handlung dar.

Mündliche Beauftragung ohne entsprechende Angebote

„Wenn nach ordnungsgemäßer mündlicher Beauftragung die nachträgliche Auftragserteilung mit dem auf die mündliche Beauftragung ausgestellten Datum erfolgt, ist das rechtlich beanstandungsfrei und führt auch nicht zu einem wirtschaftlichen oder sonstigen Schaden.“

Dieser Auffassung stehen jedoch Aussagen aus dem Erbacher Rathaus deutlich entgegen. Von dort ist bekannt, dass neben den von Harald Buschmann eingeräumten im September 2017 rückdatierten Auftragsschreiben an die Firma Lebensform auch deren entsprechende Angebote ebenfalls erst im September, rückdatiert auf den Zeitraum zwischen April und Juni 2017, im Erbacher Rathaus gebündelt eingegangen sind.

Dort seien sie jeweils auf das entsprechende Ausstellungsdatum auftragsgemäß mit einem rückdatierten Eingangsstempel versehen worden. Vor diesem Hintergrund stellt sich die unausweichliche Frage, auf welcher Basis mündliche Aufträge im Zeitraum zwischen April und Juni 2017 erteilt worden sein sollen, wenn die entsprechenden Angebote erst im September 2017 vorgelegt wurden.

„Vorgehen unverhältnismäßig und rechtswidrig“

In der jetzt erfolgten „sofortigen Beschwerde“ an die Staatsanwaltschaft äußert Lankau sein Unverständnis über die beantragte und vom Amtsgericht Darmstadt per Beschluss gewährte Durchsuchung des Erbacher Rathauses. Dieses Vorgehen sei unverhältnismäßig und rechtswidrig.

„Wir können nicht nachvollziehen, dass die Staatsanwaltschaft sich veranlasst gesehen hat, aufgrund eines Durchsuchungsbeschlusses weiteres Aktenmaterial zu suchen über das Material hinaus, das der Beschuldigte sehr umfangreich zur Verfügung gestellt hatte.

Darin hatte er ausführlich zur angewandten Vergabe und auch zu der nunmehr noch einmal in der Begründung des Durchsuchungsbeschlusses problematisierten >Stückelung< der Aufträge Stellung genommen.

Es gab also vor Antrag auf Erlass des Durchsuchungsbeschlusses nichts, was die Staatsanwaltschaft nicht schon sehr ausführlich belegt kannte.

„Beschuldigter hat sich bemüht, Fragen ausführlich zu beantworten“

Und die ungeprüfte Übernahme der Rechtsauffassung der Kommunalaufsichtsbehörde durch die Staatsanwaltschaft hätte auch vermieden werden können, wenn die Staatsanwaltschaft auf die gemeindehaushaltsrechtlichen und vergaberechtlichen Fragen eingegangen wäre, die der Beschuldigte selbst in seiner >Selbstanzeige< besprochen hatte.

Der Beschuldigte hat sich zurückliegend außerordentlich umfangreich und sehr vertieft darum bemüht, alle an ihn aus der Kommunalpolitik gerichteten Fragen ausführlich zu beantworten und die Antworten zu belegen.

Das allein hätte im Vergleich mit den unsubstantiierten anonymen Anzeigen nach sorgfältiger Prüfung ausgereicht, um das Verfahren gegen ihn einzustellen“, schreibt Lankau an die Ermittlungsbehörde.

Mehrheitsfraktionen völlig unzufrieden mit Buschmanns Antworten

Diese Auffassung ist jedoch keineswegs deckungsgleich mit den Realitäten. Die beiden im Erbacher Stadtparlament vertretenen Mehrheitsfraktionen aus SPD und ÜWG sind nämlich absolut nicht zufrieden mit den von Bürgermeister Buschmann erteilten Antworten auf deren umfangreiche Fragen.

So hätten die beiden Fraktionen weder auf ihre ursprünglichen Fragen vom 13. Dezember 2017 noch ihre Nachfragen vom 08. Februar 2018 bisher erschöpfende Antworten vom noch amtierenden Erbacher Rathauschef erhalten, erklärte ÜWG-Fraktionschef Tobias Stock auf FACT-Anfrage.

Harald Buschmann habe zwar in seinen Antworten vom 21.12.2017 und 23.04.2018 durchaus Fragen beantwortet, sei aber mehreren brisanten Fragen entweder geschickt ausgewichen oder gar die Antwort komplett schuldig geblieben (siehe auch FACT-Bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews).

ÃœWG und SPD wollen nach wie vor Antworten und suchen rechtsstaatliche Hilfe

Somit könnten sich die beiden Fraktionen mit den vom Bürgermeister vorgelegten Antworten keineswegs zufrieden geben.

Weil Buschmann sich derzeit auf den Standpunkt zurückzieht, angesichts der gegen ihn laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, überhaupt keine Fragen mehr zu beantworten, sehen sich ÜWG und SPD aktuell nicht in der Lage ihrer gesetzlich verankerten Aufsichtspflicht nachzukommen, und wollen deshalb jetzt die Kommunalaufsicht und gegebenenfalls auch die Staatsanwaltschaft um Überprüfung der Vorgänge rund um die städtische Geschäftsbeziehung mit der Erbacher Werbeagentur Lebensform GmbH bitten.

Rechtsanwalt will „Einstellung noch vor Ende seiner Amtszeit“ erreichen

Ungeachtet dieser Fakten schreibt Lankau in seiner Beschwerde an die Staatsanwaltschaft: „Wir regen dringend an, dem Beschuldigten Gelegenheit zu geben, im Rahmen einer persönlichen Erörterung den Sachverhalt noch einmal zu erklären, um möglichst zeitnah noch vor Ende seiner Amtszeit am Monatsende eine Einstellung zu erreichen.“

Am 30. Mai sei der E-Mail-Anschluss des Beschuldigten blockiert worden, damit der E-Mail-Verkehr ausgelesen werden konnte. Ihm sei in Aussicht gestellt worden, dass sein E-Mail-Anschluss am Freitag, 01.06.2018, wieder freigeschaltet werde.

Das sei jedoch bis einschließlich 03.06. nicht geschehen. Damit habe er mehrere Tage ohne funktionierenden E-Mail-Anschluss verbringen müssen, „was eine erhebliche persönliche Einschränkung ist, wie sich unschwer nachempfinden lässt.“

An das Amtsgericht Darmstadt richtet der juristische Vertreter Buschmanns die Forderung „den angefochtenen Beschluss aufzuheben“.

Entscheidung liegt beim Landgericht

Dazu erklärte der Pressesprecher der Darmstädter Staatsanwaltschaft Robert Hartmann auf FACT-Anfrage: „Die Durchsuchung ist erfolgt und kann nicht mehr aufgehoben werden. Die Beschwerdekammer des Landgerichts Darmstadt, die darüber zu befinden hat, könnte bestenfalls die Rechtswidrigkeit dieses Beschlusses feststellen.“

Beim Landgericht Darmstadt ist in dieser Angelegenheit offenbar noch nicht entschieden. Dessen Pressesprecher, Richter Dr. Jan Helmrich, teilte auf FACT-Anfrage mit, ihm sei über eine solche Entscheidung aktuell noch nichts bekannt.