Ministerpräsident Boris Rhein zu Gast im Gewerbepark Hüttenwerk
Erster Unternehmensbesuch nach AmtsantrittASSELBRUNN. - Wie ist die Odenwälder Wirtschaft durch die Coronakrise gekommen? Wie ist sie heute aufgestellt angesichts des anhaltenden Fachkräftemangels, der Lieferkettenprobleme, der Teuerungsrate und der unsicheren Lage und Entwicklung auf dem Weltmarkt? Was beschäftigt Industrie, Handel und Dienstleister in der Region schon länger; wo will es einfach nicht vorangehen?
Diese Fragen stehen stellvertretend für die vielen Antworten und Anregungen, die am Freitag Repräsentanten der heimischen Wirtschaft dem neuen hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU) bei seinem Antrittsbesuch im Odenwaldkreis mit auf den Weg gaben.
Für den intensiven Meinungsaustausch, der im Gewerbepark Hüttenwerk stattgefunden hat, nahm der Gast aus Wiesbaden sich mehr als zwei Stunden Zeit.
Für die Staatskanzlei machte der Besuch den Anfang für einen „Zukunftsdialog mit der Industrie“, der seinen Fokus auf Klimaschutz und zukunftsorientierte Regionalentwicklung richte, hieß es dazu in einer begleitenden Meldung.
Es war der erste Unternehmensbesuch des Ministerpräsidenten seit seinem Amtsantritt. Der Besuchskontakt war über die Michelstädter CDU-Landtagsabgeordnete Sandra Funken geknüpft worden, die ihrerseits die Details des umfangreichen Programms mit dem Mitgründer und Mitinhaber des Gewerbeparks, Christian Mühlhäuser, abstimmte.
Dabei herausgekommen waren vier Firmenvorstellungen beziehungsweise -besichtigungen, die um Präsentationen des Gewerbeparks, des Bildungsstandorts Odenwaldkreis und der ehrenamtlichen Arbeit der Industrievereinigung Odenwaldkreis (IVO) ergänzt wurden.
Zu Beginn stellte Mühlhäuser den geladenen Gästen die wichtigsten Stationen der über 450 Jahre alten Geschichte des Standorts von der Eisenverhüttung bis zum Gewerbepark vor. „Es ist dem großen Engagement vieler Menschen zu verdanken, was zu diesem Erfolg geführt hat“, so Mühlhäuser.
Nach der Schließung der Howardwerke im Michelstädter Stadtteil Asselbrunn war es das Event-Lokal Hüttenwerk, das mit seinem ersten Konzert im September 2003 den Grundstein legte für den heute an dieser Stelle vorhandenen Branchenmix aus 15 Unternehmen.
Dieser reicht vom klassischen Handwerk bis zum spezialisierten Produzenten und Zulieferer für die Großindustrie und stellt zusammen rund 160 Arbeitsplätze.
Wie es der Unterhaltungs- und Eventbranche während der Corona-Pandemie ergangen ist, schilderte Michaela Tischler vom Event-Lokal: „Es ging von Hundert auf null runter.“
Überleben konnte ihr Unternehmen nur dank der staatlichen Hilfen, doch heute, wo alle wieder feiern und Veranstaltungen durchführen wollten, fehle es an qualifizierten Kräften.
Ihre eindringliche Bitte an den Gast, bei weiter steigenden Infektionszahlen nicht alles noch einmal durchmachen zu müssen, kam beim Ministerpräsidenten an.
Rhein versicherte, man werde „alles daransetzen, dass es keinen Lockdown mehr gibt. Wir sind dabei zu lernen, mit dem Virus und der Krankheit umzugehen“. Die Einhaltung von Abstandsregeln und eine Wiedereinführung der Maskenpflicht wollte er allerdings nicht ausschließen.
Rhein weiter: „Weltweite Krisen wie die Corona-Pandemie und der Ausbruch des Ukraine-Kriegs bürden nicht nur Bürgern, sondern auch Unternehmen zusätzliche Belastungen auf.
Daraus resultieren kurz- und mittelfristig Transformationsprozesse, die wir als Landesregierung im stetigen Dialog mit den Unternehmen intensiv begleitend unterstützen werden.“
Das Land habe die Verpflichtung, für Wohlstand, Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Innovationskraft auch in ländlichen Regionen einzustehen und dabei den Klimaschutz nicht aus den Augen zu verlieren.
Während der Gespräche und Besichtigungen zeigte Rhein sich beeindruckt von der Leistungsfähigkeit und dem Zusammenhalt der Unternehmen. Auch dies hörten die Gastgeber gerne: „Dieser Standort kann vorbildlich für andere Landkreise sein.“
Für die IVO stellte der Vorsitzende Rudolf Burjanko die Stärken der regionalen Wirtschaft heraus. Die Bruttowertschöpfung im Landkreis werde mit nahezu 95 Prozent vom produzierenden Gewerbe sowie der Dienstleistungsbranche erbracht.
Als „Brennpunkte“ machten Burjanko, Mühlhäuser und Firmeninhaber Stephan Koziol Schwächen in der Infrastruktur (am Beispiel von überlasteten Abschnitten entlang der Bundesstraßen 38 und 45), den Ausbildungsmarkt sowie eine ihrer Ansicht nach zu geringe Wahrnehmung der Leistungsfähigkeit der Odenwälder Wirtschaft in den Ballungsräumen fest.
Auf das Problem schwindender Berufsschülerzahlen am Michelstädter Standort machte Wilfried Schulz vom Beruflichen Schulzentrum Odenwaldkreis aufmerksam.
In seiner Kurzpräsentation stellte der Schulleiter auch das neue Studienangebot in Internationaler Betriebswirtschaftslehre und das Lern- und Forschungszentrum vor.
Der Besuch führte zur Besichtigung der neuen Fertigungsstraßen in der in diesem Jahr in Betrieb genommenen Fertigungshalle der Odenwälder Faserplattenwerke GmbH (OWA). Geschäftsführer Maximilian von Funck stellte die umwelt- und ressourcenschonende Produktion von Deckensystemen vor.
Der Rundgang endete mit der Vorstellung der Almit GmbH durch den Firmengründer und -leiter Michael Mendel, der sein Unternehmen über Jahrzehnte hinweg zu einem führenden Anbieter von Lötdrähten und bleifreien Lötpasten entwickelt hat.