Oberzent: „Es wächst zusammen, was auch historisch zusammengehört“
OBERZENT. - „Es wächst zusammen, was auch historisch zusammengehört“: Der geschäftsführende Direktor des Hessischen Städte- und Gemeindebundes, Karl-Christian Schelzke brachte auf den Punkt, was die Bürgerinnen und Bürger der ehemals selbständigen Stadt Beerfelden und der Gemeinden Hesseneck, Rothenberg und Sensbachtal bewog, sich zu Jahresbeginn 2018 zur gemeinsamen Stadt Oberzent zusammenzuschließen.
Zur Gründungsfeier mit Neujahrsempfang waren denn auch zahlreiche Bürgerinnen und Bürger aller 19 Stadtteile, bezeichnender Weise in der Oberzenthalle - nomen est omen - der früheren Stadt Beerfelden gekommen.
„Wir hätten gerne noch mehr genommen“
Unter ihnen auch der Hessische Finanzminister Dr. Thomas Schäfer, der zwar aktuell nicht als Geldbote fungierte, dessen Ressort die Fusion der vier Kommunen jedoch bereits kräftig unterstützt und ein großzügiges Finanzpolster für einen guten Start zur Verfügung stellt.
Auch wenn der bis zur Wahl eines neuen Bürgermeisters die Amtsgeschäfte führende Staatsbeauftragte Egon Scheuermann augenzwinkernd befand: „Wir hätten gerne noch mehr genommen.“
Was wiederum vom Finanzminister schlagfertig gekontert wurde: „Jetzt weiß ich auch, weshalb Sie gerade mich zur Gründungsfeier eingeladen haben.“
Uneingeschränktes Lob aber zollte Thomas Schäfer allen am freiwilligen Zusammenschluss Beteiligten dennoch: „Sie haben Landesgeschichte geschrieben“, befand auch der Wiesbadener Gast.
„Funktioniert nur wenn man alle mitnimmt“
Es gebe nichts schwierigeres als Kommunen zusammenzuführen, betonten Schäfer und Schelzke unisono. „Beispiele für nicht gelungene Fusionen gibt es genügend, dafür muss man den Odenwald nicht einmal verlassen“, sagte Thomas Schäfer.
„Ein solches Unterfangen funktioniert nur wenn man alle mitnimmt“, sagte der Minister mit einem Seitenhieb auf die gescheiterte Fusion zwischen Erbach und Michelstadt.
Die Bürgerinnen und Bürger der nunmehr flächenmäßig drittgrößten Stadt Hessens hätten allen Anlass stolz zu sein, auf das jetzt Geschaffene und könnten mit großer Zuversicht in die Zukunft blicken, unterstrich der Finanzminister. Das hier Geleistete sei ein gutes Beispiel für Nachahmer im gesamten Land.
„Sie haben alles richtig gemacht“
„Sie haben alles richtig gemacht. Es kann nicht sein, dass zwei Bürgermeister, die sich gar nicht mögen, beschließen, wir gehen jetzt zusammen. Transparenz heißt nicht, dass man hinterher erst erklärt, was gemacht wird“, stellte auch Karl-Christian Schelzke klar.
So galt denn auch das Lob der Festredner neben den vier Bürgermeistern der fusionierten neuen Stadt Oberzent insbesondere den Protagonisten Christian Kehrer, der als Projektleitung „Freiwillige Fusion“ ebenso maßgeblichen Anteil am guten Gelingen hatte, wie Regierungsdirektor Thomas Fiedler (Hessische Hochschule für Polizei und Verwaltung, Mühlheim), der den Fusionsprozess von Beginn an begleitete, und Landrat a.D. Horst Schnur, der den emotionalen Part des zielführenden Weges bestens bediente.
„Wollen Tälerstolz auf keinen Fall verlieren“
Egon Scheuermann, der frühere Sensbachtaler Bürgermeister, bemühte denn auch Schnur's oft angesprochenen >Tälerstolz<, „den wir auf keinen Fall verlieren wollen“, und sprach damit ebenso wie Schnur die emotionalen lokalen Befindlichkeiten der jetzt insgesamt neunzehn Stadtteile an.
Neben den Vorzügen der nun mehr als 10.000 Einwohner zählenden Stadt richtete Scheuermann aber auch den Blick auf bevorstehende gemeinsame Aufgaben, die man keineswegs aus dem Blick verlieren dürfe. Insbesondere zähle dazu ein funktionierendes Gesundheitsversorgungszentrum, das es ebenso zeitnah zu installieren gelte wie die gesamte Infrastruktur.
Deshalb dürfe es keine Verschnaufpause geben und „wir dürfen uns nicht verzetteln“. Vielmehr müssten schon jetzt Schwerpunkte festgelegt und angegangen werden, unterstrich der Staatsbeauftragte.
Loblied des Kirchenchors auf die neue Stadt
Theorie und Praxis der gemeinsamen Verwaltung hätten in den ersten drei Wochen des >Echbetriebes< doch einige Deckungslücken offenbart, die sich jedoch „langsam einspielen“ würden.
Musikalisch umrahmt wurde die Gründungsfeier der neuen Stadt Oberzent vom evangelischen Kirchenchor Beerfelden, den Männergesangvereinen Ober-Hainbrunn und Eintracht-Liederkranz Sensbachtal, sowie dem Gesangverein Sängerkranz Schöllenbach.
Besondere Beachtung fand das vom evangelischen Kirchenchor Beerfelden unter seiner Chorleiterin Iris Thierolf vorgetragene Loblied auf die jetzt vereinten vier seitherigen Kommunen, deren Besonderheiten musikalischen Ausdruck erlangten und die vereint gar unschlagbar scheinen: „Wir heißen Oberzent, es wird Zeit, dass ihr uns kennt, gemeinsam sind wir stark!“
Präsente und ein eigens kreierter „Oberzent-Festtagssekt“
Präsente gab's schließlich auch. So hatte Finanzminister Schäfer den hessischen Löwen im Taschenformat („In Originalgröße hätten Sie das Problem einen geeigneten Standort in einem der Stadtteile zu finden“) im Gepäck.
Die Protagonisten der Fusion erhielten Flüssiges und Herzhaftes (Kehrer, Schnur und Fiedler in Abwesenheit) sowie die Bürgermeister Gottfried Görig, Thomas Ihrig, Hans-Heinz-Keursten und Egon Scheuermann Luftbildaufnahmen ihrer seitherigen Kommunen.
Beim eigens von der Privatbrauerei Felsenkeller kreierten „Oberzent-Festtagssekt“ und Laugenbrezeln fand dann auch die Kommunikation unter den vereinten „Neubürgern“ regen Anklang mit der nahezu einmütigen Erkenntnis aus dem Liedvortrag des Kirchenchors: „Die Zukunft liegt im Odenwald.“