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„Aufklärung über den Wolf ist wichtig“

Beim „Odenwald-Wolf“: Landrat Frank Matiaske und die hessische Wolfsbeauftragte Susanne Jokisch vor einer Tafel einer Ausstellung über den Wolf, die derzeit im Landratsamt zu sehen ist. Foto: Stefan Toepfer/Kreisverwaltung

Ausstellung im Landratsamt gibt viele Informationen und regt zum Nachdenken an

ODENWALDKREIS / ERBACH. - Einer darf natürlich nicht fehlen: der „Odenwald-Wolf“. Das im September 2017 vom Naturfotografen Hans Oppermann bei Wald-Michelbach aufgenommene Tier ist der vorerst letzte Wolf, der in jüngerer Zeit in Hessen gesichtet wurde.

Gemeinsam mit acht anderen Artgenossen führt er den Besuchern des Landratsamts derzeit vor Augen, dass der Wolf zumindest zeitweise wieder in Hessen ist – angefangen von „Reini“, dem 2006 gesichteten Wolf im nordhessischen Reinhardswald, über den „Gartower Rüden“, der 2015 bei Frankfurt überfahren wurde und aus Niedersachsen kam, bis zum „Odenwald-Wolf“.

Die Schautafel mit den Geschichten dieser Tiere ist Teil einer Wanderausstellung des Hessischen Landesamts für Naturschutz, Umwelt und Geologie, die derzeit im Landratsamt zu sehen ist. Gestern Abend, 31.Januar, wurde sie von Landrat Frank Matiaske eröffnet.

„Sie trägt dazu bei, über den Wolf und seine Lebensweise aufzuklären. Das ist wichtig, denn über den Wolf wird in der Regel sehr emotional diskutiert“, hob er hervor. „Wir dürfen aber auch die Belange von Tierhaltern, die ihre Herden geschützt wissen wollen, nicht vernachlässigen.“ Matiaske warb für einen „gerechten Ausgleich aller Interessen“.

Susanne Jokisch, Mitarbeiterin des Landesamts und hessische Wolfsbeauftragte, führte durch die Ausstellung. Deren Anliegen sei, die Diskussion über den Wolf zu versachlichen und einen „Mittelweg“ zu finden – jenseits einer „Mystifizierung“ des Wolfs und der Angst vor ihm.

Es gehe darum, den Wolf als „normales Wildtier“ wahrzunehmen und Möglichkeiten zu finden, „wie wir vielleicht mit ihm zusammenleben“.

Das greift der Bilderzyklus „Der Wolf im Odenwald“ auf, der ebenfalls Bestandteil der Ausstellung ist. Geschaffen wurde er von 2015 bis 2017 von dem Künstler Andreas Schmitt aus Reichelsheim.

Er erzählt eine Geschichte in zwei Varianten: In der einen wird der Wolf als böse gebrandmarkt und erschossen, in der anderen kommt es zu einer Ko-Existenz mit dem Wolf und einem besseren Schutz von Weidetieren.

„Dann könnte der Wolf hier vielleicht wieder beheimatet sein“, so Schmitt. Außerdem ist ein Werk von Dorothee Schnarr aus Lützelbach zu sehen: Das Acryl-Gemälde trägt den Titel „Der Wolf im Morgenlicht“.

Die Schautafeln des Hessischen Landesamts informieren nicht nur über die neun „hessischen“ Wölfe, sondern auch über die lange Geschichte von Wolf und Mensch, die Wege europäischer Wölfe nach Hessen sowie darüber, wie ein Wolf lebt und wie man ihn erkennt.

Während ihrer Führung kam Jokisch auch auf den „Odenwald-Wolf“ zu sprechen. Vermutlich war er es, der Ende 2017 mehrere Schafe und Ziegen im Odenwald gerissen hatte. Infolge dessen habe das Land Hessen erste Mittel für einen besseren Herdenschutz bereitgestellt, so Jokisch.

Umweltministerin Priska Hinz hatte das Förderprogramm im März vergangenen Jahres vorgestellt. Matiaske hob hervor, dass der Kreistag im Dezember 2017 das Umweltministerium in einer Resolution aufgefordert hatte, mehr Geld für Tierhalter zur Verfügung zu stellen. Jokisch zufolge werden derzeit Ausgleichszahlungen für nachweislich von einem Wolf getötete Tiere vorbereitet.

Bernd Keller, Vorsitzender des Odenwälder Schäfervereins, kritisierte die aus seiner Sicht zu geringe Förderung und den damit verbundenen bürokratischen Aufwand. Er sieht die Gefahr, dass es mit der steigenden Zahl von Wölfen in Deutschland mehr und mehr Nutztierrisse geben werde.

Jokisch entgegnete, dass nicht jeder Wolf Nutztiere reiße. Ihr zufolge leben in Deutschland derzeit etwa 70 Wolfsrudel, 30 Paare ohne Nachwuchs und einige Einzelwölfe. Insgesamt handele es sich um rund 400 erwachsene Tiere, die sich vermehren.

Im Zuge der Vernissage entwickelte sich eine lebhafte Diskussion über den notwendigen Herdenschutz durch Elektrozäune und deren Praktikabilität sowie über den Umgang mit so genannten Hybriden, also Tieren, die aus einer Paarung von Wolf und Hund entstehen. Jokisch zufolge sollten diese Tiere entnommen werden, um zu verhindern, dass sich Hunde-Gene in der Wolfspopulation etablieren.

Der Wolf steht gemäß internationaler, europäischer und deutscher Regelungen unter strengem Schutz, was nicht ausschließt, dass einzelne, auffällig gewordene Wölfe entnommen werden dürfen. Zuständig für das Wolfsmanagement sind die Bundesländer.

Das hessische Umweltministerium informiert darüber auf seiner Internetseite unter der Rubrik „Umwelt & Natur“, Stichwort „Naturschutz“, Unterpunkt „Arten- & Biotopschutz“.

Darüber hinaus gibt es in den hessischen Landkreisen im Auftrag des Landes ehrenamtlich tätige Wolfsbeauftragte, die etwa bei Weidetier-Rissen und dem Verdacht auf Wolfsspuren angesprochen werden können; im Odenwaldkreis sind dies Raina Kessler und Karlheinz Kinzer. Hauptberuflich arbeiten beide in der Abteilung Umwelt und Naturschutz des Landratsamts. Auch sie waren zur Vernissage gekommen.

Die Partei Bündnis 90/Die Grünen hatte angeregt, die Ausstellung „Der Wolf – zurück in Hessen?“ im Landratsamt zu zeigen. Sie ist bis einschließlich 15. März während der Öffnungszeiten (montags, dienstags, donnerstags und freitags von 8.00 bis 12.00 Uhr und donnerstags von 14.00 bis 17.30 Uhr) zu sehen.

Darüber hinaus können Termine mit Ute Naas vom Kulturmanagement des Odenwaldkreises, Telefon 06062 70-217 beziehungsweise E-Mail u.naas(at)odenwaldkreis.de, vereinbart werden. Die Ausstellung bietet sich auch für Schulklassen an.