Die Gemeinde zum Singen und Klingen gebracht

Beate Ihrig in ihrem Element: Bei ihrem Abschiedsgottesdienst wechselte die Kantorin immer wieder zwischen Dirigentinnenpult und Instrumenten. Foto: Bernhard Bergmann
BAD KĂNIG. - Das GehĂ€use der Orgel ist derzeit leer, weil die Königin der Instrumente aus der Bad Königer Schlosskirche zu einer Fachfirma nach Lich gebracht worden ist, wo sie nun renoviert wird.
Der Spieltisch dieser Orgel war fĂŒr Kantorin Beate Ihrig ein knappes Vierteljahrhundert lang auf gewisse Weise das, was fĂŒr andere der Schreibtisch ist: Arbeits-Platz im wahrsten Wortsinn.
Nun ist die 51-JĂ€hrige verabschiedet worden, weil sie die Kantorenstelle in Michelstadt ĂŒbernimmt und damit dort zum 1. MĂ€rz Nachfolgerin von Hans-Joachim Dumeier wird.
Traurigkeit ĂŒber Beate Ihrigs Scheiden lag beim Abschiedsgottesdienst spĂŒrbar im Kirchenraum; noch gröĂer und wahrnehmbarer war womöglich die Dankbarkeit fĂŒr die 24 Jahre engagierter Arbeit: Die Musikerin bekam mehrfach stehenden und langanhaltenden Applaus.
Es sei ihm âunmöglich aufzuzĂ€hlen, was du in dieser Zeit getan, geleistet, aufgebaut hastâ, wandte sich Pfarrer Martin Hecker, der den Gottesdienst gemeinsam mit seiner Frau Helga leitete, an Beate Ihrig und nannte unter anderem Musicals, Oratorien, Konzerte und Abendmusiken.
Sie habe die Gemeinde âzum Singen und Klingen gebrachtâ. Und mehr noch: FĂŒr die Christin Beate Ihrig war es immer grundlegend, zum Lob und zur Ehre Gottes zu musizieren und Musik als eine wesentliche Form der VerkĂŒndigung zu sehen. Kurze Andachten und Gebete gehören fĂŒr die Kantorin zu jeder Chorprobe.
Einen Schreibtisch hatte die Kirchenmusikerin neben dem Orgelspieltisch natĂŒrlich auĂerdem: Hier entstanden etwa Jahr fĂŒr Jahr die umfangreichen und vielseitigen Konzertprogramme unter dem Titel âMusik in der Schlosskircheâ.
âAls Chormitglied war man manchmal kurz vor dem Zusammenbrechenâ, erinnerte Hecker humorvoll und spielte damit an auf die Akribie und Leidenschaft der Kantorin, die nicht einmal einen falschen Halbton gelten lasse.
Auch in seiner Predigt ging der Pfarrer auf Kirchenmusik ein und knĂŒpfte eine Verbindung zwischen Theologie und Musik, indem er jeder Chorstimme symbolisch einen Aspekt der Kirchengemeinde zuschrieb.
Als Geschenk ĂŒberreichte er ihr ein Fotobuch mit einer Auswahl aus 18.000 Bildern, mit denen vor allem er selbst in den 24 Jahren die kirchenmusikalische Arbeit der Gemeinde dokumentiert hat.
Weil sie zuletzt auch Dekanatskantorin mit Aufgaben auf Kirchenkreis-Ebene war, verabschiedete Dekan Carsten Stein Beate Ihrig ebenfalls. Er benannte den Mut, noch einmal aufzubrechen und in mancherlei Hinsicht neu anzufangen.
âVieles wird anders, aber sicher wunderbar werdenâ, so Stein sowohl an die scheidende Kantorin als auch an die Gemeinde gerichtet. FĂŒr letztere gehe es nun auch um die âGestaltung eines Ăbergangsâ, denn noch sei nicht klar, wer die Arbeit fortfĂŒhrt und wann dies sein wird.
Mit bewegenden Dankesworten wandte sich die Kantorin an die Gemeinde und die GĂ€ste, die zu ihrem Abschiedsgottesdienst gekommen waren. Dabei legte sie nochmals von ihrem eigenen Glauben Zeugnis ab.
NaturgemÀà nahm Musik bei diesem Gottesdienst viel Raum ein, in groĂer Vielfalt: Ein breites Spektrum klang auf, von Lobpreisliedern ĂŒber klassisches und modernes Kirchenlied bis hin zu einer Bachkantate â eben das Spektrum, welches auch Beate Ihrigs Arbeit ausmacht.
Gekommen waren alle Chöre und Ensembles der evangelischen Kirchengemeinde Bad König, Solisten, Instrumentalisten und viele weitere musikalische WeggefĂ€hrten. Vielgestaltigen Dank, GruĂworte und Geschenke bekam Kantorin Ihrig mit auf ihren weiteren Weg. Freie PlĂ€tze gab es in der Schlosskirche keine mehr.
Die Orgel wird zurĂŒckkehren; Beate Ihrig nicht. Tröstlich dennoch: Die wenigen Kilometer mĂŒmlingaufwĂ€rts lassen viele Kontakte und Verbindungen fortbestehen.
An ihrer neuen WirkungsstĂ€tte wird die Kantorin am Samstag, 18. MĂ€rz, offiziell eingefĂŒhrt. Der Gottesdienst dazu beginnt um 18 Uhr in der evangelischen Stadtkirche Michelstadt.