Die Gemeinde zum Singen und Klingen gebracht
Beate Ihrig nach 24 Jahren als Kantorin in Bad König verabschiedetBAD KÖNIG. - Das Gehäuse der Orgel ist derzeit leer, weil die Königin der Instrumente aus der Bad Königer Schlosskirche zu einer Fachfirma nach Lich gebracht worden ist, wo sie nun renoviert wird.
Der Spieltisch dieser Orgel war für Kantorin Beate Ihrig ein knappes Vierteljahrhundert lang auf gewisse Weise das, was für andere der Schreibtisch ist: Arbeits-Platz im wahrsten Wortsinn.
Nun ist die 51-Jährige verabschiedet worden, weil sie die Kantorenstelle in Michelstadt übernimmt und damit dort zum 1. März Nachfolgerin von Hans-Joachim Dumeier wird.
Traurigkeit über Beate Ihrigs Scheiden lag beim Abschiedsgottesdienst spürbar im Kirchenraum; noch größer und wahrnehmbarer war womöglich die Dankbarkeit für die 24 Jahre engagierter Arbeit: Die Musikerin bekam mehrfach stehenden und langanhaltenden Applaus.
Es sei ihm „unmöglich aufzuzählen, was du in dieser Zeit getan, geleistet, aufgebaut hast“, wandte sich Pfarrer Martin Hecker, der den Gottesdienst gemeinsam mit seiner Frau Helga leitete, an Beate Ihrig und nannte unter anderem Musicals, Oratorien, Konzerte und Abendmusiken.
Sie habe die Gemeinde „zum Singen und Klingen gebracht“. Und mehr noch: Für die Christin Beate Ihrig war es immer grundlegend, zum Lob und zur Ehre Gottes zu musizieren und Musik als eine wesentliche Form der Verkündigung zu sehen. Kurze Andachten und Gebete gehören für die Kantorin zu jeder Chorprobe.
Einen Schreibtisch hatte die Kirchenmusikerin neben dem Orgelspieltisch natürlich außerdem: Hier entstanden etwa Jahr für Jahr die umfangreichen und vielseitigen Konzertprogramme unter dem Titel „Musik in der Schlosskirche“.
„Als Chormitglied war man manchmal kurz vor dem Zusammenbrechen“, erinnerte Hecker humorvoll und spielte damit an auf die Akribie und Leidenschaft der Kantorin, die nicht einmal einen falschen Halbton gelten lasse.
Auch in seiner Predigt ging der Pfarrer auf Kirchenmusik ein und knüpfte eine Verbindung zwischen Theologie und Musik, indem er jeder Chorstimme symbolisch einen Aspekt der Kirchengemeinde zuschrieb.
Als Geschenk überreichte er ihr ein Fotobuch mit einer Auswahl aus 18.000 Bildern, mit denen vor allem er selbst in den 24 Jahren die kirchenmusikalische Arbeit der Gemeinde dokumentiert hat.
Weil sie zuletzt auch Dekanatskantorin mit Aufgaben auf Kirchenkreis-Ebene war, verabschiedete Dekan Carsten Stein Beate Ihrig ebenfalls. Er benannte den Mut, noch einmal aufzubrechen und in mancherlei Hinsicht neu anzufangen.
„Vieles wird anders, aber sicher wunderbar werden“, so Stein sowohl an die scheidende Kantorin als auch an die Gemeinde gerichtet. Für letztere gehe es nun auch um die „Gestaltung eines Übergangs“, denn noch sei nicht klar, wer die Arbeit fortführt und wann dies sein wird.
Mit bewegenden Dankesworten wandte sich die Kantorin an die Gemeinde und die Gäste, die zu ihrem Abschiedsgottesdienst gekommen waren. Dabei legte sie nochmals von ihrem eigenen Glauben Zeugnis ab.
Naturgemäß nahm Musik bei diesem Gottesdienst viel Raum ein, in großer Vielfalt: Ein breites Spektrum klang auf, von Lobpreisliedern über klassisches und modernes Kirchenlied bis hin zu einer Bachkantate – eben das Spektrum, welches auch Beate Ihrigs Arbeit ausmacht.
Gekommen waren alle Chöre und Ensembles der evangelischen Kirchengemeinde Bad König, Solisten, Instrumentalisten und viele weitere musikalische Weggefährten. Vielgestaltigen Dank, Grußworte und Geschenke bekam Kantorin Ihrig mit auf ihren weiteren Weg. Freie Plätze gab es in der Schlosskirche keine mehr.
Die Orgel wird zurückkehren; Beate Ihrig nicht. Tröstlich dennoch: Die wenigen Kilometer mümlingaufwärts lassen viele Kontakte und Verbindungen fortbestehen.
An ihrer neuen Wirkungsstätte wird die Kantorin am Samstag, 18. März, offiziell eingeführt. Der Gottesdienst dazu beginnt um 18 Uhr in der evangelischen Stadtkirche Michelstadt.