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Wurde beliebter EGS-Lehrer von der Schulleitung weggemobbt?

Aufruf zum Schulstreik der EGS-SchĂĽler vor dem Gymnasium Michelstadt per Flyer. Foto: Kreiselternbeirat

Stellvertretender Landeselternbeiratsvorsitzender spricht von einem „mittleren Skandal, wenn verwandtschaftliche Verhältnisse zwischen Schulamtsleiterin und stellvertretendem Schulleiter zutreffen“

HÖCHST. - Schüler der Ernst-Göbel-Schule (EGS) in Höchst und deren Eltern rebellieren seit Tagen gegen eine Entscheidung des staatlichen Schulamtes in Heppenheim.

Dieses hat Rüdiger Wehde, den Leiter der Oberstufe, von der EGS abgezogen und ans Gymnasium Michelstadt „abgeordnet“. Dort soll der Pädagoge am Freitag, 01. April, seinen Dienst in gleicher Funktion antreten. Das sollte zunächst nur temporär erfolgen, wurde zwischenzeitlich jedoch als Dauerlösung deklariert.

SchĂĽlerstreik vor dem Gymnasium Michelstadt

Bereits am Montag, 28. März, streikten die Schüler der Oberstufe auf dem Gelände der EGS für ihren Lehrer und skandierten „Herr Wehde muss bleiben“. Diesen Streik werden die Höchster Oberstufenschüler am Freitag, 01. April, ab 09:30 Uhr, vor dem Gymnasium in Michelstadt fortsetzen.

Die Urheber für die als „Abordnung“ deklarierte Versetzung ihres beliebten Lehrers sehen die Schüler in der Schulleitung der EGS. Diese habe ohne Beteiligung des Kollegiums, der Schüler wie auch der Eltern die Parameter für die Leistungskurse willkürlich und damit rechtswidrig verändert.

Im stillen Kämmerlein auf >Bänder< umgestellt

„Schulleiter Ralf Guinet und dessen Stellvertreter Dennis Kroeschell haben im stillen Kämmerlein auf >Bänder< umgestellt. Damit sind nicht mehr alle Kurskombinationen wie seither möglich, und wir können nur noch begrenzt Fächerkombinationen wählen“, beschreibt ein aufgebrachter Schüler die eigentliche Ursache des Konflikts.

Oberstufenleiter Rüdiger Wehde habe die Position vertreten, die seitherige Regelung solle beibehalten werden, und sei deshalb bei Guinet und Kroeschell in Ungnade gefallen. Vor diesem Hintergrund hätten diese die Versetzung Wehdes betrieben, weil er angeblich „den Schulfrieden störe“.

„Entsprechende Verbindungen durch Verwandtschaft“

Pikante Randnotiz dabei seien die verwandtschaftlichen Verhältnisse des stellvertretenden Schulleiters Kroeschell, der als Neffe der Leiterin des staatlichen Schulamtes in Heppenheim, Susann Hertz, über „entsprechende Verbindungen“ verfüge.

Involviert in die Angelegenheit ist neben dem Kreiselternbeirat inzwischen auch der Landeselternbeirat sowie die Landesschülervertretung. Kreiselternbeiratsvorsitzende Gudrun Gebhard (Erbach) sieht die >Abordnung< Wehdes ans Gymnasium Michelstadt insbesondere deshalb kritisch, „weil es unmittelbar vor den Abiturprüfungen erfolgt und die Abiturienten ihren Vertrauenslehrer verlieren“.

„Ringtausch ebenfalls kritisch zu sehen“

Ebenso kritisch sei der vorgesehene „Ringtausch“ zu sehen. Im Gegenzug zu Wehdes Abordnung nach Michelstadt solle von dort dessen Kollege Kinstler zusätzlich zu seinen Aufgaben am Gymnasium in Michelstadt noch die Abiturienten-Betreuung als Vertrauensperson an der EGS in Höchst übernehmen.

Dessen Arbeitsüberlastung sei dabei ebenso unberücksichtigt geblieben wie das Faktum, dass er kein Auto besitze und somit nur wenig flexibel zwischen seinen Einsatzorten in Michelstadt und Höchst pendeln könne.

Drohung mit Benachteiligung bei Abi-PrĂĽfungen

Ein absolutes >no go< sei gar die Drohung der EGS-Schulleitung an die SchĂĽler, wer sich weiterhin fĂĽr RĂĽdiger Wehde einsetze, habe mit Konsequenzen zu rechnen. So habe der stellvertretende Schulleiter Kroeschell gar auf seine Mitwirkung im Abiturausschuss verwiesen und auf diese Weise Druck aufgebaut, wie die Mutter eines SchĂĽlers entsetzt berichtet.

Auch innerhalb des Lehrerkollegiums an der EGS sieht man die Abordnung Wehdes sehr kritisch. So äußerte ein Pädagoge, der namentlich nicht genannt werden möchte, Zweifel an der Führungskompetenz des Schulleiters und nannte dessen Stellvertreter „einen braven Parteisoldaten“, der ihm zur Hand gehe.

Ă„hnliches Vorkommnis an Albert-Einstein-Schule in GroĂź-Bieberau

Ingo Radermacher, stellvertretender Landeselternbeiratsvorsitzender (Bickenbach), sieht gar Parallelen zu einem Vorkommnis an der Albert-Einstein-Schule in Groß-Bieberau. Dort habe Ralf Guinet als damaliger Schulzweigleiter einen ähnlichen Konflikt mit einer Kollegin aufgrund unzulänglicher Kommunikation ebenfalls nicht lösen können.

Radermacher kritisiert auch die banale Diagnose des staatlichen Schulamtes, der Schulfrieden sei gestört. Genau so habe es sich bereits in Groß-Bieberau mit dem selben verantwortlichen Leiter vollzogen. „Ich stelle fest, dass der Weg des Schulamtes zu dieser Diagnose mehr als unzureichend ist.“

„Auf mangelhafter Basis eine Entscheidung getroffen“

Das sei insbesondere deshalb zu konstatieren, weil die Konflikte schon länger offensichtlich seien und keinerlei Gespräche mit den Lehrkräften, Personalrat, Schülern oder Eltern geführt worden seien. Bei dem gleichzeitig bekannten Kommunikationsproblem des Schulleiters sei dies fahrlässig.

„Hier wurde auf mangelhafter Basis eine Entscheidung getroffen. Ich sehe das eigentliche Problem bei anderen Personen, nicht bei dem jetzt abgeordneten Lehrer“, sagte Radermacher.

„Wir unterstützen dessen Rückversetzung zur EGS ausdrücklich“

Ein Pädagoge, der sich für das Wohl seiner Schüler ein- und einer rechtswidrig durchgesetzten und daher nicht haltbaren Änderung des Oberstufen-Systems widersetzt, könne nicht willkürlich von einer Schule abgezogen werden. „Wir unterstützen dessen Rückversetzung zur EGS ausdrücklich.“

Für den Fall, dass die verwandtschaftlichen Verhältnisse zwischen Schulamtsleiterin und stellvertretendem Schulleiter zuträfen, wäre dies laut Radermacher „ein mittlerer Skandal, denn dann hätte die Schulamtsleiterin den Fall an eines der Nachbarschulämter abgeben müssen“.

Philipp Bender, stellvertretender Pressesprecher des hessischen Kultusministeriums, berief sich auf FACT-Anfrage auf das Beamtenrecht und wollte sich zu Detailfragen nicht äußern.

Er sei jedoch zu diesem Fall ausreichend informiert und betonte, das staatliche Schulamt habe auf die bei der EGS protokollierten Vorkommnisse „angemessen reagiert“. Letztlich müsse man einen Lehrer bei einer Störung des Schulfriedens „auch zu dessen Eigenschutz rausholen und für Ruhe sorgen im Schulalltag“.

Schulamtsleiterin Susann Hertz war für eine Stellungnahme ebenso wenig zu erreichen, wie der betroffene Pädagoge Rüdiger Wehde.