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„Ein Traum wird wahr“: Ausgeglichener Kreishaushalt 2018 verabschiedet

„Hessenkasse“ macht's möglich: Erstmals seit 2001 wieder ausgeglichenen Haushalt im Kreistag bei nur zwei Gegenstimmen verabschiedet

ODENWALDKREIS / REICHELSHEIM. - Erstmals seit 2001 verabschiedete der Kreistag des Odenwaldkreises am Montag, 5. Februar, in seiner Sitzung in Reichelsheim einen ausgeglichenen und sogar mit geringem Überschuss ausgestatteten Haushalt für das laufende Jahr.

Bei Einnahmen von 161.827.910 Euro und Ausgaben in Höhe 161.787.364 Euro verbleibt ein Überschuss von 40.546 Euro. Mit Ausnahme der zweiköpfigen Fraktion der LINKE votierten sechs Fraktionen bei einer Enthaltung eines erstmals im Kreistag mitwirkenden AfA-Abgeordneten für das von Landrat Frank Matiaske vorgelegte Zahlenwerk.

SPD-Fraktionschef Raoul Giebenhain sah „einen konsequenten Konsolidierungspfad und die Teilnahme am kommunalen Schutzschirm“ als Garanten für die Verbesserung der finanzpolitischen Situation. „Ein Traum wird wahr“, frohlockte gar Harald Buschmann vom Koalitionspartner CDU angesichts dieses historischen Ereignisses.

„Hessenkasse“ entlastet Kreishaushalt entscheidend

Letztendlich war es jedoch die „Hessenkasse“, die keineswegs allgemein auf kritiklose Zustimmung trifft, allerdings den in den vergangenen fast zwei Jahrzehnten extrem belasteten Kreishaushalt entscheidend entlastete.

Um daran teilhaben zu können, bedurfte es zunächst der grundsätzlichen Zustimmung des Parlaments. Dieser gab der Kreistag bei drei Enthaltungen durch zwei LINKE- und einen neuen AfD-Abgeordneten sein einstimmiges Plazet.

Ein endgültiges Votum des Kreistags dazu soll im April fallen, wenn die vom Land Hessen aktuell vorgegebenen Rahmenbedingungen auch gesetzlich festgeschrieben worden sind.

Auch BIMO-Wirtschaftsplan einstimmig abgesegnet

Der Wirtschaftsplan des Eigenbetriebs Bau- und Immobilienmanagement Odenwaldkreis (BIMO) fand ebenfalls bei nur einer Enthaltung einstimmige Zustimmung des Kreistags.

Die „Hessenkasse“ sieht derzeit vor, dass das Land Hessen die Hälfte der Kassenkredite (insgesamt 140 Millionen) übernimmt. Für die Rückzahlung der anderen Hälfte hat der Kreis ab 2019 bis 2047 jährlich rund 2,4 Millionen Euro zu zahlen.

Reduziert wird der Eigenanteil jedoch um den Betrag, der im Etat schon jetzt für die Ablöse der Kassenkredite eingestellt ist, so dass letztlich nur rund eine Million Euro jährlich an zusätzlicher Aufwendung verbleibt.

„Wiedergutmachungsversuch des Landes für kommunale Finanzmisere“

„Mit dem heute vorliegenden Haushalt bieten wir unserem Kreis eine nachhaltige Perspektive für die kommenden Jahre“, skizzierte Raoul Giebenhain eine Basis für realistische Konsolidierungsmaßnahmen, wollte jedoch „nicht in den uneingeschränkten Lobgesang in Richtung Hessische Landesregierung einstimmen“.

So begrüßenswert die „Hessenkasse“ einerseits auch sei, „so deutlich muss auf der anderen Seite aber auch gesagt werden dürfen, dass sie im Grunde genommen ein netter Wiedergutmachungsversuch des Landes für eine kommunale Finanzmisere ist, die eigentlich das Land und nicht die Kommunen selbst herbeigeführt hat“.

„Hessenkasse macht Odenwaldkreis fit für die Zukunft“

Die „Hessenkasse“ mache den Odenwaldkreis fit für die Zukunft „und ist ein Signal für nachhaltige kommunale Haushaltspolitik“, befand Elisabeth Bühler-Kowarsch, Sprecherin der GRÜNEN-Fraktion, und verwies auf den Profit aus „der guten Konjunktur und den Orientierungsdaten des Landes Hessen, die diese Rechnung überhaupt erst möglich machen“.

Bei allen Vorbehalten sei die „Hessenkasse“ ein Angebot, das man nicht ausschlagen könne. „Dass der Odenwaldkreis heute in der Lage ist, einen ausgeglichenen Haushalt mit einem kleinen Überschuss zu verabschieden, beruht zum kleinsten Teil auf eigenen Verdiensten, sondern ist zurückzuführen auf die gute konjunkturelle Lage und sprudelnde Steuereinnahmen, aber auch auf erfolgreiche Regierungsarbeit der Grünen auf Landesebene.“

Der Haushalt des Odenwaldkreises werde auch dadurch entlastet, dass ab dem neuen Kindergartenjahr das Land pro Kind 136 Euro an die Kommunen zahle und der Kreis entlastet werde, da er die Kita-Beiträge für einkommensschwache Familien nicht mehr übernehmen müsse.

„Faules Ei als hübsch verpacktes Geschenk für Kommunen“

Ebenso kritische wie letztlich zustimmende Redebeiträge lieferten ÜWG-Sprecher Georg Raab und sein FDP-Pendant Moritz Promny. Raab bezeichnete die Teilnahme an der „Hessenkasse“ als „alternativlos“, auch wenn 70 % der Erträge aus den Städten und Gemeinden selbst kämen.

In Abwandlung eines Zitats von Erich Kästner befand Moritz Promny: „Ob Sterngefunkel, ob Sonnenschein, im Odenwald muss beides sein!“ Angesichts eines Umverteilungsprogramms, bei dem die Kommunen 76 Prozent selbst zahlen würden, sei die „Hessenkasse“ zwar ein hübsch verpacktes Geschenk für die Kommunen, bei näherer Betrachtung jedoch ein faules Ei.

„Auf genehmigte Bundesmittel verzichtet“

Kritik übte Promny vor allem an Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al Wazir, „der selbst auf genehmigte Bundesmittel verzichtet“ mit deren Verwendung der ländliche Odenwald gestärkt werden könne, wenn denn endlich der lange geplante Ausbau der Bundesstraßen 45 und 38 zur besseren Verkehrsanbindung an die Ballungsräume erfolgen würde.

Karl-Ludwig Kuhnstein sprach für die AfD-Fraktion von „Anlass zur Hoffnung für unseren Odenwaldkreis“ durch die Teilnahme an der „Hessenkasse“. „Der Wegfall des Zinsrisikos für die ehemaligen Kassenkredite und deren Zinsbelastungen“ sei ebenso positiv zu bewerten wie „das mittelfristig geringere Zinsniveau für investive Maßnahmen“.

„Hessenkasse eine Mogelpackung“

„Nach wie vor reichen die Einnahmen bei weitem nicht aus, um alle eigentlich notwendigen Ausgaben des Odenwaldkreises zu finanzieren“, kritisierte Stephan Krieger für die Fraktion die LINKE. Die Landesregierung habe angedroht, die Kommunalaufsicht weiter zu verschärfen.

„Das heißt, die Landesregierung wird die Zügel weiter anziehen mit der Folge, dass den Kommunen eine neue Kürzungsorgie droht“, sagte Krieger und bezeichnete die „Hessenkasse“ als Mogelpackung. Die LINKE lehne deshalb eine Teilnahme ab.

Dem jetzt verabschiedeten Kreishaushalt für 2018 soll im kommenden Jahr ein Überschuss von 3,7 Millionen Euro im Etat folgen und 2020 ein solcher von 7,5 Millionen Euro. Damit würde der Kreis seine Konsolidierung konsequent fortsetzen. Die Schutzschirm-Vereinbarungen mit dem Land Hessen wären somit noch vor Ende der Laufzeit im Jahr 2020 erreicht.