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Zerstörte Weidezäune schützen auch nicht vor dem Wolf

Zerschnittenes Zaungeflecht. Foto: Ernst Ludwig Koch

Mutwilliges Zerschneiden von Zäune, das Freilassen von Schafen und Kühe erschrecken führen zu unvorhersehbaren Folgen

ASSELBRUNN. - Eine gemischte Herde von 46 Coburger- und Schwarzkopf-Schafen mit Lämmern und über 50 Rinder der vom Aussterben bedrohten Haustierrasse „Rotes Höhenvieh“ mit Kälbern in Mutterkuhhaltung, stehen beim Schafhalter und Rinderzüchter Ernst Ludwig Koch im Michelstädter Stadtteil Asselbrunn in den Gemarkungen „Im Lochfelde“ und „In den Erzwiesen“ auf den saftigen Weiden und betreiben Landschaftspflege in der kleinstrukturierten, artenreichen Kulturlandschaft.

Koch betreibt mit seinem landwirtschaften Betrieb auch Öffentlichkeitsarbeit um für seinen Berufsstand, der Weidetierhaltung und den seltenen Haustierrassen zu werben und bietet regelmäßig Themenwanderungen an, die einen Einblick in die Landwirtschaft und Tierhaltung geben.

Ein Abschluss in einem Gasthaus mit Biergarten im Stadtteil Steinbach rundet das Wanderangebot ab. Alles ein normales Abbild einer Weidetierhaltung und eines engagierten Landwirts im Odenwaldkreis.

Wären da nicht ein paar störende Faktoren die die Bewirtschaftung der Flächen und das Halten der Tiere nun zunehmend zu einer Belastungsprobe machen und zu einen erhöhten Mehraufwand der eh schon durch eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen gebeutelten Weidetierhalter führen.

Wie jeden Abend fährt Koch zu seinen Rindern und Schafen um diese entsprechend mit Wasser zu versorgen und seine vorgeschriebene Zaunkontrolle durchzuführen.

Am Montag, 3. August, fand er seine Schafsherde allerdings nicht in der mit einem Elektrozaun gesicherten Weide, sondern weitläufig zerstreut in den angrenzenden Flächen.

Irgendjemand hatte sich den zweifelhaften „Spaß“ gemacht und sämtliche stromführenden Litzen und das Zaungeflecht zerschnitten.

Nach einem kurzen Eintreiben der Schafe und einer notdürftigen Reparatur des Zauns war wieder Ruhe in der Herde. Jetzt muss Koch ein neues Zaunelement besorgen, da die notdürftige Reparatur der stromführenden Litzen zu Spannungsverlusten am Zaun führt.

In der Nacht zwischen Samstag, 08. August, und Sonntag, 09. August, - alarmiert von seinen Nachbarn - stolzierten seine wolligen Gefährten in der Gemarkung „In den Erzwiesen“ dann munter grasend auf dem Mümlingtal-Radweg und Richtung Anglersee umher.

Wieder waren die stromführenden Litzen und das Zaungeflecht zerschnitten. Koch hat Anzeige bei der Polizei erstattet, die sich vor Ort ein Bild machte und den Straftatbestand aufnahm.

„Stellen Sie sich vor, die Schafe verlassen nachts die Weide, keiner merkt was, die schlendern munter durch Asselbrunn, grasen noch ein paar Vor- und Nutzgärten ab und laufen dann auf die Bahngleise oder auf die B 45.

Über den Zoff mit den Ortsbewohnern und die möglichen rechtlichen Folgen bei einem Unfall im Bahn- und Straßenverkehr ggf. mit Todesfolge möchte ich gar nicht nachdenken.

Die Sicherungspflichten und die Beweislast liegen immer beim Tierhalter, egal wie. Da bezahlt die Tierhalter-Haftpflicht keinen Cent und ich bin finanziell am Ende.

Vor Gericht zieht man da eh den Kürzeren. Da wird einem noch vorgeworfen, man würde seine Herde nicht richtig einzäunen“, so Koch.

Koch berichtet auch von fünf Jugendlichen auf seiner Rinderweide, die sich anscheinend bei der Social-Media Challenge „Kühe erschrecken“ beteiligt haben und er gerade dazu kam, als diese auf der Weide die Rinder hetzten.

Koch hat die Jugendlichen dann vertrieben. „Wenn die Rinder - die normalerweise sehr genügsam und zutraulich sind - wegen Stress ausbrechen, kann ich für nichts mehr garantieren“, so Koch.

„Diese Aktionen sind kein Spaß, sondern lebensgefährlich und tierschutzwidrig. Die Tiere könnten äußerst gereizt reagieren, insbesondere wenn sie ihre jungen Kälber beschützen wollen.

Wenn eine Kuh oder ein Bulle so erschreckt und gereizt wird, hat ein Mensch keine Chance. Die Reaktionen der Rinder sind unvorhersehbar. Bei hochtragenden Tieren besteht durch die Freisetzung vieler Stresshormone die Gefahr des Verkalbens.

Hier werden unnötig Risiken für Mensch und Tier in Kauf genommen, nur um Klicks und Aufmerksamkeit zu erzielen. Wir möchten nur darauf hinweisen dass es sich hierbei um eine lebensgefährliche Aktion handelt.

Wir als Schäfer und Weidetierhalter haben gerade genug mit Bürokratie, der fehlenden Unterstützung aus dem Umweltministerium in Wiesbaden zu den Themen Weidetierprämie und Wolfsmonitoring zu kämpfen, da brauchen wir solche mutwilligen Aktionen, die uns Geld kosten, nicht auch noch“, erklärt Bernd Keller, Vorsitzender vom Schäferverein, stellvertretend für alle Weidetierhalter der Region.

„Sollten es militante Tierschützer gewesen sein, dann sei denen gesagt, dass kaputte Weidetierzäune auch keinen sicheren und vorgeschriebenen Weideschutz darstellen und somit die Schafe für den Wolf leichte Beute sind. Über die weitreichenden Folgen wollen wir hier mal gar nicht reden“. so Keller abschließend.