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Dokumente eines eindrucksvollen Theaterprojekts

Fotografien von Brigitte Götz (nicht auf dem Bild) dokumentieren die Arbeit von Dirk Daniel Zucht an dem Theaterstück „Der Gerechte“, das Pandemiebedingt nicht aufgeführt werden konnte. Die Bilder sind in einer Ausstellung im Landratsamt zu sehen, durch die Zucht an drei Terminen führt.

Ungewöhnlicher Ort: Um auch in Zeiten der Corona-Pandemie im Landratsamt in Erbach die Ausstellung „Der Gerechte“ eröffnen zu können, wurde die Vernissage ins Freie vor das Haupthaus verlegt. Landrat Frank Matiaske begrüßte die Gäste. Fotos: Stefan Toepfer/Kreisverwaltung

Ausstellung „Der Gerechte“: Wegen Corona nur geführte Besuche möglich

ODENWALDKREIS / ERBACH. - Als Zeugen einer „aufrechten Haltung in der NS-Diktatur“ hat Landrat Frank Matiaske den Odenwälder Landwirt Heinrich List und seine Frau Marie gewürdigt, die den Juden Ferdinand Strauß auf ihrem Hof versteckt und ihm so das Leben gerettet haben.

Ihnen ist eine Ausstellung im Landratsamt gewidmet, die Matiaske eröffnet hat.

„Die Ausstellung ist für die Lokalhistorie von großer Bedeutung, aber nicht minder ist sie hochaktuell, denn Rechtsradikalismus muss zu jeder Zeit bekämpft werden, auch heute.“

Im Zentrum der bis zum 20. November dauernden Schau stehen großformatige Fotografien von Brigitte Götz, die die Arbeit des Odenwälder Autors und Regisseurs Dirk Daniel Zucht dokumentieren, der die Geschichte rund um das Ehepaar List eigentlich in diesem Jahr im Erbach-Michelstädter Theatersommer auf die Bühne bringen wollte.

Das ging wegen der Corona-Pandemie nicht. Im Landratsamt werden nun Fotos von den Recherchen für das Stück und den Proben gezeigt.

Die Ausstellung trägt – wie das Theaterstück – den Titel „Der Gerechte“. Das Ehepaar List wurde posthum vom Staat Israel als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt.

Da die Ausstellung wegen der Pandemie nicht frei zugänglich ist, bietet Zucht am Mittwoch, 16. September, Mittwoch, 21. Oktober, und Mittwoch, 18. November, jeweils um 16 Uhr eine Führung für Interessierte an.

Dafür ist eine Anmeldung bei Ute Naas vom Kulturmanagement der Kreisverwaltung erforderlich, um die Abstands- und Hygieneregeln einhalten zu können.

Bei großem Interesse werden weitere Termine angeboten. Naas hat die Telefonnummer 06062 70-217 und die Mailadresse u.naas(at)odenwaldkreis.de.

Matiaske würdigte bei der Vernissage, die vor dem Landratsamt stattfand, das Engagement von Zucht und des Ensembles der Theaterschule Odenwald, „denn sie brechen mit dem Stück ein jahrzehntelanges Schweigen, führen die Taten der Täter und die Leiden der Opfer deutlich vor Augen“.

Seinerzeit war die Familie angezeigt worden, Heinrich List kam ins Konzentrationslager Dachau, wo er auf Grund der schlimmen Haftbedingungen starb.

Nach 1945 hatte die Familie damit zu kämpfen, als Außenseiter abgestempelt zu werden. Erst in den 1980er Jahren nahmen sich Heimatforscher und ein Journalist der Geschichte an und rekonstruierten die Geschehnisse beinahe lückenlos.

Zucht sagte mit Blick auf das Ehepaar List, sie hätten gezeigt, dass Ungehorsam nicht den Hochgebildeten vorbehalten gewesen sei. „Anstand kennt keine Klasse.“

Der Odenwaldkreis könne stolz auf diese Helden blicken. Ensemblemitglieder präsentierten einige Ausschnitte des Stücks.

Nach der Eröffnung wurden die Besucher in Kleingruppen durch die Ausstellung geführt. Zucht möchte das Stück im nächsten Jahr in Erbach aufführen; dazu erarbeitet er derzeit das Konzept.

Unter den Teilnehmern der Vernissage begrüßte Matiaske besonders den Enkel von Heinrich und Marie List, Heinz Knapp, und dessen Familie sowie Franz Bürkle.

Er hatte gemeinsam mit Hannes Winter und Werner König durch seine Recherchen dazu beigetragen, dass die Lists in der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem als „Gerechte unter den Völkern“ anerkannt wurden.