Jahreshauptversammlung: Deutliches Bekenntnis der Jusos gegen die Große Koalition
ODENWALDKREIS / ERBACH. - Bei ihrer Jahreshauptversammlung am Freitag, 16. Februar, in der SPD-Geschäftsstelle in Erbach, konnten sich die Jusos im Odenwaldkreis über zahlreiche Neumitglieder freuen.
Nach Grußworten aus dem südhessischen Bezirksvorstand durch Albert Krzysztofik und des DGB-Kreisvorsitzenden Harald Staier, der die Stimmung zu einer erneuten Großen Koalition an der gewerkschaftlichen Basis als deutlich kritischer darstellte, als dies zuletzt aus der Bundesspitze des DGB zu vernehmen war, konnten die Jusos auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr, gespickt mit einigen Aktivitäten, zurückblicken.
Das Thema #NoGroKo war für den Abend allerdings gesetzt. Die Jusos begrüßten die einstimmige Entscheidung des Vorstands der SPD Odenwald, die Große Koalition abzulehnen.
„Die SPD muss die zentrale Ressource des politischen Geschäfts wiedergewinnen, Glaubwürdigkeit. Das wird in einer Großen Koalition schlicht nicht gelingen.
Auf Parteitagen >A< beschließen, im Regierungshandeln dann aber zum dritten Mal in vier Legislaturperioden >B< umsetzen zu müssen, wird die Menschen nicht davon überzeugen, dass die SPD ein fundamental anderes Gesellschaftskonzept als die Union verfolgt.
Bisher hat niemand erklärt wie das funktionieren soll“, so Joshua Seger, alter und wiedergewählter Vorsitzender der Jusos im Odenwald.
Die SPD werde sich mit einer Entscheidung für die Große Koalition endgültig zum Reparaturbetrieb der Union degradieren, der Anspruch Volkspartei zu sein ginge verloren.
Christian Senker, der ebenfalls wieder zum Juso Vorsitzenden gewählt wurde, betonte: „Die SPD wird damit das befördern, was die Parteispitze nun vorgibt bekämpfen zu wollen. Den Rechtspopulismus. Österreich und die Niederlande sollten mahnende Beispiele dafür sein, was passiert wenn Große Koalitionen über mehrere Legislaturperioden hinweg regieren.
Jetzt sitzen dort die Rechtspopulisten in der Regierung. Wollen wir das in vier Jahren haben? Wollen wir die AfD vier Jahre lang die stärkste Oppositionskraft im Bundestag sein lassen?“, fragte er.
Ein Ja zum Koalitionsvertrag zementiere zudem das Personal an der Spitze, welches für das Chaos der letzten Wochen verantwortlich sei. Wie man mit diesem Personal in vier Jahren erfolgreich Wahlkampf führen wolle, sei fraglich.
Ebenso sei die Minderheitsregierung definitiv nicht vom Tisch, Angela Merkel habe selbst angedeutet, diese im Zweifel anführen zu wollen. Die FDP signalisiere zudem die Unterstützung einer solchen Regierung.
Auch das Argument, „ein Prozent von etwas, ist besser als 100 Prozent von nichts“, nahmen die Jusos im Zuge dessen aufs Korn. Über die Qualität des „etwas“ sei damit nichts gesagt. Zudem hätte die SPD dann seit 1949 immer auf eine Große Koalition mit der Union drängen müssen.
Inhaltlich sei der Koalitionsvertrag dürftig, es existierten keine Leuchtturmprojekte und sobald man in die Details gehe, würden die ausgehandelten Punkte abgeschwächt. Die Rentenreformen stünde de Facto unter Finanzierungsvorbehalt. Arbeitsmarkt - und sozialpolitisch seien faule Kompromisse erzielt worden.
Das Rückkehrrecht von Teil- auf Vollzeit gelte längst nicht für alle Beschäftigten, wenn man bedenke, dass davon nur mittelgroße und große Betriebe betroffen seien. Da sei die IG Metall mit ihrem neuen Tarifvertrag weiter. In der Gesundheitspolitik gebe es keine Fortschritte. Die Flüchtlingspolitik habe einen menschenfeindlichen Grundtenor.
Zur Umsetzung der Bildungspolitik brauche man teilweise 2/3-Mehrheiten im Bundestag, die Union und SPD gar nicht darstellen könnten. Umverteilung sei in einem Land in der die Spaltung von Arm und Reich immer deutlicher werde gleich gar kein Thema. Eine Große Koalition des politischen KleinKlein werde die Ränder aber nur stärken, so die Jusos.
Progressive Parteien wie die SPD würden für Visionen und eine große Idee gewählt, nicht für das Drehen kleiner Stellschrauben. Dafür gebe es schließlich Verwaltung. „Wenn das der Anspruch der SPD ist, dann verliert sie ihre Existenzberechtigung“, so Seger.
Verabschiedet wurde Eva Heldmann, die nun die Altersgrenze der Jusos erreicht hat. Als ehemalige Vorsitzende und langjähriges Mitglied des Vorstands, wurde sie, ebenso wie der langjährige Vorsitzende Raoul Giebenhain, zur „Ehrenjuso“ ernannt.
Der neu gewählte Vorstand besteht nun neben den Vorsitzenden aus den drei Stellvertretern Roger Nisch, Giovanni Isaia und Stefan Beller. Als Rechner wurde Oguz Han Hazneci bestätigt. Zu Beisitzern wurden Alexandra Nisch, Simon Stephan, Hüveyda Yilmaz, Manuela Heinrich und Oliver Friedrich gewählt.
Mit dem neuen Vorstand und dem Zulauf zahlreicher Neumitglieder sehen die Jusos sich in ihrer Haltung gegen die Große Koalition bestätigt, sowie für das kommende Jahr gut aufgestellt und bereit für den Landtagswahlkampf.