NEWS

Holzschnitte von Hans Sieverding, Plastiken von Matthias Will

Durch die Kraft der Verspannung werden die Arbeiten von Matthias Will zur Edelstahlskulptur. Dass seine „Drahtseilakte“ eine scheinbare Leichtigkeit vermitteln, davon lassen sich vom Künstler die Galeristin Veronica Kautsch (v.l.), die Kunsthistorikerin Dr. Isa Bickmann und Marita Sieverding überzeugen. Foto: Ernst Schmerker

Unverwechselbare Originale der beiden Odenwälder Künstler in der Galerie Kautsch

MICHELSTADT. - In der Galerie Kautsch an der Mauerstraße 11 sind bis 30. April Holzschnitte von Hans Sieverding und Plastiken von Matthias Will zu sehen.

Hans Sieverding lebte und arbeitete bis zu seinem Tode im Jahr 2019 in Steinbach, Matthias Will ist in Brombachtal Zuhause. Bei der Vernissage am Samstag stellte die Frankfurter Kunsthistorikerin Dr. Isa Bickmann die beiden Kunstschaffenden und ihre Arbeitsweise vor.

Der 1937 in Oldenburg geborene Sieverding erhielt seine Ausbildung bei dem Duisburger Maler Wilhelm Wiacker. Seine Bilder zeigen Menschen und Menschenlandschaften, die den Betrachtern nicht auf den ersten Blick plausibel erscheinen, die Fragen stellen, ohne vorschnelle Antworten zu geben.

Hans Sieverding bringt Gefundenes, Erfahrenes, Erforschtes, Gelesenes in Reihen, Serien, Systeme und Ordnungen in seine künstlerischen Bilder, die nicht zwanghaft, sondern voller Über-raschungen sind und Unerwartetes entdecken lassen.

Ein Bild kann nie zu Ende gesehen werden, immer wieder findet der Betrachter neue Leerstellen, die Fragen aufwerfen und somit etwas Ge-heimnisvollem Raum geben.

Die Holzschnitte zeigen eine formale wie inhaltliche Mehrschichtigkeit. In den großformativen Arbeiten sind vielfach mehrere Motive übereinander gedruckt. So entstehen in der Fläche Überschneidungen, Überlagerungen, Metamorphosen. Oft sind es großangelegte Variationsketten, in denen die Motive in verschiedene „Umgebungen“ eingebettet sind.

Die Druck-technik erfährt bei diesem Verfahren eine grundlegende Verschiebung: Dient der Holzschnitt traditionellerweise als Methode, prinzipiell gleichwertige Repliken zu erzeugen, benutzt Sieverding die druckgraphische Vervielfältigung, um unverwechselbare Originale zu schaffen.

Der 1947 in Kahl am Main geborene Matthias Will hat nach dem Studium der Kunstpädagogik an der Frankfurter Städelschule bei Michael Croissant Bildhauerei studiert. Seit 1980 ist er freischaffend tätig.

Von 1986 bis 1992 lehrte er an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt/Main. 1988 erhielt Matthias Will ein Arbeitsstipendium des Landes Hessen für „Cité Internationale des Arts“ in Paris.

Nach dem Georg Christoph Lichtenberg-Preis des Landkreises Darmstadt-Dieburg 1996, erhielt er 2004 den Wilhelm Loth-Preis der Stadt Darmstadt und 2014 den 1. Preis „Skulpturen im Park“ in Mörfelden-Walldorf.

Matthias Will ist seit 1995 Mitglied der Darmstädter Sezession. Matthias Will hat sich in seinem plastischen Gestalten für die Abstraktion in ihrer reinen Form des Quadrats und des Kreises, der Kugel und des Würfels entschieden.

Die geometrischen Formen dienen ihm als Grundlage einer unendlichen Folge der Variation. Edelstahl ist sein Material, das er schweißt und bearbeitet und dabei die Oberfläche fast skriptural gestaltet. Will ist vor allem für seine draht-seilverspannten Edelstahlskulpturen bekannt.

Dabei halten Stahlseile Teile der Skulptur in der Schwebe, was ihnen – ihrer Schwere zum Trotz – eine scheinbare Leichtigkeit verleiht. Häufig entsteht eine Skulptur dadurch, dass Will einen Kreis in Teile zerlegt und die Teile anschließend zu einer harmonischen Komposition zusammensetzt.

Die Teile ergänzen sich jedoch nicht nur zu einem neuen Ganzen, meist stehen sie zudem in einer Spannung. Diese Spannung entsteht in einem Fall dadurch, dass Teile der Oberfläche wie bei einer Explosionszeichnung gegeneinander verschoben sind.

Dabei geht Will, und dies macht seine Werke so verblüffend, an die Grenzen des physikalisch Möglichen. Er vollzieht virtuos und akrobatisch „Drahtseilakte“ und eröffnet damit der Gattung der Plastik Möglichkeiten, die im Bereich der Kunst bisher allenfalls im Medium der Malerei geläufig waren.

Geöffnet ist die Ausstellung bis 30. April mittwochs bis freitags von 15 bis 18 Uhr, samstags von 12 bis 16 Uhr sowie nach telefonischer Vereinbarung unter 0151-11619359.