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Teils massive Ernte-Einbußen und viel Arbeit fĂŒr die Feuerwehr

Einer von vielen EinsÀtzen: Die Feuerwehr Michelstadt löscht am 6. August im Wald zwischen Eulbach und Boxbrunn einen Brand. Foto: Kreisfeuerwehrverband

Trockenheit wohin das Auge reicht: ein Maisfeld bei Reichelsheim-Rohrbach. Insgesamt ist auf den Maisfeldern im Odenwaldkreis mit Ertragseinbußen von mehr als 30 Prozent zu rechnen. Foto: Marcel Bahr, Kreisverwaltung

Erstes Hitze-Fazit der Kreisverwaltung: „Zum GlĂŒck keine Waldbrandkatastrophe“

ODENWALDKREIS. - Trockene Felder, BrĂ€nde, Niedrigwasser: Die Hitze der vergangenen Wochen hat auch im Odenwaldkreis deutliche Spuren hinterlassen. Daran haben das jĂŒngste Gewitter und die leichte AbkĂŒhlung nichts geĂ€ndert. Eine Umfrage in der Kreisverwaltung macht das ganze Ausmaß der Wetterfolgen deutlich.

So mĂŒssen nahezu alle Landwirte, die GrĂŒnland bewirtschaften beziehungsweise Mais anbauen, im Vergleich zum Vorjahr mit massiven Ertragseinbußen rechnen – beim Mais mit mehr als 30 Prozent, beim GrĂŒnland sogar mit mehr als 40 Prozent, wie es aus der Hauptabteilung LĂ€ndlicher Raum, VeterinĂ€rwesen und Verbraucherschutz heißt.

„Katastrophale Situation“

„Die Situation ist katastrophal.“ Davon sind auch die Viehhalter besonders betroffen. Es herrscht bereits jetzt ein großer Mangel an Grundfutter, vor allem fĂŒr Rinder, aber auch fĂŒr Schafe und Pferde. Die Betriebe zehren von den VorrĂ€ten des vergangenen Jahres und bemĂŒhen sich um Zukauf von Futter, was zunehmend schwierig wird.

Um die Situation etwas zu entschĂ€rfen, wurde den Landwirten Anfang August erlaubt, so genannte ökologische VorrangflĂ€chen zu nutzen. Das sind 88 Hektar AckerflĂ€chen, die nach Vorgaben der EuropĂ€ischen Union eigentlich nicht bewirtschaftet werden dĂŒrfen, aber jetzt zur Futtergewinnung freigegeben wurden.

Heftige Ernteeinbußen

Gleichwohl mĂŒssen einige Landwirte ihre ViehbestĂ€nde durch vorzeitige VerkĂ€ufe reduzieren, was abermals zu ErtragsrĂŒckgĂ€ngen fĂŒhrt.

Bei ZuckerrĂŒben ist mit Ernteeinbußen von 25 bis 30 Prozent zu rechnen. Entspannter ist die Lage lediglich beim Getreide- und Rapsanbau. Die Einbußen liegen bei etwa zehn Prozent, die QualitĂ€t ist normal bis gut. Allerdings haben ökologisch arbeitende Landwirte höhere Verluste, die bei 20 bis 30 Prozent liegen.

Am kommenden Mittwoch treffen sich auf Einladung des Umweltministeriums Vertreter der LandwirtschaftsĂ€mter aus ganz Hessen, um die Lage zu besprechen. Dabei soll auch ĂŒber Hilfsmaßnahmen informiert werden, die die Landesregierung in Aussicht gestellt hat.

66 Wald- und FlÀchenbrÀnde im Odenwaldkreis

Eine große Herausforderung ist die Hitzeperiode auch fĂŒr die Feuerwehren im Odenwaldkreis gewesen. Seit Anfang Mai haben sie 66 Wald- und FlĂ€chenbrĂ€nde bekĂ€mpft, wie Kreisbrandinspektor Horst Friedrich mitteilt.

Hinzu kamen sechs weitere BrĂ€nde wie die von Scheunen oder Heuballen, die wegen der anhaltenden Trockenheit schnell große Ausmaße annahmen. „Im Moment können wir die Anforderungen gut erfĂŒllen, wobei die ehrenamtlichen FeuerwehrmĂ€nner und -frauen, die oft ausrĂŒcken mussten, extrem belastet sind. Zum GlĂŒck hatten wir noch keine Waldbrandkatastrophe“, so Friedrich.

Bitte, weiter wachsam zu sein

Das sei auch der großen Aufmerksamkeit der BĂŒrger geschuldet, die BrĂ€nde rasch gemeldet hĂ€tten. „Ich bitte alle darum, weiter wachsam zu sein und die 112 zu wĂ€hlen. DarĂŒber hinaus ist offenes Feuer im Freien weiter strikt zu vermeiden.

Auch im Wald zu rauchen oder Zigarettenkippen aus dem Autofenster zu werfen, ist ein absolutes Tabu.“ Die Gesamtlage entspanne sich erst dann, wenn es mehrere Tage, am besten eine Woche lang durchgehend regne.

FĂŒr große Aufmerksamkeit hatte die Absage des Festivals Sound of the Forest gesorgt, die auch Friedrich unter den gegebenen UmstĂ€nden als notwendig erachtet hatte. „Die Entscheidung war richtig, denn fĂŒr uns steht die Sicherheit der Festivalbesucher an oberster Stelle.

Ein Feuer hĂ€tte sich im Wald rasend schnell ausgebreitet. Die Rettung der Besucher wĂ€re – auch aufgrund der besonderen Lage des FestivalgelĂ€ndes – massiv erschwert wenn nicht gar unmöglich gemacht worden.“

Mehr NotfalleinsÀtze mit Bezug zu Hitzefolgen

Aufgrund der extremen Wetterlage hatten die Rettungsdienste mehr zu tun als sonst. Wie Dr. Bernhard Krakowka, der Ärztliche Leiter Rettungsdienst, sagt, gab es in den letzten Wochen eine Zunahme von rund 25 Prozent an NotfalleinsĂ€tzen mit Diagnosen mit Bezug zu den Hitzefolgen, zum Beispiel Kreislaufkollaps und Austrocknung mit entsprechenden Folgen.

Klassische BadeunfĂ€lle mit Menschen, die ertranken oder drohten zu ertrinken, gab es nicht. „Allerdings hatten wir mehr EinsĂ€tze in SchwimmbĂ€dern, unter anderem wegen Kreislaufkollaps und Schnittwunden.“

Die Entscheidung, das Sound of the Forest-Festival abzusagen, hĂ€lt auch Krakowka fĂŒr richtig, „weil die Aussagen der Experten fĂŒr die Beurteilung der Waldbrandgefahr hier eindeutig und ĂŒbereinstimmend waren“. Diese EinschĂ€tzungen stĂŒnden absolut im Vordergrund.

„Wenn das Festival stattgefunden hĂ€tte, wĂ€re es selbstverstĂ€ndlich gewesen, die sanitĂ€tsdienstlichen und gegebenenfalls notfallmedizinischen Vorkehrungen fachlich zu ĂŒberdenken und anzupassen, besonders mit Blick auf Risiken wie Kollaps, Brandverletzungen und Massenpanik.“

Trockenheit fĂŒhrte sehr wenig Wasser in FlĂŒssen und BĂ€chen

TĂ€tig werden musste auch die Untere Wasserbehörde. Wegen der Trockenheit fĂŒhren die MĂŒmling und die Gersprenz sowie deren SeitengewĂ€sser nur sehr wenig Wasser. Die Behörde untersagte die Entnahme von Wasser aus allen diesen FlĂŒssen und BĂ€chen, zunĂ€chst Anfang Juli fĂŒr das Gersprenz- und Ende Juli fĂŒr das MĂŒmlingtal.

„Die Tier- und Pflanzenwelt in und an den GewĂ€ssern leidet ohnehin schon. Eine Wasserentnahme, etwa zur BewĂ€sserung von GĂ€rten, hĂ€tte massive Auswirkungen. Die geringe Wassermenge ist fĂŒr das Überleben von Tieren und Pflanzen zwingend erforderlich“, so Gerd Knipfer von der Unteren Wasserbehörde.

BÀume entledigten sich schon jetzt der BlÀtter

Auch sein Kollege Ralf Klein von der Unteren Naturschutzbehörde macht auf den „ großen Stress“ aufmerksam, unter dem die Natur derzeit leidet. Wasserstellen fĂŒr Tiere wĂŒrden kleiner und immer wieder wĂŒrden derzeit tote Tiere aufgefunden, zum Beispiel Vögel.

BĂ€ume entledigten sich schon jetzt der BlĂ€tter, weil sie zu wenige NĂ€hrstoffe haben. „Es ist so, als beginne der Herbst in diesem Jahr schon im August.“ Aufgrund des Klimas seien Wespen und Hornissen frĂŒher unterwegs als sonst, fĂŒgt Klein hinzu.

Menschen hat die Hitze auch in RĂ€umen zugesetzt

Außerdem gebe es mehr Hornissen als im vergangenen Jahr, was mit hoher Wahrscheinlichkeit an den diesjĂ€hrigen warmen FrĂŒhlings- und Sommermonaten liege, „die dazu beigetragen haben, dass sich grĂ¶ĂŸere Populationen entwickeln konnten“. Zum Ende des Sommers werde eine abschließende Bilanz gezogen.

Menschen hat die Hitze nicht nur draußen, sondern auch in RĂ€umen zugesetzt. Zum Beispiel in SchulgebĂ€uden, fĂŒr die das Bau- und Immobilienmanagement Odenwaldkreis zustĂ€ndig ist.

Dessen Leiter Rainer Zelta hatte in einer Rundmail zum Schuljahresbeginn an alle Schulleitungen und Hausmeister appelliert, die RĂ€ume in den Morgenstunden ausreichend zu lĂŒften, Vorrichtungen zum Sonnenschutz rechtzeitig zu nutzen und sich „gegenseitig und tatkrĂ€ftig bei allen Maßnahmen gegen die derzeit bestehende außergewöhnlich große Hitzebelastung“ zu unterstĂŒtzen.