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„Naturschutzfachliche Erkenntnisse vom Tisch gefegt“

Endpunkt.

Biotop Galgenberg.

„Der Naturschutz steht in Höchst weiterhin nicht auf der Agenda der Gemeindevertretung“

HÖCHST. - Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) nimmt seit fast 40 Jahren am sogenannten Interessenausgleich im Rahmen der Bauleitplanungen von Städten und Gemeinden teil. In Höchst hatte der Verband bekanntlich vor über einem Jahr auf die Zerstörung einer Fläche hingewiesen, die im Zuge eines solchen Verfahrens für den Naturschutz bereitgestellt worden war.

In diesen Tagen erhielt der Verband die Einschätzung des Regierungspräsidenten zu der Frage, ob die damalige Maßnahme ungesetzlich gewesen sei und ob der Landrat ein Ordnungswidrigkeitenverfahren hätte einleiten müssen.

Allen Interessenten sei es deutlich gesagt: Eine im Bebauungsplan für Naturschutzmaßnahmen festgesetzte Fläche hat keinerlei realen Schutz. Es liegt im Ermessen des Landrates, ob eine im Gesetz genannte Ordnungswidrigkeit verfolgt wird – und im Odenwald heißt dieses Ermessen: 'Wir tun nichts.' Jeder Autofahrer wünschte sich solch großzügige und nachsichtige Ordnungsbehörde.

Der Regierungspräsident vertritt sogar die Auffassung, die vorjährige Rodung sei erst der Grundstein für die plangerechte Entwicklung dieser Fläche. Der RP führt aus: “Die Untere Bauaufsichtsbehörde wies darauf hin, dass durch die Fällung der Bäume damit erst die Voraussetzungen für die Entwicklung einer Hecke nach den Vorgaben des Bebauungsplanes geschaffen worden seien.“

BUND-Sprecher Harald Hoppe: „Es ist erstaunlich mit welcher Kühnheit alle naturschutzfachlichen Erkenntnisse von den Verwaltungsjuristen vom Tisch gefegt werden. Die Bauaufsicht des Landkreises betrachtet den Vorgang im Kopfstand, denn zuerst waren schutzwürdige Gehölze da, die der später aufgestellte Plan erhalten und schützen wollte. Von einer Entwicklung, die durch den massiven Eingriff 15 Jahre nach Planaufstellung erst angestoßen werden muss, war nie die Rede.“

Eine Nachfrage des Umweltverbandes bei den Fraktionen der Höchster Gemeindevertretung nach Konsequenzen aus dem Vorfall blieb ergebnislos. Wolfgang May (WfH) berichtete über seine mündliche Anfrage, Maline Thierolf (Bündnis90/Die Grünen) wollte sich darum kümmern, dass sich derartiges nicht wiederhole. CDU, KAH und SPD sahen keine Notwendigkeit einer Antwort.

Als im Sommer des vergangenen Jahres wieder einmal ein Planentwurf aus Höchst eintraf, wies der Umweltverband in seiner Stellungnahme auf das offensichtliche Defizit der Überwachung und Ahndung von Naturschutzverstößen hin und bat um geeignete Planinhalte. Denn der Schutzstatus eines Bebauungsplans ist in Höchst – und in allen anderen Odenwaldgemeinden - offensichtlich nicht den Tonerstaub wert, mit dem er auf Papier gebracht wird.

Wie wenig dieses Thema die Gemeindevertreter von Höchst bewegt, konnte man am Mittwochabend in der Bauausschusssitzung ermessen. Die Beschlussfassung über einen etwa 80 Seiten starken DIN A4-Hefter mit Anmerkungen zum Plan 'Brennholzhandel' beschäftigte die Parlamentarier etwa 25 Sekunden.

Dann waren 15 Anmerkungen von Umweltverbänden (BUND, Nabu, hess. Sportfischer) einstimmig abgeschmettert, bei einigen dürfen sich die Absender noch freuen, dass ihre Zeilen 'zur Kenntnis genommen' wurden. Die Gedanken des BUND wurden durchweg 'zurückgewiesen' – als ob sich dadurch auf magische Weise die Auseinandersetzung mit den angesprochenen Themen erledigen würde. Fotos: Harald Hoppe