NEWS

KOMMENTAR: Umsetzung gemeinsamer Vorstellungen ist gefragt

Weg von einem CDU-Bürgermeister, über einen unabhängigen FDP-Rathauschef hin zu einem ebenfalls unabhängigen CDU-Brückenbauer an der Verwaltungsspitze der Stadt Erbach. So lässt sich der Schlingerkurs der politisch Verantwortlichen in der Odenwälder Kreisstadt über die vergangenen sechs Jahre vereinfacht darstellen.

Doch diese Formel greift eindeutig zu kurz. Im Rückblick auf die Zeit vor der jüngsten Bürgermeisterwahl im März 2018 wird deutlich, dass der damalige CDU-Bürgermeister Harald Buschmann, der bei seiner Inthronisierung 18 Jahre zuvor von einer breiten politischen Mehrheit aus CDU, GRÜNEN und Überparteilichen Wählern (ÜWG) getragen worden war, fast jeden politischen Rückhalt im Erbacher Parlament verloren hatte, und lediglich noch von seinen Christdemokraten Unterstützung erfuhr.

Ein neuer Bürgermeister sollte Buschmann ablösen. Mit dem liberalen Dr. Peter Traub wurde ein für SPD, ÜWG und GRÜNE konsensfähiger Kandidat gefunden. Auf ihm, der als unabhängiger Kandidat angetreten war, ruhten alle Hoffnungen für einen Neustart mit gebündelter parlamentarischer Kraft über Parteigrenzen hinweg - zum Wohle Erbachs.

Das Ergebnis ist bekannt: Traub gewann als Herausforderer die Wahl deutlich gegen Amtsinhaber Buschmann, der lediglich noch 32,2 Prozent der Wähler hinter sich vereinen konnte. Wer jetzt geglaubt hatte, die politischen Grabenkämpfe im Erbacher Stadtparlament würden zugeschüttet, sah sich getäuscht.

Schon bald nach dem Amtsantritt von Dr. Traub bildete sich eine vom neuen Bürgermeister gestützte sogenannte lose „bürgerliche Koalition“ aus ÜWG, CDU, FDP unter temporärer Beteiligung der damaligen AfD, der heutigen Fraktion für Stadtentwicklung.

SPD und GRÜNE, die gemeinsam mit der ÜWG Traub unterstützt und ein gemeinsames Programm zur Stadtentwicklung erarbeitet hatten, blieben außen vor und sahen sich und das gemeinsame Programm isoliert. Eine Situation mit Sprengstoffcharakter.

Hinzu kam, dass die verjüngte Erbacher CDU das Verwaltungshandeln des Bürgermeisters zunehmend kritisch beleuchtete und auch die ÜWG nicht mehr einmütig hinter dem von ihr ursprünglich mitgetragenen Bürgermeister stand.

Anders ist die schon vor Monaten erfolgte ÜWG-Anfrage bei Eric Engels, ob er als Bürgermeisterkandidat für 2024 zur Verfügung stehen würde, nicht zu erklären.

Vor diesem Hintergrund hat der amtierende Rathauschef, völlig unabhängig vom Ausgang der Bürgermeisterwahl am Sonntag, 25. Februar, seine seitherige politische Mehrheit im Erbacher Stadtparlament verloren.

Eine äußerst schwierige, wenn nicht gar unlösbare Aufgabe für den aktuellen Bürgermeister, die sícher nicht zum Vorteil einer dringend erforderlichen Stadtentwicklung Erbachs bei landauf, landab klammen kommunalen Kassen gereicht.

Umso mehr ist die Umsetzung vernünftiger gemeinsamer Programme samt deren Lösungskonzepten gefragt – ungeachtet wer diese erstellt und letztlich umsetzt.

Politische Grabenkämpfe jedenfalls sollten in Erbach, wie auch andernorts, endgültig der grauen Odenwälder Vergangenheit angehören.

Dazu steht das jetzt neu installierte Erbacher Dreierbündnis aus CDU, SPD und GRÜNEN gemeinsam auf dem Prüfstand – völlig gleichgültig, wer am kommenden Sonntag als Sieger aus der Bürgermeisterwahl hervorgeht. Ein „Tiefpunkt der politischen Kultur im Odenwald“, wie von Dr. Peter Traub dargestellt, ist das sicher nicht.

Der Bürgermeisterwahlkampf in Erbach ist zwar seit Anfang November 2023 eröffnet, richtig entfacht ist er bis dato allerdings - abgesehen von diversen, eher unbedeutenden Scharmützeln von beiden Seiten nicht.

Das mag einerseits der ruhigeren Festtagszeit rund um Weihnachten und den Jahreswechsel geschuldet sein, und hat sich auch in den knapp sieben Wochen der zurückliegenden närrischen Zeit kaum geändert.

Damit Erbacher Wähler am Sonntag auch tatsächlich eine Wahl haben zwischen zwei Kandidaten sollten sie sich tatsächlich noch einmal die Programme beider Bewerber und deren realistischen Umsetzungsmöglichkeiten genau ansehen.