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Amtsrichter Helmut Schmied klärt Wirtschaftsfachleute über Konkurrenzausspähung auf

Ex-Landrat Dietrich Kübler hat derzeit wenig zu lachen, sitzt wegen Untreue zu Lasten des Odenwaldkreises auf der Anklagebank des Amtsgerichts Michelstadt.

Das Amtsgericht Michelstadt ist derzeit Schauplatz eines umfangreichen Strafverfahrens...

...gegen den früheren Landrat des Odenwaldkreises Dietrich Kübler (66, ÜWG). Fotos: © by –pdh-

Affäre Standortmarketing-Odenwaldkreis: Ex-Landrat Dietrich Kübler auf der Anklagebank

ODENWALDKREIS / MICHELSTADT. - Außentemperatur 32 Grad, randvoller Zuschauerraum, ein dreiköpfiges Schöffengericht, eine Staatsanwältin aus Darmstadt und ein beklagter Politiker, umrahmt von sage und schreibe drei Verteidigern. Das hat das Amtsgericht Michelstadt im Odenwaldkreis lange nicht gesehen.

Seit Juni 2013 schwelte die Affäre um ein neues Odenwälder Standortmarketing, das nach Zeugenausführung bis heute nicht Realität wurde, aber immense Kosten verursacht und geharnischten Unfrieden im Odenwaldkreis gestiftet hat. Und mittlerweile den damaligen Odenwälder Landrat Dietrich Kübler (66, ÜWG) aus seinem Amt und vor die Schranken des Gerichts gebracht hat.

Die Staatsanwaltschaft Darmstadt beschuldigt den Politiker, in seiner Amtszeit mittels wettbewerbsbeschränkender Absprachen dem Odenwaldkreis einen nicht geringen finanziellen Schaden zugefügt zu haben.

Dieser wird von der die Anklage vertretenden Staatsanwältin Brigitte Lehmann auf mindestens knapp 100.000 Euro beziffert, von Odenwälder Politikern auf insgesamt knapp eine halbe Million Euro Gesamtschaden für den Landkreis geschätzt.

Wie aus den ersten drei Zeugenaussagen hervorgeht, hat der inzwischen abgewählte Landrat Dietrich Kübler alles darangesetzt, den mit ihm befreundeten Inhaber einer Odenwälder Werbeagentur die Ausschreibung für eine Standort-Werbemaßnahme gewinnen zu lassen.

Dabei ist er nach den Zeugenaussagen nicht davor zurückgeschreckt, Ausschreibungsmodalitäten zu verändern, Mitarbeiter einzuschüchtern und sogar zu bedrohen und ohne Weisungsbefugnis in die Personalentwicklung einer nachgeordneten Kreisfirma einzugreifen.

Dies alles konnte geschehen, so ergab es die Zeugeneinvernahme durch Amtsrichter Helmut Schmied, weil die Mitarbeiter bis zum Geschäftsführer um ihre Existenz gebangt hatten und von daher unredliche Anweisungen befolgt hatten.

Der Vorsitzende Richter Helmut Schmied, der sich exzellent vorbereitet und in den Fall vorab eingearbeitet hatte, arbeitete sehr geschickt die vor Jahren bereits von FACT aufgezeigten Dollpunkte der Odenwälder Standortmarketing-Affäre heraus.

Die später zum Ausschreibungssieger erklärte Werbeagentur hatte noch nicht einmal die erste von drei Hürden der Wettbewerbs-Jury überwunden, und wurde dennoch immer wieder vom Landrat ins Boot geholt, mit abstrusen Maßnahmen bis zur Veränderung der Wettbewerbs-Kriterien.

Einmal platze Richter Schmied der Kragen, als nämlich eine Zeugin der Odenwald Regional-Gesellschaft (OREG) arglos erklärte, die vom Landrat protegierte Agentur habe noch nicht einmal die vorgeschriebene Kostenplanung rechtzeitig vorgelegt.

Die Kostenrechnungen der Konkurrenz seien allerdings zu dem Zeitpunkt an den großen Kreis der so genannten „Steuerungsgruppe“, also auch an den damaligen Landrat verteilt worden. Und, o Wunder, kurz danach habe auch die Landrats-Lieblingsagentur ihre Preisvorstellung abgegeben.

Wer denn am Ende das günstigste Angebot offeriert hätte, fragte der Richter vorsichtig. Die Lieblingsagentur, antworte die Zeugin, und wunderte sich über das heftige Murmeln im Zuhörerraum.

Das Verfahren wird am kommenden Montag, 10. Juli, im Amtsgericht Michelstadt mit dem zweiten von vorläufig drei angesetzten Verhandlungstagen fortgeführt.