Kirchenpolizei schaut nach dem Rechten
WALD-AMORBACH. - Ein Blick ins Gästebuch gibt Einblick: Ein Jahr nach ihrer Eröffnung hat die Mediale Lichterkirche im Breuberger Stadtteil Wald-Amorbach schon richtiggehende Fans gefunden: „Eine wunderbare Idee für eine kleine Auszeit“, ist da zu lesen.
„Das ist eine echt coole Kirche, die beste Kirche“ oder gar: „Die tollste Kirche der Welt“. Das Gästebuch, das mit der Eröffnung nach der kompletten Renovierung des kleinen und feinen evangelischen Gotteshauses beginnt, ist schon zu zwei Dritteln vollgeschrieben.
Auf manchen Seiten finden sich auch Zeichnungen, und es gibt Einträge von Besuchern aus Frankreich, den USA, aus Portugal und Nigeria.
Aber der Zuspruch kommt natürlich auch aus der Nähe: Ein Ehepaar aus Bad König besucht die Kirche regelmäßig, weiß Kirchenvorsteher Dieter Weber. „Wenn wir Ruhe haben wollen, fahren wir nach Wald-Amorbach“, zitiert er die beiden.
Manche kommen zufällig vorbei, auf einem Wanderweg oder als Tagesbesucher im Ort. Manche nutzen die Möglichkeit, selbst das Licht im Raum zu gestalten oder vorgelesene Gedanken, Gebete oder Musik auszuwählen, andere wiederum schätzen Stille.
Bis vor etwa einem Jahr ist die evangelische Kirche in Wald-Amorbach grundlegend renoviert worden. Im Zuge dessen hielt das moderne Konzept Einzug. „Damit die Kirche tagsüber geöffnet sein kann“, so Dieter Weber.
Denn das liegt ihm am Herzen, und er bedauert, dass gerade evangelische Kirchen so oft geschlossen sind. „Viele Menschen suchen aber Einkehr“, weiß er. „Wenn in einer Kirche so wie nun hier nur noch einmal im Monat Gottesdienst ist, dann sollte sie auch zu anderen Zeiten zugänglich sein – „als ein Ort, um Gott zu begegnen“.
So hat die Wald-Amorbacher Kirche nun dank eines automatisierten Türschlosses jeden Tag von 9 bis 19 Uhr geöffnet.
Die Sorge vor Vandalismus, dem Missbrauch des Sakralraums für welche Zwecke auch immer, ist das, was viele Gemeinden von der Öffnung ihrer Gotteshäuser abhält. Aber dieses Risiko müsse man eingehen, meint Weber und hofft, dass auch andere Kirchengemeinden den Mut dazu finden, zumindest mit Kirchen in Ortslage.
Natürlich müsse man täglich kontrollieren, das gehöre dazu. Er selbst habe vor einiger Zeit zwei „wirklich wilde Jungs“ in der Kirche überrascht, als sie gerade vorne am Mikrofon einen Rocksänger imitierten.
„Ich habe sie kurzerhand bei ihrer Ehre gepackt und zur Kirchenpolizei ernannt“, erzählt Weber. Wenn er sie seither ab und an auf der Straße trifft, melden sie meistens: „Wir waren in der Kirche, alles in Ordnung!“
Mit der im Zuge der Renovierung installierten Technik – vor allem Beleuchtung und Beschallung sowie Schließanlage – sei es freilich nicht immer ganz einfach, „auch da haben wir inzwischen ein Jahr lang unsere Erfahrungen gemacht“.
Gut kennt sich damit das nachberufene Kirchenvorstandsmitglied Hermann Trenschel aus – „ich bin tief dankbar, dass er jetzt dabei ist“, freut sich Dieter Weber.
Noch einmal zum Gästebuch: Ein Eintrag stammt von einem Pater aus Portugal, der anlässlich seines 40-jährigen Priesterjubiläums auf eine Pilgerwanderung ging.
In der von ihm verzeichneten Route finden sich viele klangvolle Namen von bekannten Pilgerorten: San Sebastian, Bilbao, Lourdes, Avignon – und in diese Reihe gehört nun: Wald-Amorbach.