Corona-Virus: Odenwaldkreis mit landesweit höchster Todesrate
Kritik auch von Rettungs- und Hilfsdiensten zur Intransparenz in der KommunikationODENWALDKREIS / ERBACH. - Ein einsamer hessischer Rekord unangenehmer Art, nämlich den der vermeldeten Todesfälle mit Corona-Hintergrund haftet dem Odenwaldkreis seit Anfang April an.
Der mit knapp 97.000 Einwohnern kleinste hessische Landkreis, meldet die mit Abstand höchste Anzahl bestätigter SARS-CoV-2-Todesfälle.
Stand Freitag, 24. April, betrug die Zahl der gemeldeten Verstorbenen im Kreis, die zuvor positiv getestet worden waren, 43. Und das bei der mit großem Abstand geringsten Einwohnerzahl der hessischen Landkreise. Damit sind rund 14 Prozent der 310 positiv Getesteten im Odenwaldkreis verstorben.
Zum Vergleich: der Nachbarkreis Bergstraße zählt 269.910 Einwohner, meldet im gleichen Zeitraum 298 nachgewiesene Infektions-, und zwei Todesfälle. Die Stadt Frankfurt als größte hessische Stadt mit 753.056 Einwohnern verzeichnet zum gleichen Zeitpunkt 28 Corona-Verstorbene.
Der reine Zahlenvergleich ist allerdings nicht statthaft, es gibt eine Reihe von ungleichen Voraussetzungen und geriatrische Verzerrungen. Aber auch Hinweise auf ungleiche Zählweisen.
Dennoch drängt sich aufgrund der stark abweichenden Fallzahlen eine genauere Betrachtung auf. So behaupten Funktionsträger des Odenwaldkreises, die zahlreichen Altenheime im Gebiet wären von Beginn an konsequent auf Corona getestet worden und jeder darauffolgende Todesfall sei seither im Falle der Infektion der meist hochbetagten Bewohner als Corona-Todesfall gezählt worden, auch wenn die eigentliche Sterbeursache oftmals eine ganz andere gewesen sei.
Der Abteilungsleiter Presse, Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation des Kreises Bergstraße, Dr. Johannes Brunsch, sagte am 20. April, der Kreis Bergstraße gehe hingegen davon aus, „dass die Zahlen, die im Hinblick auf die Corona-Epidemie von den einzelnen Landkreisen veröffentlicht werden, vergleichbar sind.“
Im Gegensatz zu fast allen anderen Kreisen und Städten verweigert der Odenwaldkreis jedoch jedwede Transparenz.
Während andere Kreise und kreisfreie Städte, so auch der Nachbarkreis Bergstraße täglich eine genaue Statistik veröffentlichen, wie viele Fälle der Infizierung, Genesung und Ablebens es gab und diese Angaben auf die einzelnen Städte und Gemeinden aufschlüsselt, verheimlichen der Odenwaldkreis und seine Presstestelle die Angaben und geben nur die Gesamtzahl der Infizierten, Genesenden und Todesfälle ohne lokale Aufschlüsselung bekannt.
Selbst Bürgermeister sollen nach aktueller Befragung keine aufgeschlüsselten Informationen über das Gesundheitsgeschehen in ihren Kommunen erfahren. Die Argumentation für das Verschweigen der unterschiedlichen Ausbreitung im Kreis wechselt ständig.
Mal gibt es angeblich keine Schwerpunkte, dann werden ärztliche Schweigepflicht oder Datenschutz vorgeschoben. Was so absolut nicht zu halten ist, denn es werden Schwerpunkte im Kreis angefragt, keine Namen oder Ortsteile.
Besonders ärgerlich sollen nach aktuellen Informationen auch Rettungs- und Hilfsdienste wie Freiwillige Feuerwehren sein, die vor ihren Einsätzen ebenfalls keine Informationen erhalten und sich darüber beschweren, vor einem Transport von Krisenpatienten nicht über deren Zustand informiert zu werden.
Am Landrat des Odenwaldkreises, Frank Matiaske, SPD, prallt die Kritik seit Wochen ab. Er fürchtet bei Bekanntgabe von Schwerpunktgemeinden deren Stigmatisierung. Ein Grund, den die Mitarbeiter der Rettungsdienste, die sich täglich in Gefahr begeben, nicht nachvollziehen können.