Hilfe fĂĽr SchĂĽler auf steinigen Wegen
Grobeis: Schulsozialarbeit essentiell + + + Erster Fachtag für Pädagogen und SchulleiterODENWALDKREIS / HÖCHST. - Einen Stein nach dem anderen hebt der Schüler der Höchster Ernst-Göbel-Schule aus dem Schubkarren und legt sie auf den Boden. „Zu laut“, „stören“ oder „Schlägerei“ steht auf ihnen.
All das ist dem Jugendlichen nicht fremd, der im Kloster Höchst vor Schulleitern, Schulsozialarbeitern und Mitarbeitern des Jugendamts steht. Aufmerksam verfolgen sie seine Schilderungen.
Zu jedem schweren Stein hat der Vierzehnjährige etwas zu sagen, berichtet von belastenden Erlebnissen aus seinem privaten Umfeld, die ihm den Schlaf rauben. Am Schluss zeigt er einen roten Stein mit blauer Schrift: „Ruhen der Schulpflicht“.
Damit meint er den Extremfall: das vorzeitige Ende der schulischen Laufbahn. So weit will er es aber nicht kommen lassen. Er weiß, was auf dem Spiel steht und hat mit Hilfe des Schulsozialarbeiters Georg Grabowski – auch er sitzt im Publikum – wieder Tritt gefasst.
Erfahrungen wie diese machen deutlich, wie notwendig Soziale Arbeit an Schulen ist. Deswegen investiert das Jugendamt des Odenwaldkreises jährlich fast 460.000 Euro in diese Arbeit, 300.000 Euro für diejenige in weiterführenden Schulen und 160.000 Euro für diejenige in Grundschulen.
Hinzu kommt soziale Gruppenarbeit an Schulen, die mit rund 600.000 Euro jährlich gefördert wird. Angestellt sind die Sozialpädagogen bei mehreren Trägern. Schul- und Jugenddezernent Oliver Grobeis und Jugendamtsleiter Ralf Franz Bär ist der Austausch mit und unter den Schulsozialarbeitern und Schulleitern wichtig.
Bisher geschah dies in Einzelauswertungen in jeder der acht weiterführenden Schulen im Kreisgebiet. Am Mittwoch, 22. August, gab es im Kloster Höchst auf Einladung des Odenwaldkreises nun zum ersten Mal einen gemeinsamen Fachtag, um den Dialog zu fördern.
Grobeis stellte sich dabei deutlich hinter die Schulsozialarbeit: „Sie ist kein schönes Beiwerk, das man auch weglassen könnte, sondern essentiell für das Fortkommen junger Leute.“
Die Sozialpädagogen und Vertreter der Schulleitungen aus den weiterführenden Schulen gaben einen Einblick in ihre Schulsozialarbeit. Zum Beispiel gibt es in der Schule am Sportpark, Erbach, eine Tagesbereitschaft für klärende Gespräche, wenn Kinder nicht in der Klasse bleiben können.
In der Ernst-Göbel-Schule können für die Lösung von Konflikten so genannte Auszeiten genommen werden. Der Oberzent-Schule in Beerfelden ist es besonders wichtig, die Kommunikationsfähigkeit der Kinder zu verbessern.
Auch die Vertreter der anderen Schulen – des Gymnasiums Michelstadt, der Theodor-Litt-Schule, Michelstadt, der Georg-Ackermann-Schule, Breuberg, der Georg-August-Zinn-Schule, Reichelsheim, und der Carl-Weyprecht-Schule, Bad König – berichteten von ihren Schwerpunkten.
Dazu gehören auch die unterschiedlichsten Förderangebote in Gruppen, von Kursen zum sozialen Lernen in einzelnen Klassen über die pädagogische Mittagsbetreuung bis hin zu einem Segeltörn, mit dem die die Theodor-Litt-Schule unter anderem gute Erfahrungen in der Eingliederung ausländischer Schüler gemacht hat.
An der Schule gibt es derzeit drei Intensivklassen, in denen Schüler Deutsch lernen. Für Schulleiter Dieter Weis ist die „Integration ausländischer Schüler in Schule und Ausbildung“ eine der besonderen Herausforderungen, vor denen Schule und Schulsozialarbeit stünden.
Darüber hinaus halten Schulleiter und -sozialarbeiter Konzepte für erforderlich, um mit der „Schulabstinenz“ von Kindern und Jugendlichen besser umzugehen, damit auch sie einen Abschluss machen können. Deren Zahl steige, sagte die Schulleiterin der Schule am Sportpark, Heidi Adam.
Jugendamtsleiter Bär setzt in der Sozialen Arbeit an Schulen auf inklusive Angebote, „Angebote also, die die bestehenden Projekte so stärken, dass auch Kinder mit besonderen Bedarfen daran teilhaben können“. Das Jugendamt werde künftig vor allem solche Angebote fördern.
Zudem fordert er von den Schulen in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Schulamt Konzepte, die den Einsatz der vorhandenen Unterstützungsangebote sinnvoll verknüpfen – nicht zuletzt mit jenen Schulsozialarbeitern, die vom Kultusministerium des Landes Hessen finanziert werden und demnächst auch in den weiterführenden Schulen im Odenwaldkreis tätig sein werden.
Zu Beginn der Tagung hatte sich auch Ingo Stechmann vom Staatlichen Schulamt Bergstraße/Odenwald für „klare Zuständigkeiten“ ausgesprochen. Durch die neuen Kräfte sollten bereits bestehende Angebote verstärkt werden, und zwar zugunsten aller Kinder an einer Schule, so Stechmann. Grobeis sagte: „Ich sehe es als Fortschritt, dass das Land die Schulsozialarbeit als pädagogische Leistung ansieht.“
Vom Einsatz der neuen Fachkräfte verspricht er sich, „dass ein gut abgestimmtes Miteinander die Situation von Schülern und Lehrern weiter verbessert“.
Deutlich wurde in der Tagung auch, dass den Schulen ein guter Kontakt zu den Kommunen wichtig ist, nicht zuletzt zu deren Jugendpflegern. Einige Kommunen beteiligen sich an der Finanzierung der Schulsozialarbeit.
Beispielsweise steuert die Gemeinde Höchst Geld für eine halbe Stelle bei. Darüber hinaus wird es in absehbarer Zeit in der Gemeinde wieder einen Jugendpfleger geben. Von einer engen Zusammenarbeit mit den Jugendpflegern können die Schule am Sportpark und die Oberzent-Schule berichten.
Es war der einhellige Wunsch der rund 60 Teilnehmer, sich zu weiteren Fachtagen zu treffen und in einen noch intensiveren Dialog zu treten. Die Schulleiter wĂĽrdigten das groĂźe Engagement der Schulsozialarbeiter.
In ein passendes Bild brachte das Antonia Gröss von der Schulleitung der Ernst-Göbel-Schule. Mit Blick auf die Aktion des Jugendlichen aus ihrer Schule sagte sie, den Sozialpädagogen gelinge es, aus diesen Steinen mit all den negativen Erfahrungen „Schutzräume“ für die Schüler und Brücken zu bauen.