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KOMMENTAR: GedĂ€chtnislĂŒcken eines ehemaligen Pfarrers

ERBACH. - Bescheißen darf man nicht, und hier wurde beschissen! Eine ebenso treffende wie bezeichnende ErlĂ€uterung des Vorsitzenden Richters Helmut Schmied am Amtsgericht Michelstadt in seiner UrteilsbegrĂŒndung im Strafprozess gegen den frĂŒheren OdenwĂ€lder Landrat Dietrich KĂŒbler.

GĂŒltigkeit hat diese gelassen ausgesprochene, absolut treffende Lebensweisheit freilich aber nicht nur fĂŒr den OdenwĂ€lder Ex-Landrat in Bezug auf die gerade abgestrafte Standortmarketing-AffĂ€re – die er ja immer noch nicht wahrhaben will, und deswegen wie auch die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel eingelegt hat. Zutreffende weitere Anwendungsgebiete gibt’s allenthalben quer durch den Odenwaldkreis.

Ob im Zentrum des Gesprenztals, in Reichelsheim, oder der OdenwĂ€lder Kreisstadt Erbach, das GeschĂ€ftsmodell der Lebensform-Connection ist immer das gleiche. Da begleitet eine OdenwĂ€lder Werbeagentur einen Kandidaten bei einer Wahl zu einem BĂŒrgermeister-, Landrats- oder Abgeordnetenposten und „erntet“ bei einer erfolgreichen Wahl anschließend fast ausschließlich alle AuftrĂ€ge, die aus der gewonnenen Position heraus zu vergeben sind.

Ein durchaus lukratives GeschĂ€ft fĂŒr die betreffende Agentur! Solange dies nach gesetzlichen Regeln ablĂ€uft, gibt es grundsĂ€tzlich daran zunĂ€chst auch nichts zu beanstanden. Höchst fragwĂŒrdig wird es indes, wenn, wie bei der Standortmarketing-AffĂ€re alle Register gezogen wurden und werden und jede noch so verstaubte Trickkiste fröhliche Wiederbelebung erfĂ€hrt, um dieser Agentur die AuftrĂ€ge zu horrenden Preisen auf dem Silbertablett zu servieren.

Oder insbesondere auch dann, wenn, wie im Falle Erbach, ein absolut kostengĂŒnstiges Angebot zur Erstellung eines Corporate Design (CD) vom Auftraggeber angenommen wird, auch wenn dieser sich damit, wie in Erbach vorliegend und im Odenwaldkreis bewiesen, der Agentur gnadenlos ausliefert.

Der Angebots-Zusatz „bindet die Bedingung ein, dass ausschließlich im Einvernehmen mit der Agentur Lebensform eine andere Agentur das CD umsetzen darf“. Allein dieser Zusatz in einem Angebot an die Stadt Erbach vermittelt sittenwidrige ZĂŒge und kommt dem Begriff „Gelddruckmaschine“ fĂŒr die Lebensform-GmbH zum Nachteil des jeweiligen Auftraggebers gleich.

So geschehen bei der Odenwald-Tourismus GmbH, der Standortmarketing-AffÀre des Odenwaldkreises und ebenso auch aktuell noch opportun in der OdenwÀlder Kreisstadt Erbach.

Wenn der Vorsitzende Richter Helmut Schmied schon im KĂŒbler-Prozess seiner Verwunderung ĂŒber höchst seltsames GeschĂ€ftsgebaren zwischen dem Odenwaldkreis und derselben Werbeagentur Ausdruck verlieh, dann ist die jetzt enttarnte GeschĂ€ftsbeziehung zwischen der Verwaltung der OdenwĂ€lder Kreisstadt und dieser Agentur wohl noch deutlich abgrĂŒndiger.

Da vermitteln Corporate Identity (CI) und Corporate Design (CD) nicht nur einen uneingeschrÀnkten Wiedererkennungswert der Stadt in alle physischen und virtuellen Darstellungen, sondern sehr wohl auch einen Wiedererkennungswert der strafbaren Ereignisse rund um die gerade vor dem Amtsgericht Michelstadt verhandelte Standortmarketing-AffÀre.

Mit dem aktuellen BĂŒrgermeister-Wahlkampf in Erbach haben diese deutlich mehr als fragwĂŒrdigen, seit fast zwei Jahrzehnten praktizierten VorgĂ€nge absolut nichts zu tun. Sie sind vielmehr schlichtweg Betrug am Erbacher Steuerzahler. Und im Verlauf des KĂŒbler-Prozesses durch die sogenannte Lebensform-Connection deutlich in den Fokus der verantwortungsbewußten Lokalpolitiker gerĂŒckt.

Wie heißt es so schön in der Bibel: „Du sollst kein falsches Zeugnis ablegen...“ Und solche Bibeltexte sollte ein ehemaliger Pfarrer doch wahrlich kennen. Sie sollten ihm auch dann noch erinnerlich sein, wenn er sich schon vor knapp 18 Jahren der Kanzel ab- und einem möglicherweise korrupten Politikstil zugewandt hat. Sollte da etwa ein frĂŒherer Geistlicher gravierende GedĂ€chtnislĂŒcken offenbaren?

Doch zurĂŒck zur Bibel. Dort wird das Gehörte vom falschen Zeugnis wie folgt erlĂ€utert: „Bevor Rabbi Suscha ein Rebbe wurde, war er ein Heiliger der im Verborgenen lebte und von Ort zu Ort reiste, ohne dass jemand seine innere GrĂ¶ĂŸe erkannte.“

Ein Schicksal, das offenbar auch Harald Buschmann ereilte bei seinen diversen Versuchen, sich vom Erbacher BĂŒrgermeistersessel aus in besser dotierte Landrats-, OberbĂŒrgermeister- oder sonstige „höhere Positionen“ zu katapultieren.

Wie sagte doch der damalige Erbacher CDU-Stadtverbandsvorsitzende Bernd Rodemich nachdem sein Parteikollege Harald Buschmann die Landratswahl im Nachbarkreis Darmstadt-Dieburg 2009 aus der Position des Erbacher BĂŒrgermeisters heraus gegen Peter Schellhaas verloren hatte: „Wir hĂ€tten es begrĂŒĂŸt, wenn der Noch-BĂŒrgermeister der Kreisstadt Erbach seinen Weg >nach oben< erfolgreich beschritten hĂ€tte, denn Reisende soll man nicht aufhalten.“