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Idee: Wiedergeburt des Krähbergrennens mit Elektro-Autos als touristisches Highlight?

Rund 650 BĂĽrgerinnen und BĂĽrger waren zur Podiumsdiskussion mit den sieben BĂĽrgermeisterkandidaten der neuen Stadt Oberzent...

...in die alte Turnhalle nach Beerfelden gekommen, um sich Entscheidungshilfen fĂĽr die Wahl am Sonntag, 29. April, zu holen. Fotos: er

Oberzent: Sieben Kandidaten zur Bürgermeisterwahl präsentierten ihre Vorstellungen wie sie die neue Stadt zukunftsfähig machen wollen, offenbarten in 150-minütiger Podiumsdiskussion dennoch kaum Unterscheidungsmerkmale

BEERFELDEN. - 450 Stühle waren bis auf den letzten Platz besetzt, an den Wänden standen die Besucher dicht gedrängt und ließen die moderne „alte Turnhalle“ in Beerfelden aus allen Nähten platzen.

Im Vorraum lauschten weitere der insgesamt rund 650 BĂĽrgerinnen und BĂĽrger aus der neuen Stadt Oberzent den sieben Kandidaten zur BĂĽrgermeisterwahl am Sonntag, 29. April, und wollten deren Vorstellungen kennenlernen.

Inhaltlich dicht beieinander präsentiert

Wer sich klare Entscheidungshilfen zur Wählbarkeit der einzelnen Kandidaten erhoffte, sah sich jedoch enttäuscht: „Ich bin genau so schlau wie zuvor“, äußerte eine Besucherin nach der rund 150-Minuten dauernden Vorstellung der sieben Kandidaten, die sich zwar nicht auf einen Streich, trotz unterschiedlicher Ideen und Lösungsansätzen gleichwohl inhaltlich dicht beieinander präsentierten.

Wer divergierende Unterschiede erkennen wollte, der musste schon sehr genau hinhören, um teilweise auch sachfremde Lösungsvorschläge zwischen den Antworten zu erkennen. Ermuntert von keineswegs sparsamen Applaus des interessierten Publikums verrieten einzelne Kandidaten in fairem Miteinander durchaus nachdenkenswerte Ideen.

Mit Elektro-Autos auf die Krähberg-Rennstrecke?

So könnte der Vorschlag von Thomas Väth, das frühere jährliche Krähbergrennen jetzt mit Elektro-Autos wieder aufleben zu lassen, durchaus zu einem künftigen Highlight mutieren.

Der Podiumsdiskussion stellten sich Thomas Ihrig (53, SPD, bis 31.12.2017 Bürgermeister in Hesseneck), Oliver von Falkenburg (33, CDU, Angestellter im Öffentlichen Dienst), Andreas Krauch (59, FDP, Agrarökonom), Thomas Väth (53, Grüne, selbstständiger Dipl. Ing.), Claus Weyrauch (50, ÜWO, Diplom-Betriebswirt, Unternehmensberater) und die beiden Parteilosen Eric Kadesch (53, Kriminalrat, kommissarischer Leiter der Polizeidirektion Bergstraße) sowie Christian Kehrer (42, Verwaltungsangestellter im Beerfeldener Rathaus) unter der Leitung von Moderator Gerhard Grünewald.

Ă–rtliche Vielfalt aufrecht erhalten

Die Aufrechterhaltung der gemeinsamen örtlichen Vielfalt unter dem Dach der neuen Kommune Oberzent, und damit die Bewahrung der Identität, die sogenannte Pflege des „Tälerstolzes“ wie der frühere Landrat Horst Schnur diese besonders ausgeprägte Odenwälder Mentalität bezeichnet, haben sich alle Bewerber um den Chefsessel des zentralen Oberzent-Rathauses in Beerfelden auf die Fahnen geschrieben.

„Die Natur ist unser touristisches Kapital“, befand Oliver von Falkenburg. „Ich möchte die „Bedrohung durch Windkraftanlagen von unserer schönen Naturlandschaft fern halten“, sagte von Falkenburg, und sah sich in dieser Beurteilung von seinen Mitbewerbern unterstützt. So hofft Andreas Krauch auf eine „windkraftfreie Zone“ in der neuen Stadt, in der man „aufeinander zugehen“ müsse.

„Der Wald ist unser Aushängeschild“

Die deutliche Begrenzung von Windkraftanlagen bis hin zu deren kompletten Verhinderung offenbarte sich als anspruchsvolles Anliegen der Kandidaten, das Erik Kadesch so formulierte: „Der Wald ist unser Aushängeschild.“

Claus Weyrauch sieht die „Mitmach-Mentalität“ als kostbares Gut, das es zu erhalten und zu pflegen gelte, um den gemeinsamen Weg in eine erfolgreiche Zukunft zu beschreiten. Thomas Ihrig will die „gemeinsame Vielfalt“ als wertvolles und erhaltenswertes kostbares Gut in der gerade fusionierten Stadt beleben und ausbauen.

Nahezu alle Bewerber um das Bürgermeisteramt sehen den Stadtteil Beerfelden als Zentrum der Gesamtstadt im Fokus, den es zu stärken und auszubauen gelte, wie Thomas Ihrig es formulierte, was allenthalben unter der Prämisse der Vernetzung mit allen Stadtteilen Zustimmung fand.

„Wir müssen die Strahlkraft von Beerfelden wieder hervorheben und dabei das Ganze nicht aus den Augen verlieren“, befand Christian Kehrer dazu.

„Lebendigkeit erzeugen“

Oliver von Falkenburg will in Beerfelden „Lebendigkeit erzeugen“, um die Zentralfunktion mit Ausstrahlung auf alle Stadtteile zu stärken. Thomas Väth positionierte sich scherzhaft, dass er als Bürgermeister „die Gebhardshütte nicht zum Zentum machen“ würde. „Es ist klar, dass in einer Stadt mit rund 30 Kilometern Durchmesser ein Zentrum nicht die Bedeutung hat, wie in flächenmäßig kleineren Städten.“

Er plädiere jedoch dafür, das neue Gesundheitszentrum im Zentrum Beerfeldens zu positionieren und dieses über einen gut funktionierenden Personennahverkehr mit weiteren Zentren in der neuen Stadt zu vernetzen.

„Beerfelden wird Kernstadt bleiben“

„Beerfelden wird die Kernstadt bleiben, weil hier gewisse Voraussetzungen gegeben sind, und die müssen wir nutzen“, befand Erik Kadesch. „Wir müssen wieder Bürger in die Kernstadt holen.“ Die leerstehenden Gebäude in Beerfelden würden auch Chancen eröffnen.

„Chancen, dass wir mit einer sauberen Stadtplanung die Kernstadt wieder zum Leben bringen. Wir müssen es schaffen, wieder ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen der Stadt, den Gewerbetreibenden und den Bürgern zu erlangen“, deutete Kadesch Versäumnisse der vergangenen Jahre an.

Das sei nur mit Transparenz zu schaffen, indem man Entscheidungen dem Bürger näher bringe. „Wir brauchen Offenheit, nur so erreicht man Akzeptanz, damit alle Gremien zusammenarbeiten können. Das ist der Weg der Zukunft!“

GrĂĽnderzentrum mit gĂĽnstigem BĂĽroraum

Thomas Väth sieht sich insbesondere gefordert, dafür zu sorgen „dass Touristen nicht vor verschlossenen Türen stehen, und es muss einen Gewerbeverein für die gesamte Stadt Oberzent geben.“ Er trete für ein Gründerzentrum ein, in dem günstiger Büroraum zur Verfügung gestellt werden solle.

„Umgestalten und investieren, auch mit Hilfe der Dorfentwicklungsförderung“, sieht Christian Kehrer als probates Mittel der Kernstadtbelebung. „Da muss die Stadt ran und Überzeugungsarbeit für Investitionen leisten.“

EigentĂĽmer leerstehender Objekte mitnehmen

Auch für Andreas Krauch ist die Wiederbelebung der Beerfeldener Innenstadt „eine große Herausforderung“. Die Eigentümer leerstehender Objekte will Claus Weyrauch „mitnehmen, um mit ihnen ins Boot zu kommen und eine Objektentwicklung zu begründen“. Sofern es entsprechenden Finanzbedarf gebe, der nicht privatwirtschaftlich zu generieren sei, müsse die Kommune eben „Geld in die Hand nehmen, um das ins Laufen zu bringen“.

„Die richtige Infrastruktur“ sieht Oliver von Falkenburg als Basis einer positiven Innenstadtentwicklung. Gleichwohl lehne er für das geplante Gesundheitsversorgungszentrum einen innerstädtischen Standort ab, sagte der CDU-Kandidat.

„Gemeinsam auf den Weg machen“

„Wir müssen uns gemeinsam auf den Weg machen, und mit dem bei der Odenwald-Regionalgesellschaft (OREG) angesiedelten neuen Wirtschaftsförderer Leerstandsmanagement betreiben“, sieht Sozialdemokrat Thomas Ihrig als wichtigen Ansatz. „Das muss ein Bürgermeister zur Chefsache machen.“

Einen wichtigen Entwicklungsschritt, um „die schleichende Leerstandserhöhung wieder umzukehren“ sehe seine Fraktion daher auch in einem Innenstadtnahen Gesundheitsversorgungszentrum.

Drogeriemarkt vor Ort gewĂĽnscht

In seinen Bürgergesprächen in den Stadtteilen hat Erik Kadesch mehrfach festgestellt, „dass die Bürgerinnen vor allem einen Drogeriemarkt vor Ort wünschen“. Das sei ihnen ganz wichtig. Es gelte die Aufbruchstimmung im Zuge der Fusion zu nutzen, „um Werbung für uns zu machen, und entsprechende Märkte zu uns holen“.

Während Claus Weyrauch und Thomas Ihrig bezüglich professionellem Stadtmarketing eher zurückhaltend agieren wollen, sehen Thomas Fäth („Ein Bürgermeister muss laut sein“) und Erik Kadesch dies als dringliche Aufgabe an. „Wir haben eine einmalige Fusion und das müssen wir jetzt nutzen. Jeder Monat, der vergeht, ist verlorene Zeit“ für Erik Kadesch.

„Wir müssen die Zeit nutzen“

„Wir müssen die Zeit nutzen, um das, was wir schon haben, darzustellen. Wir haben Firmen hier, die weltweit unterwegs sind, und wir müssen den anderen Menschen zeigen, was hier möglich ist und geleistet wird. Da ist es sinnvoll, direkt zu beginnen“, sagte der parteilose Kandidat.

Man habe in der Verwaltung seither immer Vergangenheitsbewältigung betrieben, während niemand sich um die Zukunft gekümmert habe, analysierte Christian Kehrer. Um das umzukehren sei im Rathaus der neuen Stadt eine Stabsstelle geschaffen worden.

Stabsstelle zeigt noch keine Wirkung

„Das funktioniert derzeit allerdings noch nicht so, weil das Thema Fusion noch so präsent ist, dass die eigentliche Funktion der Stabsstelle noch keine Wirkung zeigen kann“, zeigte sich Kehrer als Inhaber dieser Position selbstkritisch. In jedem Fall sei Stadtmarketing ein wichtiger Faktor, allerdings müsse man „die Leute mitnehmen“.

Wenn Moderator Gerhard Grünewald zu Beginn der Podiumsdiskussion scherzte, man hätte angesichts der großen Interessentenschar und der vorherrschenden Temperaturen wohl mit dem Waldseebad den besseren Veranstaltungsort gewählt, dann bleibt dem Diskussionsleiter abschließend die deutlich größere Oberzenthalle als ideale Location für künftige Veranstaltungen dieser Art zu empfehlen.

In dieser hätten rund 200 Besucher ihren Steh- mit einem Sitzplatz tauschen und der Diskussion entspannter folgen können.