Mega-Flopp: Das Erbacher Südstadtprojekt ist nach zwei Jahren gescheitert
Trotz halbjährigem Zahlungsaufschub für den Grundstückskäufer eines städtischen Geländes hat dieser keinen Investor gefunden und ist selbst zahlungsunfähigERBACH. - Jetzt ist es amtlich: das im Sommer 2022 von Bürgermeister Dr. Peter Traub als Heilsbringer für Erbach angekündigte Südstadtprojekt ist krachend gescheitert.
Was mehrere Sprecher aus unterschiedlichen Fraktionen schon im Dezember vergangenen Jahres bei dem damals von Traub erbettelten Zahlungsaufschub für den Projektierer („Wir waren noch nie so nah an einem Hotel für Erbach“, sagte der Bürgermeister) bis 30. Juni dieses Jahres für den Kauf des im Stadtbesitz befindlichen Geländes des ehemaligen Möbelhauses Schmidt als falsch erachteten, bestätigte der Rathauschef am Donnerstagabend, 27. Juni, im Stadtparlament.
„Trotz intensiven Bemühungen keinen Investor gefunden“
„Trotz intensiven Bemühungen ist es dem Projektierer nicht gelungen, einen Investor mit einem unterschriftsreifen Vertrag zu präsentieren“, erklärte der Kreisstadtbürgermeister kleinlaut.
Er habe für Freitag, 28. Juni, mit dem testierenden Michelstädter Notar schon vor geraumer Zeit einen Termin vereinbart und werde diesem erklären, die im Notarvertrag verankerten Bedingungen zur Rechtswirksamkeit des Vertrages seien von städtischer Seite erfüllt.
Parlamentarier wußten schon im Dezember: „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht!“
Damit erklärte der Bürgermeister aktuell nichts anderes als mehrere Parlamentssprecher schon bei der Sitzung Mitte Dezember erkannt und geäußert hatten: „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht!“
Spätestens mit dem Bekanntwerden einer eidesstattlichen Erklärung des Projektierers vom 16. Februar dieses Jahres war klar, dass das ursprünglich geplante Großprojekt mit einem 100-Zimmer-Hotel im Zentrum, einem Boardinghaus, drei fünfgeschossigen Ärztehäusern sowie einem Parkdeck für rund 170 Fahrzeuge als gescheitert gilt (siehe FACT-Bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews).
Während Bürgermeisterwahlkampf das praktisch schon gescheiterte Projekt verteidigt
Damals hatte Peter Traub das praktisch schon gescheiterte Projekt während seines Bürgermeisterwahlkampfs noch ebenso verteidigt wie im Dezember 2023 bei dem von ihm beim Stadtparlament geforderten Zahlungsaufschub für den Grundstückskäufer.
Dem ehemaligen Getränkehändler Peter Kauer, der dem Projektierer ebenfalls sein Grundstück für ein Ärztehaus zu ähnlichen Konditionen wie die Stadt verkauft hatte, warf Traub noch Mitte Februar 2024 vor, er „gefährde mit seiner zu diesem Zeitpunkt unberechtigten Zahlungsforderung“ das Gesamtprojekt.
Traubs Orakel ad absurdum geführt
Traubs damaliges Orakel, Kauer werde vor Gericht keine Chance haben auf sofortige Zahlung, wurde zwar schon wenige Tage später durch das Landgericht Kempten ad absurdum geführt und Peter Kauer erstritt zumindest eine vom Käufer zu erbringende sofortige Sicherheitsleistung für den Grundstückskauf, die freilich mangels Masse ins Leere lief.
In der erwähnten eidesstattlichen Erklärung des Projektierers hatte dieser offenbart, er sei vermögensloser Rentner, der in bescheidener Lebensführung von seiner Altersrente lebe. Die Kaufpreise für die Grundstücke sowohl von der Stadt Erbach als auch von Peter Kauer seien finanziert und er könne erst darüber verfügen, sobald die entsprechenden Baugenehmigungen vorlägen.
Fehlender Investor war ungelöster gordischer Knoten
Wie damals bereits vermutet und aktuell bestätigt, waren indes keineswegs die fehlenden Baugenehmigungen (diejenige für das Ärztehaus liegt ohnedies bereits seit Ende Februar 2024 vor, ohne dass dem Odenwaldkreis als Genehmigungsbehörde allerdings die entstandenen Gebühren in Höhe von rund 23.000 Euro bis dato erstattet worden wären) ein Hinderungsgrund zur Kaufpreiszahlung, sondern war vielmehr ein fehlender Investor der ungelöste gordische Knoten.
Bürgermeister Dr. Peter Traub hatte Anfang März eine FACT-Anfrage vom 26.02.2024 über seine Hauptamtsleiterin Ute Marquardt dahingehend beantworten lassen, er habe den Projektierer vor dem Kauf des städtischen Grundstücks zum Preis von 600.000 Euro nicht auf dessen Bonität überprüft.
„Keine Veranlassung den Grundstückskäufer einer Bonitätsprüfung zu unterziehen"
„Hierfür gab es keine Veranlassung und dies ist bei einem Immobilienverkauf auch nicht üblich“, teilte Marquardt im Auftrag des Bürgermeisters damals mit (siehe FACT-Bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews).
Das weitere Prozedere sieht jetzt vor, dass der Notar, nachdem er von Bürgermeister Traub über die Erfüllung der der Stadt obliegenden aufschiebenden Bedingung unterrichtet wurde, den Käufer zur Kaufpreiszahlung auffordern muss.
Weil die Erfüllung dessen nunmehr unumstößlicher Zahlungspflicht angesichts der geschilderten Umstände als aussichtsloses Unterfangen angesehen werden muss, verbleibt das betreffende Grundstück bei der Stadt Erbach und die städtischen Gremien müssen sich mit alternativen Planungen beschäftigen.
Traub hegt noch immer Hoffnungen auf ein „Happy End“
Derweil hegt Bürgermeister Traub noch Hoffnungen auf ein „Happy End“, denn er will nach seinem Bekunden im Stadtparlament vom 27. Juni mit einem Investor und Betreiber in Personalunion, der „grundsätzliches Interesse bekundet“ habe, im Juli noch Gespräche führen.
Auch hätten ihm die planenden Berliner Architekten des Projektierers gesagt: „Hakt es nicht ab“, sodass er das „Hotelprojekt noch lebendig“ sehe, versprühte Traub noch immer Optimismus.
Sehr viel positiver sehe er das Ärztehaus-Projekt, denn hier solle innerhalb der nächsten 14 Tage eine Entscheidung fallen mit einem Investor, der aktuell mit Ärzten in Gesprächen stehe.
Nach FACT-Recherchen handelt es sich dabei um einen Investor aus Höchst, der schon mehrere Ärztehäuser - auch im Odenwaldkreis - gebaut hat. Ob, und wenn ja, inwieweit der erfahrene Investor Bereitschaft zeigt in bestehende Kontrakte einzusteigen bleibt indes abzuwarten.